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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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Groller, Balduin: Aus dem Wiener Künstlerhause, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5791#0150

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Iahrgang.


Nr. sst.

Beiträge

sind an ssrof. Dr. L. von
tützom (lvien, Tbere-

20. Fsbruar

Inserate

ü 25 j)f. für die drei
Mal gespaltene ^)etit-
zeile merden von jeder

t879.

Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunft.

Lrscheint von September bis Iuli jede woche am Donnerstag, von Iuli bis September alle ^ Tage, für die Abonnenten der „Zeitschrift für
bildende Aunst" gratis; für sich allein bezogen kostet der ^ah^ang^st.Mark sowohl im Buchhandel als auch bei den deutschen

Inhalt.- Aus dem wiener Rünstlerhause. — Das königliche Schloß zu Brühl am Rhein, photogr. von Rückwardt; Guido Reni's Aurora
in Farbendruck. — Ld. Rurzbauer -f; A. ssreault ch. — Ronkurrenz der wiener Akademie. — Ausstellung im deutschen Gewerbemuseum
in Berlin; Füger-Ausstellung. — A. Hlavacek; Anselm Feuerbach; Neubau der Runftschule in Stuttgart. — Zeitschriften. — Inserate.

Aus dem IViener Aünstlerhause.

Die Februar-Ausstellung ist cine sehr ärmliche;
es ist nicht zu crwarten, daß sie ein zahlreiches Pu-
blikum heranlocken wird. Also gleich der zweite Monat
im Jahre wird fnr die Genossenschaft so gut wie der-
loren sein. Die ganze AuSstellung, alle Oelgemälde,
Aquarelle und die zum Theil sehr hübschen plastischen
Kleinigkeiten zusammengenommen, weist kauin hundert
Nummern anf, nnd davon sind gnt zwei Dritttheile
Neberbleibsel von der Januar-Ansstellung. Es wäre
somit kein besonderer Anlaß zum Besuche dieser Aus-
stellung vorhanden, selbst für die „Freischärler" und
die „Pflichtexemplare", d. h. auch für Mitglieder und
Berichterstatter nicht, welche der Besuch der Ausstellung
nnr Zeit kostet — wenn sich nicht doch ein großes
Bild eingefnndcn hätte, das man zum Aushängeschild
für eine „neue" Ausstellung hätte benutzen kvnnen.
Das Bild ist Baclav Brozik's „Gesandten LadiS-
law's am Hofe Karl's VII. von Frankreich".

Nach Matejko und Munkncsy hat Brozik einen
schweren Stand als Träger und Rettcr einer ganzen
Ausstellung. Die ihm also zugedachte Führerrolle ist
ihm sogar entschicden gefährlich, weil sie den Beschauer
verleitet, fast unwillkürlich eine strengerc Kritik zu üben,
als sie vielleicht unter normalen Verhältnissen geübt
worden wäre. Was für die Polen Matejko, für die
Magyaren Munkacsy ist, das soll wohl Brozik unge-
fähr für die Czechen sein. Aber wir fnrchten fast,
daß Professor Woltmann, wenn er noch in Prag wäre,
auch Vaclav Brozik, trotz der vielen böhmischen Cir-
cumflexe, die seincn Namen zieren, den Messias für

eine czechische Kunst nicht würde anerkennen wollen.
Brvzik hantirt mit dem Pinsel mit ganz respektabler
Geschicklichkeit, und man kann sich ihn so lange ganz
rnhig gefallen lassen, so lange er nns nicht aufge-
drnngen und aufdisputirt wird als ein nationaler
Heros, der er ganz und gar nicht ist. Sein Bild hat
die volle Größe der weitläufigcn Polcnbilder Matejko's,
und Brozik hat sich die großen Kompositionen des
am Ende doch groß angelegten Polen mit Nutzen an-
gesehen. Anch er bemüht sich, lcbensvolle Gesichter,
kostbare Pelze, Sammet, Brocat, Leder und dergl. mehr
zum Sprechen und zum Greifen wahr hinzu-
setzen, aber seine Bemühungen bringen ihn doch nur
bis zu einer Grenze, bis an den Rand einer tiefen
Klnft, derselben, die ihn für ewig von Matejko trennt.
Er komponirt anständig, er zeichnet und er malt an-
ständig, aber er kommt anch niemals über jene in
sozialer Hinsicht so sehr schätzenswerthe, im Grunde
aber doch jeglicher Genialität bare Wohlanständigkeit
auch nur um eines Haares Breite hinaus. Nirgends
tritt aus dem Bilde eine bedentsame kilnstlerische Jn-
dividualität hervor. Wir haben hier nicht einmal
Verirrungen, dafür aber anch kcine hervorstechenden
Vorzügc. Es ist Alles hübsch, recht hübsch, nur etwas
zu groß. Warnm so groß? Ein Viertel der jctzigen
Größe hätte auch ausgereicht für dieses Motiv, oder
für das, was der Künstler in das Motiv hineinzu-
legen und ans demselben herauszuschlagen vermocht
hat. Das Motiv? Wir haben ja noch gar nichts
darüber gesagt, und eigentlich ist auch nichts darüber
zu sagen. Jeder moderne §snins looi einer intercssanten
Nation — Munkücsy macht eine rühniliche Ausnahme —
 
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