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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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Die Ausgrabungen in Mykenä
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5791#0211

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419

Kunstliteratur, — Kunstvereins.

420

haft mnß man Vvrläufig anch scin, bis auf weitere
Beweismittel, bci den Darstellungen der Vogelpaare,
Hirschpaare, Katzenpaare (?), die als kleine Schmuck-
stiicke aus Goldblech häufig vorhanden sind (Nr. 264,
265, 266, 274, 279 u, A,), Sehr wahrscheinlich ist
cs mir bei dem einige Male als Ornament vorkom-
menden Delphin, Ob die beiden kleinen goldenen
Waagen und die zahlreichen goldenc» Scheiben (bci
Schliemann anf Seite 194 ff. gut abgebildet) aus
Goldblech Andentnngen auf das Leben im Jenseits
geben — die sehr gut gcformten Schmetterlinge, Blätter
verschiedener Art und die Sonnenscheibe könntcn Sym-
bole der Unsterblichkeit sein! — lasse ich dahin gestellt,
Es kommt ja vorläufig überhaupt nicht darauf
an, alle denkbaren Möglichkeiten aufzustellen; Thatsache
ist zunächst, daß wir einen weiteren und zwar sehr
wichtigen Baustein zur Konstruktion einer Geschichte
der prodorischen Kunst in den Funden von Mpkenä
und Spata besitzen — man gestatte mir diesen Namen
für die im 2. Jahrtausend auf griechischem Boden ge-
übte Kunst, Weiter aber geben uns auch diese selt-
samen Kunstwerke zunächst nichts, Darauf möge man
achten! Sie helfen uns nur in den leisesten Andeu-
tnngen das Vordringen der semitischen Knnst Vorder-
asiens über das ägäische Meer verstehen, sie geben uns
vor Alleni den ersehnten Aufschluß über den räthsel-
haftesten und dunkelsten Punkt in der ganzen occiden-
talischen Kunstgeschichte nicht, nämlich über die Genesis
der speziell hellenischen Kunst, wie sie sich auf der
Grundlage der prodorischen und aus ihr heraus ent-
wickelte. Es mag feststehen, daß die Dorer, als sie
am Ende des 2. Jahrtausends in Hellas und dem
Peloponnes einbrachen, Rohheit an Stelle der asia-
tischen Hyperkultur setzten, die ja aus der Bestattungs-
Weise deutlich hervorgeht; — in ähnlicher Weise, wie
1 H2 Jahrtausend später die Ostgothen relative Noh-
heit und Gesnndheit nach Jtalien trugen. Wir können
vielleicht noch verfolgen, wie die edlen Geschlechter die
Gräber ihrer Ahnen im Stich ließen, mit ihrem An-
hang über das Meer zogen, dort ein neues frisches
Leben begannen, und wie sich nun dort an der ana-
tvlischen Küste im ersten Drittel des ersten Jahrtausends
die alten arischen Göttersagen, die inzwischen längst
auf die berühmtesten Männer der erlauchten Geschlechter
umgedeutet'swaren, in die unsterblichen homerischen
Gesänge umformten. Wie aber gleichzeitig die neue
Kultur, in Wahrscheinlicher Abhängigkeit von der pro-
dvrischen, den Grund zu ihrer eigenen Größe legte,
erfahren wir aus diesen Sachen nicht, Und doch wäre
das ein Ziel, auf's Jnnigste zu wünschen! Es ist
möglich, daß der 'Boderr^Griechenlands ein neues
Wunder thut und seinen Schooß abermals öfsnet, um
»ns auch dieses Näthsel zu lösen, Einige der in Olympia

gemachten Funde sind in dieser Hinsicht von höchster
Wichtigkeit, Äch habe daranf in meinem letzten Bericht
hingewiesen und sehe in dicser Möglichkeit einen Grund
mehr, die Arbeiten am Alpheios mit aller Kraft bonos
nä sxitns Weitcr zu führen.

Unterdesscn reist auch heutc dcr nncrmüdliche En-
thusiast, dem die Archäologie und Knlturgeschichte zn
größtem Dank verpflichtet ist, abermals nach Troas,
um seine Ausgrabungcn sortzusetzen, Es verdient als
cin besonderes Glück bezeichnet und hervorgehoben zu
werdcn, daß Neichthum und Energie hier cinmal in
so lohnender, erfolgreichcr Weise verwandt werden,
Vielleicht findct dann Schliemann später an andern
Punkten Kleinasiens noch weitere Gelegenheit, sein
glückliches Findetalent zu bewähren! Znnächst hofft
er im Lause der folgenden Monate so weit zu kommen,
die trojanische Frage endgültig zu löscn. 11, 1?.

Aunstliteratur.

Hirth's Formenschah, Der von Ur, Georg Hirth in
München herausgegebene „Formenschatz der Renaissance",
welcher von Anfang an in ganz Dsutschland und wsit dar-
über hinaus mit ungetheiltein Beifall aufgenommen wurde,
ist jetzt bis zum dritten Bande vorgeschrittsn, hat aber im
Laufe der Zeit seine Grundsätze wesentlich geändert, Wenn
er Anfangs vorzugsweise den lange Zeit vernachlässigten
und wenig bekanntsn Schatz der Deutschen Renaissancs,
speciell der Ornamentik dsrselben, zu heben und allgemeiner
bekannt zu machen suchts, spüter mit Vorlisbe der Jtalie-
nischen Renaissance sich zuwandte, so hat er jetzt im
dritten Bande, welcher nicht mehr Formenschatz der Re-
naissance, sondern einfach „Formenschatz" heißt, die Kunst-
weisen aller Zeiten, vom klassischen Älterthum bis auf das
Zeitaltsr des Roccoco, in den Bereich seiner Darstellungen
gezogen; auch beschränkt er sich jetzt nicht mshr auf die
Wisdergabe von Kupferstichen, Holzschnitten und Zeichnungen,
sondsrn bringt auch Abbildungen ganzer ausgeführtsr Ge-
gsnstände, Möbel, Bronzegeräth, Rüstungen rc,, zum Theil
direkt nach photographischsn Aufnahmen Ler Origmals, zum
Theil nach guten Zeichnungen derselben, ja sogar großere
figürliche Kompositionen; die Publikation ist jetzt also all-
mählich, vielleicht ohne es zu wollen, in dis Art des be-
kannten französischen Journals ,,1'H.rt xonr kons" hmem-
gekommen und ersetzt zugleich die Stelle von Spemann's
bekanntem, leider zu früh eingegangenen „Kunsthandwerk",
Be onders rühmend hervorzuheben ist noch, daß vr, Hirth
auch den Oriqinal-Zeichnungen bedeutender Kunst-
ler, eines Mühlich, Candid, Holbsm u, A, besondere Auf-
merksamkeit schenkt und diesslben aus dem Dunkel der
Mappen hervorzieht, K, 8.

Aunstvereine.

R, Der Münchener Kunstvcreiii zählte im letzten Vereins-
jahr 519l Mitqliedsr, Die Einnahmen betrugen 104,147 Mk.,
die Ausgaben 102,449 Mk, Behufs Erwerbs von 166 Ge-
winnsten und Beschasfung dss Vereinsgeschenks wurdsn ver-
ausgabt 83,475 Mk, Der höchste Ankaufspreis eines Kunst-
werkes, mit 1500 Mk, wurde in zwei Fällen gegeben, der
niedriqste, mit 50 Mk„ ebenso oft, Als bleibendes Eigenthum
des Vereins ward Lier's „Abend" (Ankaufspreis 1200 Mk.)
zurückbehalten, Die Zahl der Nachgewinnste betrug 20, —
Durch dsn Tod verlor der Verein die Künstler: Aug, Hoeve-
meyer, Heinrich Hoefer, Karl Lieske, Max Jos. Ausr, Andr,
Fleischmann, Jul, Lange, Wilhelm Boshart, Herm, Oehl-
mann, Joh, Mart, Bernatz und Aug, Max Zimmsrmann, —
Als Vereinsgeschenk wurds ein Stich von Hermann Walde
nach Defregger's „Tischgebet" mit einem Kostenaufwande
 
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