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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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Die Wiener Feiertage
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https://doi.org/10.11588/diglit.5791#0247

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491

Die Wiener Feiertags,

492

Jnnere der Kirche gewahrte. Eine zur Feier des Tages
geprägte Medaille und eine reich ausgestattete Denk-
schrift, welche die vollständige Beschreibung des Bau-
werks und die Geschichte seiner Entstehung enthält,
wnrden im Namen des Bau-Komits's dem Kaiser
iiberreicht. Leider störte ein am Festmorgen einge-
tretener Regen die großartige Wirkung der Auffahrt
des Hofes zur Kirche. Trotzdem hatten Tausende von
Zuschauern auf dem Platz vor derselben und an dem
Theile des Rings, durch ivelchen der Zug kam, sich
eingefunden und schon an jenein Tage konnte man sich
eine ungefähre Borstellung von den riesigen Dimen-
sionen machen, welche die Feier am Hanptfesttage,
dem des Huldigungszuges, nehmen werde.

Leider mußte letztere Feier des andnuernd regneri-
schen und kalten Wetters wegen bis znni 27. verschoben
werden. An diesem erstrahlte das festlich geschmückte
Wien endlich in der ersehnten Frühlingssonue, und der
Sonntag hatte an Stelle der inzwisckM etwa enttäuscht
wieder abgereisten Fremden Tausende von Landleuten
und Bewohnern der nächsten Ortschaften in die Stadt
gelockt, so daß die Zuschauer, welche dem glänzen-
den Schauspiel im Freien beiwohnten, abgesehen von
der ungezählten Menge, die in den Häusern selbst
llnterkunst und Anfstellung nahm, auf viele Hundert-
tausende geschätzt werden dürfen.

Bevor wir zur Beschreibung des Festzuges und
Huldigungsaktes übergehen, ist es nothig, auf den F e st-
platz einen Blick zu werfen, dessen architektonischer
Ausstattung in nnserein früheren Artikel nur kurz gedacht
werden konnte. Er besand sich vor dem äußeren Burg-
platz, zwischen dein Burgthor und den neuen Mnseen,
und bildete ein großes Oblongnm, dnrch dessen Län-
genaxe die Ringstraße hindurchlief. An der Seite gegen
die Museen zu, deren Gerüste in Griin nnd Wappen-
schildern prangten, war der Platz von einer amphithea-
tralisch ansteigenden Riesentribüne abgeschlossen. auf
deren Rückwand sich Obelisken und adlerbekrönte
Triumphalsäulen erhoben. An der gcgenüberliegenden
Seite, mit dem Rücken gegen daS Burgthor, lag das
kaiserliche Prachtzelt, rechts und linkS von segment-
förmigen Colonnaden nnd Pavillons flankirt. Man
Iveiß von der Weltausstellung her, wie trefflich man
es in Wien versteht, solche Festbauten von vorüber-
gehender Bestimmnng in zweckentsprechender und würde-
voller Weise zu gestalten. Der Architckt Otto Wag-
ner, welcher den ehrcnvvllen Auftrag erhalten hatte,
den Festplatz zn organisircn, hat sich dnrch die ebenso
geschmackvolle wie imponirende Lösung desselben allge-
meine Anerkennnng erworben. Den Glanzpunkt in
der Dekoration des Platzes bildete natürlich das Kai-
serzelt. Während die Seitenbauten in streng architek-
tonischen Formen gehalten waren, hatte man für den

Aufstellungsplatz des Hofes die Gestalt eines Zeltes
gewählt, weil die Stetle, an welcher dieser Bau sich
erhob, dcs freien Berkehrs dnrch das Bnrgthor wegen
erst knrz vor dem Festzuge geschlossen werden dnrfte.
DaS Zelt bestand aus einem Gerüst mächtiger, polychrom
bemalter Holzsäulen, welche ein mit dnnkelrothem Tuch
bespanntes Dach trugen, dessen First mit zwei kaiser-
lichen Adlern bekrönt war. Das Jnncre des Zeltes
war mit Trophäen aus der Türkenzeit, mit pracht-
vollen Möbeln, Gobelins und Blunien reich ausge-
stattet. Ebenso trugen die Aufgänge zum Zclt vom
Podium des Festplatzes aus prächtigen Schmuck von
Teppichen und Blattpflanzen.

Schon bald nach Sonnenaufgang begannen die
Ringstraße nnd die nmliegenden Plätze mit den Theil-
nehmern am Festzuge sich zu beleben; Karrosse anf
Karrosse, mit Damen und Herren in der Tracht der
Tage Maxiniilian's gefüllt, eilte dem Prater zu und
ein unbeschreiblich buntes und mannigfach bewegtes
Bild entfaltete sich hier, unter den eben im ersten
Frühlingsgrün prangenden Bäumen, bis endlich die
zahllosen Gruppcn der Körperschaften, Vereine, Deputa-
tionen rc., dem mot ck'orärs der Festordner folgend,
ihre Plätze eingcnommen nnd sich zum Abmarschc bereit
gestellt hatten. Der Arrangeur des Zuges, Architekt
Streit, nnd Makart, der geniale Urheber des Ganzen,
mögen schwere Stnnden durchlebt haben, bevor die
kolossale, an 12,000 Köpfe zählende Menge, mit ihren
Hunderten von Reitern, den Reihen der Prachtwagen
und Musikbanden sich in Bewegung setzte.

Mittlerweile hatte der Weg, den der Zug nehmen
sollte, die Praterstraße und der ganze Ring von der
Aspernbrücke bis zur Augartenbrücke, sein lebendiges
Festkleid angelegt. Jn allen Stockwerken der mit Guir-
landen, Teppichen nnd Fahnen geschmückten Häuser
füllten sich die Fenster, und nnten säumte einc dicht
geschlossene Doppelphalanx von Znschauern, theils auf
den Tribünen, theils vor und neben ihnen, die durch
Militär frei gehaltene Feststraße ein. Es zeugt gewiß
ebenso sehr für den Gesetzlichkeitssinn und die Gut-
willigkeit unserer Bevölkernng, tvie für dieVortrefflichkeit
der von den städtischen Behörden getrvffenen Maß-
nahmen, daß trotz des ungeheuren Massenandrangs
weder vor noch während des Festzuges anch nur die
geringste Störung vorgefallen ist.

Pnnkt 9 llhr hatte die erste Abtheilung des Zuges
ihren Saninielplatz bei der Rotunde der Weltausstel-
lung verlassen und eine Viertelstunde später rückte sie in
die Praterstraßc cin. Aber es dauerte geraume Zeit,
bis Alles in regelrechte Bewegung kam, erst um halb
12 llhr betrat die Schlußabtheilnng des Zuges die
Praterstraße, und kurz nach 11 llhr begann das Defilö
auf dem Festplatze vor den Masestäten.
 
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