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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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Groller, Balduin: Aus dem Wiener Künstlerhause, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5791#0126

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Iahrgang.

Beiträge

30. sZanuar

Nr. 16.
Inserate

cl 26 für die drei
Mal gespaltene j)etit-

Buch- u.Aunsthandlurlg
ange^omnicn.

187Y.

Veiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunft.

Erscheint von September bis )uli jede woche anl Donnerstag, von Iuli bis September alle Tage, für die Abonnenten der „Aeitschrift für
bildende Runst" gratis; für sich allein bezogen kostet der Iahrgang 9 Mark sowohl im Buchhandel als auch bei den deutschen

und österreichischen jDostanstalten.

Inhalt: Aus dem lviener Aünstlerhause. — Das neue Beglement für die Berliner Museen. — H. Frauberger, Die Geschichte des Fächers;

Müller und Mothes, Illustrirtes archäologisches wörterbuch. — Des Loudres — Georg Graef. — Die Restauration des Domes
zu St. Stephan in wien. — Aeitschriften. — Inseratc.

Aus dein Wiener Aünstlerhause.

Was ist Glück? Du runzelst die Stirne, ver-
ehrter Leser! Das fehlte noch, daß ich anfange,
in einer Korrespondenz philvsophische oder poetische
nnd sentimentale llntersuchungen anzustellen! Jch thue
es auch nicht; aber wahrlich die Versnchung liegt nahe
genug, wenn man sich mit Munkacsy und seinem
nenesten, eben im Wiener Künstlerhause ansgestellten
Werke befassen will. Jch habe nicht die göttliche
Macht, Herzen und Nieren zu prüfen; ich habe nicht
hineingesehen in die Seele des Künstlers; aber wenn
man seine bisherige kurze künstlerische Laufbahn über-
blickt, muß man sagen, daß ihm das Glück gelächelt
hat, so sonnig und frcundlick), wie wcnigen Sterblichen.

Munkäcsp war ein ausgelernter „diplomirter"
Tischlergeselle in einem ungarischen Pußtenstädtchen,
ohne eine Ahnung davon zn haben, daß er eigeutlich
zum Maler geboren sei. Die crste Anregung, mit
Pinsel und Farbe zu hantiren, gab ihm die Farben-
freudigkeit der ungarischcn Bauerndirncn, welchc die
hvlzcrnen Klcidertruhen, die sie bci ihm bestellten, schön
roth angestrichen und mit gclben und blauen Blumen
verzicrt haben wollten. Er fand an der Malerei Ge-
fallen, und begann, sie für sich zu studiren. Kaum
konnte er etwaS, als er nuch schon einen biedern
Schneider fand, der ihm für ein Familienporträt einen
Winterrock lieferte. Mit diescm Wintcrrock zog Mun-
kücsy nach Pest, um weiter zu studiren. Aber dazu
sollte es vorläufig nicht kommen; eine bösartige Augen-
krankheit befiel ihn, und er lag halbblind sechs Monate
im Spital. Er nmßte operirt werden, wobei es auf

Leben nnd Tod der Sehkraft ging, und wahrlich nicht
nur der Sehkraft; denn, wie Munkäcsy später gestand,
hätte er nicht weiter gelebt, ohne sehen und malen zu
könncn. Die Operation ging glücklich von Statten,
und er zog nach Wien, um sich an der Akademie weiter
zu bilden. Dann wandte er sich nach München, später
nach Düsseldorf, und ivard mit einem Schlage ein
weltberühmter Mann, als er im Jahre 1870 mit
seinem „Letzten Tag eines Verurtheilten" im Pariser
Salvn die goldene Ehrenmedaille erhielt. Doch eben
um diesc Zeit schien ihn das Glück im Stiche lassen
zn wollen; er verliebte sich in cine franzvsische Mar-
guise mit der ganzen leidenschaftlichen Gluth eines
Pußtensohnes. Die schöne Marguise war aber nicht
frei, sie war die Gattin eines alten französischen
Generals. Nur wenigc Monate trug Munkäcsy seine
Mclancholie. Der alte General starb, und die schöne
Marguise. wurde sein Weib, für seine Bildcr wurden
ihm bald die enormsten Preise förmlich aufgedrängt,
und heute ist der ehemalige Tischlergeselle, der vor
zehn Jahren nvch arme nnd unbekannte Maler, Be-
sitzer eines Schlosses und cines Rittergutes im Lupem-
burgischen, Besitzer eines eleganten Hotels in Paris,
heute hält er sich galonirte Diener und Prächtige
Eguipagen.

Nun ist aber die auru popniaris auch iu der
Kunstwelt etwas schr Wandelbares. Die Kritik be-
gann dem Künstler allerlei am Zeuge zu slicken;
die Ausstellungen wurden als berechtigt erkannt, und
MnnkÄcsy war im besten Zuge, sein Nenommse einzu-
büßen. Da gelingt ihm — und das scheint uns
nicht der unwesentlichste der Glücksfälle in seinem Leben
 
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