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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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Kutschmann, Theodor: Die Entwürfe zu dem Lessing-Denkmal für Hamburg
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Die akademische Kunstausstellung in Berlin, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5791#0051

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99

Dis akademische Kunstausstellung in Berlin.

100

Rücka;isicht aber mit dem großen Stuhle wirkt cnt-
schieden unschön, wenn auch ein überhängender Mantel
den Mangel etwas mildert. Die drei großen Reliefs
am Postamente stellen dar: „Hammonia, eine Tafel
mit dem Namen Lessing" haltend, „Kritik" und „Poesie".
Auf den Pilasteru sind Porträt-Medaillons von
Lessing's Frau, Eva Kvnig, seines Freundes Rcimarus
und des Direktors Lvwen angebracht.

E. Peiffer's Entwurf zeugt von einem liebe-
vollen Eingehen in die Aufgabe; er hat es vortresflich
verstanden, sein bedeutendes Postament init der Form
des Platzes in Einklang zu bringen, indem er diesem
analog die dreiseitige Grundforni wählte. Edel und
imposant baut sich dasselbe im Zeitgeschmacke auf, die
Ecken tragen je eine allegorische Figur „Kritik", „Philo-
sophie" und „Dramatische Poesie", welche sämmtlich
bedeutend zu nennen sind. Darüber steht auf dem sich
verjüngenden Postamente die Büste Lessing's in großen
Verhältnissen. Porträtähnlichkeit und Ausdruck des
Kopses sind vorzüglich gelungen. Am Postamente hat
der Künstler drei große Reliefs und sechs Medaillon-
Porträts angebracht, erstere Scenen aus den drama-
tischen Werken des Dichters darstellend, letztere Kvpfe
aus dem Freundeskreise. Hier kann nian nur bedauern,
daß der Künstler statt einer Statue die Büste ge-
wahlt hat, mit der er bei der Jury wohl durchdringen
dürfte. Dann hat Peiffer auch den Vvrtheil aus
dem Auge gelassen, sein Modell durch raffinirte, feine
Ausführung und Färbung bestechen zn lassen, er giebt
eben nur ein ungeschmeichelteS Gypsmodell. Sein groß
gedachter Entwurf wäre für die Ansführung dnrchaus
geeignet, wenn man sich entschließen könnte, auf dieses
Postament den Lessing Nietschel's zu stellen — ein
Ausweg, der gewiß nicht der schlechteste wäre.

Die Jury wurde gebildet durch die Herren: Bürger-
meister Kirchenpauer und Architekt Hallier aus Ham-
burg, Direktor Anton von Werner, Prof. Ad. Wolff
und Architekt Otzen aus Berlin. Schließlich darf nicht
unerwähnt bleiben,.daß die Ausstellung sich in deni
denkbar elendesten Lvkale, mit schlechtem Lichte, bcfindet
nnd schon dadurch an nnd für sich einen uncrgnicklichen
Eindrnck macht. Weshalb dieser Ranm gewählt Ivurde,
ist mir nnklar. Th. Kutschnmmi.

Nachschrift der Nedaktion: Soeben verlautet,
daß die Jury dem Entwurfe von F. Schaper ein-
stimmig den ersten Preis znerkannte und ihn für dic
Ausführnng empfahl, währcnd H. Volz nnd E. Enke
lobend erwähnt nnd mit einer Prämic bedacht ivurden.

Die akademische Aunstausstellung in Berlin.

III.

So schwach die Münchener Genremaler auch
in diesem Jahre auf der Ausstellung vertreten sind,
so sehr überragen sie im Durchschnitt die Berliner
durch schätzbare technische Oualitäten, die sich in Berlin
trotz Gussvw nnd Werner noch immer nicht derjenigen
Werthschätzung und Verbreitung erfreuen, die in Paris,
in London und sogar in den italienischen Kunststätten
selbstverständlich ist. Die Münchener haben uns nichts
besonders Geistreiches oder Ergreifendes geschickt. Bei
ihnen wie in Düsseldorf schöpft man am liebsten von
der Oberfläche des Lebens, und wo man ein bischen
in Geschichte macht, geht man auch nicht gern über
die Jtlustration einer Anekdote hinaus. Aber die
Sicherheit der Technik, die Bravour der Malerei ent-
schädigt doch immer etwas für die geistige Verflachnng
und Verödung, die sich wie auf anderen Gebieten
unserer geistigen Kultur leider auch in der Kunst von
Jahr zu Jahr breiker macht. Holmberg's, des be-
kannten MUnchener Rococomalers, Tabakskollegium
Friedrich Wilhelm's I. erfreut nicht blos durch die kräftige
malerische Behandlung, sondern auch durch eine gewisse
Schärfe der Charakteristik und einen kernigen Humor,
die uns zeigen, daß die gloriosen Epochen der preu-
ßischen Geschichte auch in einer anveren Jllnstrations-
nnd Charakterisirnngsmanier als in der Menzel'schen
zur vollen Geltung und Versinnlichung gelangen können.
Menzel selber ist in diesem Jahre uicht so glücklich
gewesen. Er hat für die Gustav-Freytag-Galerie eine
zur Vervielfältigung durch die Phvtographie bestimmte
Grisaille gemalt, Friedrich der Große am Sarge des
großen Kurfürsten, eine Komposition, die das Mißliche,
welches in der Jllustration eines anekdotischen Wortes
liegt, nicht überwunden hat. Erst mit Hilfe des Ka-
taloges wird uns in Erinnerung gebracht, daß wir es
hier mit der denkwürdigen Entrevue Friedrich's II.
mit seinem großen Ahnen zu thun haben, bei welcher
Ersterer in die Worte ausbrach: „Nsssisurs, der hat
viel gethan."

Matthias Schmid ist leider nur mit einem Bilde
Vertreten. Ein hübsches Tiroler Mädchen ist auf der
Ofenbank, wie es fcheint, in einer Wirthsstube einge-
schlafen und läßt nns die wonnigen Reize seines frischen
rosigen Angesichts nach Herzenslust bewundern. Alois
Gabl hat sich von seinem schweren, branstigen Kolorit
frei geniacht. Er erfreut uns ebenfalls durch einige
Scenen ans dem Bauernleben, von denen besonders
die eine — mehrere Bauernmädchen um eine Hand-
nähmaschine versammelt — durch lebendige und ein-
dringliche Chavakteristik anspricht. Jos. Munsch kul-
tivirt das Genre Meissonnier mit großem Glück. Seine
 
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