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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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Billung, Hermann: Der Pariser Salon, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5791#0279

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Der Pariser Salon.

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von Neugierigen, derm Blick dm seinen sucht. Der
Hiutergrund ist duukel gehaltm, aber Bonnat besitzt
daS Geheimniß der alten Niederlttnder, Kopf und Httnde
hell hervortreten zu lassen; das silberweiße kurzge-
schnittene Haar und der silberweiße Bart umrahmen
das verwitterte Antlitz, und der müde Arm ruht auf
einem riesigen Folianten: Griechenlands größter Dichter,
Homer, stützt Viktor Hugo, Frankreichs Stolz, so deuten
seiue Freunde diese Haltung. „Welch tiefes Dmker-
auge!" meint der Eine; „Seht dm Narren," ruft der
Nttchste, und Beides liegt im Ausdrucke dieses uner-
gründlichen, dem Lebm abgelauschten Blickes. Die
rechte Hand mit den dicken Adern und den: kürzen
starken Danmen ist ein Meisterwerk der Kunst, der
Zeigefinger der Linken ruht nachlttssig irn Haare ver-
graben. Der nngesuchte Faltenlvnrf ist nicht minder
trefflich wiedergegeben. Bonnat's zweites Bildniß, ein
Kniestück, stellt eine junge blonde Englttnderin im blauen
Kleide dar. Die Jndividualität ist auch hier treu ge-
wahrt, aber die blaum Schatten der leicht in ein-
auder gelegten Httnde sind zu scharf accentuirt und
wir geben entschieden dem Portrttt Viktor Hugo's den
Vorzug.

Carolus Duran, den scine Anhänger scherzhaft
Carolus Magnus nmnen, ist seit seiner im Luxembourg
befindlichen, 1869 gemalten „vnms nn ^nnt" mit
Riesenschrittm vorangegangen. Das Champs de Mars
vereinte im vorigen Jahre auch seine Portrttts von
Emil de Girardin, Gustav Dors und Pasdeloup, aber
seine Hauptbegabung ist für das Frauen- .und das
Kinderbildniß. Wer erinnert sich nicht mit Vergnügen
der allerliebsten Kinder des Meisters, welche er in allen
Lebmsstufen auf die Leinwand fesselte! „I/sukant dkou"
ztthlt zu dm bekanntestm darunter. Er versteht es,
seinen tveiblichen Gestalten den Reiz der Anmuth zu
verleihm und sie je nach Alter und Lebensstellung auf-
zufassen; seine Malweise ist rasch und kühn, mit wenigen
Pinselstrichen wird jeder gewünschte Effekt erreicht, und
doch trttgt das Ganze den Stempel der Vollendung.
Ganz in weißen Atlas mit Spitzen gekleidet steht die
Grttfin Vandal, eine stolze vollerblühte Schönheit mit
rvthlich blondem Haar, in ganzer Gestalt vor dem
Beschauer. Die Stellung ist ungeftthr dieselbe, welche
Bonnat der Frau Pasca 1875 gab. Ein langer dunkler
vorn offmer Pelzmantel ruht kaum noch auf den
Schultern und bildet den glücklichsten Gegensatz zu
dem schillernden Atlas des Gewandes; eine einzige
Theerose schmückt den Busen, der linke halbentblößte
Arm httlt den Mantel zurück, die rechte Hand spielt
nachlttssig mit der Lorgnette. Die etwas zu dunkel
schattirte Schleppe ist die einzige Schwttche des schönen
Bildes. Angesichts der kühnen Art Duran's begreift
„nd entschuldigt man manche traurige Verirrung der

Halbtalmte, welche ihni nacheifern möchten und dabei
auf Abwege gerathen. Das allerliebste Söhnchen seines
Freundes Bardoux ist das Original von Duran's
zweitem, leider in einer Ecke halbverstecktem Portrttt;
ein Kragm nnd eine dunkle Blouse mit grünen Reflepen
hebm das reizende Köpfchen mit dem blonden, tief in
die Stirn herabfallenden Haare und den schelmischen
schwarzen Augen; der Hintergrund ist dunkel gehalten.

Alexander Cabanel, der silberhaarige viel-
gesuchte Maler der Herzoginnen und der Marguisen,
aus dessm Atelier schon so mancher Preis von Rom
hervorging, hat wiederum ein anmuthiges Frauenbild
aus den höchstm Kreisen der Gesellschaft für dm Ahnen-
saal des Hauses geschaffen. Ein glattes crßmefarbiges,
nur mit einem dunkeln Pelzstreifen am Halse und an
den Aermeln verziertes Atlaskleid umschließt die schlanke
Gestalt, welche in einfachster Natürlichkeit mit der
einen Hand den Fttcher hült und die andere auf die
Lehne eines hellblauen Sessels stützt. Der dunkelblaue
Hintergrund paßt sich dem Ganzen harmonisch an.
Nicht minder gelungen ist ein mttnnliches Bild, wtth-
rend dort der Fond, der Persönlichkeit entsprechend, ein
tiefes sattes Dunkelroth zeigt. — Cabanel's Schüler Cot,
der Maler des vielbewunderten „Frühlings", hat zwei
Frauenportrttts ausgestellt, deren Kolorit und Zeich-
nung die kleine Niederlage vom letzten Sommer, das
Portrttt der Marschallin Mac Mahon, vergessen lassen.
Beide sind schlank und jung und duftig, beide blond
und zart, aber in Toilette, Gesammttppus und Hiuter-
grund durchaus verschieden. Cot liebt die Lichteffekte
und hat einen svlchen in glücklichster Weise als lichten
Sonnenstrahl über das hellblonde lockige Haar der
jungen Frau im schwarzen, mit Schmelzperlen verzierten
Kleide hingleiten lassen; die zweite Dame, eine dunklere
Blondine in einer Toilette Henri III., Gold und Weiß,
zeigt mehr Koketterie in Ausdruck und Haltung.
Störend wirken bei Cot nnr die blauen Töne seiner
Schatten, ganz tthnlich wie bei Bonnat's Miß Mary.

Vor einem zweiten Bilde wird es wie bei Viktor
Hugo niemals leer von Parisern, es ist Bastien Le-
Page's Portrttt der Schauspielerin Sara Bernard,
eines der Ereignisse des Salons. Das talentvolle
Mitglied der Ooinsckis Orunyuiss hat dem Maler seine
Aufgabe nicht leicht gemacht, und er hat sie glttnzend
gelöst. Ganz in Weiß auf weißem Grunde sitzt die
Dame im Profile gesehen da und scheint Zwiesprache
mit der kleinen Statue des Orpheus in ihrcr Hand
zu halten, denn die Lippen sind halb geöffnet; das
ausgesprochene Profil und das röthliche Haar heben
sich scharf von dem lichten Hintergrunde ab und ein
Heller Bronzerahmen erhöht noch den befremdenden
Eindruck des in beschrttnkten Dimensionen gehaltenen
tadellos ausgeführten Bildes. Die „Oktoberzeit" des-
 
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