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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 15.1880

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Rosenberg, Adolf: Das Denkmal der Königin Luise in Berlin
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5804#0196

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379

Kunstliteratur.

380

im Jahre 1802 nach dem Leben angefertigt hat. Sie
trägt die Jnschrift: 6t. 8. äul varo ikotsäum 1802.

Der Sockel schildert in zwanzig, in starkem Hoch-
relief herausgearbeiteten Figuren die Volkserhebung in
den Freiheitskriegen. Der Gatte, durch den Schall der
Hörner in den Kampf gerufen, nimmt Abschied von Frau
und Kindern, der Jüngling von der weinenden Geliebten,
um dem Rufe des Vaterlandes zu gehorchen. Jndessen
sorgt die werkthätige Liebe edler Frauen für die zurück-
gebliebenen Greise, welchen ihre Stützen entzogen sind,
während andere sich um die Verwundeten mühen. Der
mit dem Lorbeerkranze heimkehrende Krieger bringt da
Schwert eines gefallenen Freundes den Seinen als
letztes Erinnerungszeichen, und daneben umfängt ein
unverletzt wiedergekehrter Jüngling seine Braut, pflanzt
cin Knabe die bekränzte Fahne der Sieger auf. Ent-
sprechend der schlicht epischen Darstellung des Ganzen
hat der Künstler ein ideales Kostüm gewählt, welches
am meisten an das der alten Germanen erinnert.

Schönheit der Linien, Anmuth und Weichheit der
Formen und eine stilvolle Gruppirung sinb die Vorzüge
dieses Reliefs, welches sich, wenn auch von einem ver-
schiedcnartigen Geiste beseelt, dem Drake'schen Meister-
werke wohl ebenbürtig an die Seite setzen darf. Jst in
dem Drake'schen Relief, welches die Segnungen des
Friedens schildert, das idyllische Element vorherrschend,
so kommt in dem Werke des jüngeren Meisters das
heroische vorzugsweise zur Geltung. — DieHöhe des Denk-
mals beträgt 7^ m. Davon kommen drei auf die
Statue. Die Widmungsinschrift, welche hinten an der
unteren Hälfte des Sockels angebracht ist, lautet: „Zum
Andenken an die Königin Luise von ihren Verehrern
dem Kaiser Wilhelm gewidmet zum 22. März 1877".

Erdmann Encke hat sich mit diesem Werke einen
Ehrenplatz in der Berliner Bildhauerschule gesichert.
Geboren am 26. Januar 1843, trat er mit sechzehn
Jahren in das Atelier Albert Wolff's ein, gleichzeitig
mit Fritz Sckaper, dessen Kunstcharakter mit dem Encke's
vielfach verwandt ist. Ein weiches poetisches Gemüth,
hat Encke die Schärfe der realistischen Porträtplastik,
wie sie durch Rauch in Berlin eingebürgert und durch
seine nächsten Schüler festgehalten worden ist, durch An-
muth und Liebenswürdigkeit gemildert. Jst seine Be-
gabung demnach besonders glücklich in der Darstellung
weiblicher Formen, was er schon früher durch eine herr-
liche Jdealgestalt der „Berolina" zum Schmuck der
Siegesstraße für die 1871 heimkehrenden Krieger und
durch mehrere weibliche Porträtbüsten, u. a. die der
deutschcn Kronprinzessin, auf das glänzendste dokumentirt
hatte, so fehlt es ihm auf der anderen Seite auch nicht
an Energie unb Schärfe in der Charakteristik, um männ-
licheS Wesen zu prägnantem Ausdrucke zu bringen. Das
Denkmal des Turnvaters Jahn in der Hasenhaide ;u

Berlin und die bronzene Statue bes ersten Kurfürsten
von Brandenburg für eine Nische über dem Portal des
Berliner Rathhauses legen auch von dieser Seite seines
Könnens ein beredtes Zeugniß ab. Eine besondere An-
erkennung verdient seine hohe Ausbildung im Technischen,
die sich auch bei der Marmorausführung des Luisen-
denkmals bewährt hat. Das Stoffliche, insbesondere
der Spitzenschleier, ist mit erstaunlicher Meisterschaft be-
handelt.

Adolf Nosenberg.

Aunstliteratur.

Richard Frciherr von Fricscn, Vom künstlerischen
Schaffen in der bildenden Kunst. Eine
ästhetische Studie. Dresden, 1879. Wilhelin
Baensch. VIII u. 268 S. 8.

Eine Studie, welche „keiner berufsmäßigen Bcschäf-
tigung, keiner äußeren Veranlassung irgend welcher Art,
sondern nur der warmen Licbe zur Sache" ihren Ur-
sprung verdankt, eine „Dilettanten-Arbeit im eigentlichen
Sinne des Wortes", wie sie der Verfasser selbst be-
zeichnet, erweckt zunächst ein günstiges Vorurtheil: Fach-
schriften tragen neben ihrem Vorzug der Beherrschung
des Materials häufig den Nachtheil einer Beschränkung
auf die durch das Fach bedingten Grenzen, so daß i»
eben dem Punkte, der ihre Stärke ausmacht, auch der
Grund ihrer Schwäche, cines häusig mangeluden freien
Blickes und unbefangenen Urtheiles, liegt. Eine Dilettan-
tenarbeit, im guten Sinne dcs Wortcs, kann daher sehr
wohl die Wissenschaft fördern, indem sie enge An-
schauungcn erweitcrt. Dann abcr muß sie selbst aus
freier Warte stehcn und dcn Blick nicht durch selbst-
gezogene, nicht zum Wesen der Sache gehörende Schranken
hemmen. Solche tretcn in der vorliegenden Studie,
welche zuerst den Anlauf zu vorurtheilsloser Forschung
zu nehmen scheint, je weiter desto mehr auf, so daß sich
schließlich ihr Charakter als dogmatischcr crgiebt. Wollen
wir die Grundzüge der hier vorliegenden Auffassungs-
weise skizziren, so bleibt uns daher nichts übrig, als
den Weg rückwärts zu machen. Wir finden dann eine
in sich sehr wohl zusammenhängende Auschauungsweise-
Der der ganzen Abhandlung zu Grunde liegende
Gedanke ist der „eines bleibendcn, uns empfindbaren
Verhältnisses der menschlichen Seele zu dem absoluten
Geiste, zu Gott" (S. 233), der als „der Gedanke der
Liebe Gottes zu den Menschcn . . - erst durch das
Christenthum in die Welt gekommcn" ist (S. 232)-
Nur ein Gemüth, das dies „vem Künstler angeborcne
Gefühl des Verhältnisses der menschlichen Seele zu ve>n
absoluten Geiste, d. h. zu Gott, verbunden mit der
Fähigkeit, die Erscheinungcn und Wirkungcn Goltes in
der Natur zu erkennen und aus ihr heraus empsinden'
 
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