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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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Billung, Hermann: Der Pariser Salon, [2,1]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5791#0291

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579

Kunstlitsratur,

580

trübten" aus; sein „Admiral Carlo Zeno" vom vorigen
Jahre stand an Kunstwerth bedeutend höher,

Das genreartige Bild aus dem Kloster- und
Priesterleben fand diesmal, gleich der Satire in Farben,
nur wenige, aber tüchtige Vertreter. Da ist zunächst
Jules Worms' allerliebste „Priesterliche Rundreise" in
Spanien, wo der behagliche Seelenhirt sich, vom ganzen
Hausstande begleitet, eben anschickt, sein geduldiges
Maulthier zu besteigen und nvch ganz zuletzt mit Frei-
gebigleit Ermahnungen und gute Rathschläge austheilt.
Bci FraPpa's „Bettelmönchen" steht der einc Kapu-
ziner auf den breiten Schultern des Gefährten und
bemüht sich vergeblich, die neckisch zurückgezogene Hand
eines hübschen Mädchens, dessen Linke eine fette Ente
für seinen Sack bereit hält, an die Lippen zu ziehen;
derAusdruck der drei Gesichter ist unübertresflich koniisch.
Ueber Bonvin's „Jn den Ferien" schwebt ein Hauch
klösterlichen Friedens; drei Nönnchen sitzen Birnen
schälend am Tische, eine Vierte wirthschaftet im Hinter-
grnnde und die Fünfte nimmt die von einer Genossin
hereingercichten Körbe reifer Früchte am offenen Fenster
in Empfang. Palliöre's „Bazeille" zählt zu den
Schlachtenbildern, obgleich der alte Priester mit der
aufgeschllrzten Svutane nnd dem Gewehre in der Hand:
„Gebt Feuer, Kinder, Gott verzeih niir's!" Mittel-
punkt und Seele der sehr lebendigen Darstellung ist.
Von den Spöttern ward der vielversuchte heilige An-
tonius zu allen Zeiten gern zum Opfer auserkoren,
Teniers ließ ihn von allerlei Greuelgestalten und Aus-
geburten der tollsten Künstlerphantasie umgaukeln,
Gustav Wappers stellte ihn zwischen zwei Sirenen von
dämonischem Liebreize, Jules Garnier vereinte Beides,
um den Armen unerbittlich zu quälen. Kaum weiß
sein „Heiliger Antonius" wohin er das bange Auge
wenden soll, denn zu seiner Rechten hat sich ein Schalk
in buntscheckiger Narrentracht behaglich niedergelassen
und weist auf zwei nackte Frauengestalten hin, und zu
seiner Linken entlockt ein zweiter seiner Lyra süß-
schmelzende Melodien. Die beiden Versucherinnen sind
nichts weniger als korrekt in der Zeichnung, die vom
Rücken Gesehene hat viel zu breite Hüften, die on knLs
Dargestellte ein unschönes linkes Bein, aber das Bild
findet trotzdem des Gedankens wegen lebhaften Beifall.
Zwischen den dicken Baumstämmen des Hintergrundes
zeigt sich der rothüberglühte Abendhimmel, und die
schmalen Streifen ahmen Pech- und Schwefelflammen
so täuschend nach, daß man näher treten muß, um
den Jrrthum zu erkennen. Die Gruppe der drei
Männer ist weit besser als das Sirenenpaar gelnngen,
besonders der Heilige und der mit untergeschlagenen
Beinen dasitzende Musikant in der Tracht der mittel-
alterlichen Baalsknechte. Sprühend von Leben und
Bewegung ist Garnier's zweite Arbeit, gleichfalls eine

Satire auf das Mönchsthum, doch in der veränderten
Form des Genrebildes. Voll Uebermuth zieht eine
Gesellschaft von Soldaten und Mädchen Arm in Arm
laut singend über den Marktplatz, wo der ausgelassene
Jubel der Kirnieß herrscht, ihr kecker Spott gilt dem
Trio in der braunen Kutte, wclches die Ecke zur
Rechten einnimnit. Der einc Mönch sucht seine Zu-
flucht im Breviere, der zweite hat längst bei Bruder
Koch und Kellermeister Trost gefunden, Nase und
Bäuchlein des Kurzboldes beweisen es zur Genüge,
der dritte, ein blasser schlanker Jüngling, ist allein
nvch verwundbar, bang und neidisch schielt er über
den Bettelsack auf der Schulter rückwärts zn den Fröh-
lichen, deren Reigen ihm für immer verschlossen ist.
Mit jeder Minute riickt das tolle Treiben dem Be-
schauer näher, jeden Augenblick erwartet man das bunte
Bein des einen Landskncchtes niederfallen oder seinen
Genvssen frisch aufhüpfen zu sehen, und diese Wirkung
wächst noch aus der Entfernung. Harmloser zeigt sich der
Spanier Garcia-Meneia in seiner „Partie Brisca";
ein gemüthlicher Landpfarrer spielt mit seinem Beicht-
kinde Karteu und sreut sich der Gunst Fortuna's, im
Hintergrunde erscheint die Haushälterin mit der willkom-
menen Erfrischung. Berthault zeigt uns die „Tochter
Jephta's" inmittcn ihrer Gefährtinnen, P. I. Blanc
das alte Thema „Judith und Holofernes"; die schöne
Wittwe bedeckt den mit Händen und Füßen grauen-
voll zuckenden Körper nach vollbrachter That mit dem
Leintuche und die Dienerin hält den vffenen Sack mit
den Zähnen fest. Die Realistik feiert in dieser Judith
einen neuen fraglichen Triumph. Wunderbar ist auch
Carteron's „HeiligerHieronymus in der Wüste", trotz
des charakteristischen Ausdruckes in dem ascetischen
Kopse des hohläugigen Jüngsten unter den drei der
inspirirten Rede des Heiligen begierig lauschenden Ge-
nossen. Unglaubliches in der Gliederverrenkung der
Himnielsboten leisteten Toudouze und Lafond in
den „Schutzengeln" und dem „Tode des armen Laza-
rus". Hermann Billung.

(Schluß folgty

Aunstliteratur.

Ueber Ven frnnzösischcn Rational-Wohtstand als Werk
dcr Erziehung. Studien über Geschichte und Or-
ganisation des künstlerischen und technischen Bil-
dungswesens in Frankreich, von Armand Freih.
v. Dumreicher. Erste Studie: Die Entwickelung
des Erziehungswerkes. Wien, A. Hölder, 187S.
XVII u. 200 S. 8.

Wer sich von der Machtgröße einer aufgeklärten
Staatskunst und von ihrcn segensreichen Einwirkungen
auf den Wohlstand und die Bildung der Nationcn
ein klares Bild machen will, für den wird immer das
 
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