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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 14.1879

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Billung, Hermann: Der Pariser Salon, [4,2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5791#0385

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767

Der Pariser Salon.

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Halse und der Spitzenkragen, Alles bezeugt, daß Alt-
vater Rauch eiust Recht hatte, als er sich italienische
Gehülfen mitnach Berlin nahm. Guglielmo's „Junge
Mutter ihr Kind trvstend" ist wenig mehr als der
erste Entwurf, aber trotzdem vielversprechend.

Doch es drängen Zeit und Raum znm Abschlusse,
kaum dnrfen wir noch einen Gang durch die Galerien
wagen, um hier und dort einen raschen Blick auf das
Beste zu werfen. Unterden Architekturarbeiten ver-
dienen die, laut den Statutcn, aus der Villa Medicis
eingesandten Pläne zur Restauration antiker Bauwerke
besondere Beachtung. Loviot widmete dem Monu-
mente des Lpsikrates zu Athen vier, dem Denkmale
des Coleoni zu Venedig zwei sorgfältig ausgeführte
Blätter. Lambert, der glückliche Besitzer der ersten
Medaille des Welttnrnieres von 1878, wendete seine
Aufmerksamkeit der Akropolis von Athen zu. Manches
schöne ausländische Bild von der vorjährigen Aus-
stellung fand sich neben den Gemälden der sranzö-
sischen Schule als Radirung, Holzschnitt oder Zeich-
nung jeder Art in den Galerien zerstreut. Gudin
hatte sechs überaus gelungene Sepiazeichnungen, Ma-
rinen, von Holland bis nach Spanien gesammelt, in
einem Rahmen zusammengestellt. Jeannin, dessen
oknrrstss äs üsnrs zu den guten Erwerbungen des
Staates zählt, fesselt auch hier durch ein großes Frucht-
stück onillstts äo xöollss. Das PasteMild beginnt
wieder Fuß zu fassen, Galbrund's Kinderporträts
zieren manchen Salon in Paris wie in der Provinz.
Eine Erwerbung des Staates in diesem Kreise ist
Thesmar's „Landsknecht aus dem 16. Jahrhundcrt",
Email auf Goldgrund, in dcr mittelalterlichen Dar-
stellungsweise der Archäer.

Von Fremden begrüßen wir Linton, das Mit-
glied des englischen Jnstitutes, dessen Aquarellbilder,
^.vs Nnrin ünd „Die Emigranten" zu Parallelen
mit den französischen Aquarellisten einladen, Ricardv
de Madrazo in seinem „Unter deni Zelte", und den
als Stecher hervorragenden Belgier Pannemaker,
welcher Frankreich durch die Ausstellung eines Porträts
von Biktor Hugo eine Höslichkeit erwies.

Seit Ende Mai hatten die Kunstwerke des Sa-
lons allabendlich die Feuerprobe des elektrischen Lichtes
zu bestehen, welches die Skulpturen mit einem magi-
schen Zauber umwebt. Kaum traut man seinen Augen,
so intensiv hell strahlen die milchweißen Kuppeln das
durchdringende Licht ans, es ist bleicher Mondenschein,
nicht Tagesbeleuchtung, aber der erzielte Esfekt wirkt
überraschend. Das regelmnßige Zuströnien des elek-
trischen Stromes, welches sich nicht nur dnrch das
Aufflackern der Flammen, sondern auch durch ein
dumpfes Bransen bemerkbar macht, erinnert trotzdem
unablässig daran, daß die Belenchtnng künstlich erzeugt

wird. Bei den Oelgemälden ist die Wirkung weit
ungleicher und je nach dem Kolorite nnd dem Gegen-
stande vielfach entschieden ungünstig. Die mattgehal-
tenen Töne verlieren sehr, sie verbleichen und ver-
schwinden bei dem intensiven, alle Schatten Verscheu-
chenden Lichte. Andere Bilder, deren Farbengebung
kräftiger oder düsterer gehalten ist, gewinnen bedeutend
und heben sich weit schärfer von der Leinwand ab.
Man hatte mit der Ausstellung von Handzeichnungen
alter Meister in der Hools äss Usnnx-^.rts den An-
fang gemacht, und der Versuch war so glänzend ge-
lungen, daß man ihn auf den Salon übertrug. Jeder
kleine Strich der Jahrhunderte alten Kreide- und
Bleistift-, Bister- und Sepiazeichnungen der italie-
nischen und niederländischen Meister war dort klar zu
unterscheiden gewesen. Jn den Ateliers der Maler
nnd Bildhauer ist das elektrische Licht längst einge-
bürgert, schon Carpeaux' kleiner Sohn stand unter
seinen Strahlen dem Vater zu dem ninonr blosss
während langer Nachtstunden Modell, und Bonnat
pflegt seine Porträts mit Vorliebe dabei zu malen, was
man ihnen freilich bei Tagesschein anmerkt.

Die Jurp des diesjährigen Salons wendete das
alte Diplomatenwort, daß die Rede zur Verbergung
des Gedankens da sei, auf die Statuten an, welche zur
Uebertretung formulirt zu sein scheinen. Die Me-
daillen sind zum Theile Gesinnungsprämien, und die
Barrisre, welche laut Artikel 28 die schon mit der
Medaille erster oder den beiden Medaillen dritter und
zweiter Klasse ausgezeichneten Künstler, als llors
sonoours, von der Mitbewerbung um die Beloh-
nungen ausschließt, ist gänzlick gefallen. Sogar der
die Mitglieder der Jurp zur Entsagung zwingende Ar-
tikel 25 drohte umgestoßen zu Iverden. Schon vorher
verlautete Einzelnes von diesen Projekten, und die
Tagespresse zog schonungslos, doch vergeblich gegcn die
Verletzung der althergebrachten Traditionen zu Felde;
mvchte „ks ksu nn pouärs" sein, die Jurp blieb unent-
Wegt ihren klerikal-republikanischen Grnndsätzen getren.

Die Ehrenmedaille der Malerei ward Carolus
Duran für sein Porträt der Gräfin Vandal und sein
allerliebstes Kinderbild zuerkannt, und zwar mit vollem
Rechte und zu allgemeiner Besriedigung, denn Jules
Lefebvre, derMeister der„UeberraschtenDiana", dachte
zu lopal, um sein Amt als Mitglied der Jurp nieder-
zulegen nnd als Sieger in die Reihen der berechtigten
Bewerber zu treten. Jn der Bildhauerei fiel Saint-
Marceanx der Lorbeer der Ehrenmedaille zn, da
Mercis und Falguisr-e sich in demselben FaM wie
Lefebvre befanden. Dur'an und Saint-Marceaux ge-
hören beide dcm btsrsls äs I'Union nrtistigus an,
welchcr seine gekröuten Mitglieder dnrch die xUlumi-
nativn des Klublokals und ein feierlichcs Festessen ehrte.
 
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