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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 15.1880

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Die vierte allgemeine deutsche Kunstausstellung zu Düsseldorf
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5804#0277

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541

Kunstliteratur.

542

Prägte Strvmungen geltend. Das streng histvrischc
Geschichtsbild wird dürftig nnd verbrüdert sich hänfig
wit dcm Genrebilde im weiteren Sinne, welcheS in
Dentschland, gleich der Landschaft und der Marine mit
all ihrcn Nebenzweigcn, Vvrtreffliche Vertrcter bcsitzt,
bas Schlachtgemälde nnd die Reminiscenzen an den
sranzvsisch-deutschen Krieg treten mehr in den Hintcr-
grund, die Pvrträtmalcrci liegt in gutcn Händen und
niinint, der Photographie zum Trotze, neuen Auf-
schwnng, das Thierstück und das Stilllebcn sind nicht
allein wohl repräsentirt, sondern sie finden im Durch-
schnitte auch leichter als die Genosien Käufer, nur das
religiose Gcmälde vcgetirt, von cinigen gcnialcn Ver-
lretcrn abgeschen, ziemlich tümmerlich fort. Das
Bestrebcn der Ncgicrnng, ihrer Pflicht als oberste Pro-
tektvrin dcr Kunst gcrccht zn iverden, rief dagcgen in
jnngster Zeit einige in Düsicldorf vertretcnc Komposi-
tivnen vvn markiger Kraft ins Lcbcm Bezeichnend für
die Zcitrichtung, trng bcrcits Mitte Mai cinc Anzahl
tleincr zierlicher Gemäldc das für den Künstler be-
glückendc Plättchcn „Verkaust": Tina Blau's köstlicher
Strauß von „Frühlingsblüthen" nnd Gregor von '
Bvchmann's skizzcnartig bchandeltes farbenbuntes i
»Mvtiv aus Esthland", zwei Genrcbildchen aus dem
häuslichen Lcben vvn Wilhelm Großmann, der kleinc '
Bauernhvs von dcm fröhlichen Münchcner Realislen
Kappis und zwci svrgfältig auSgeführte klcine Ge-
uiälde von Kvtschenreiter, „DerHerr Förster" nnd
»Dcr Dorfmusiker". Zu einem größercn Genre- odcr
Sittenbilde hattc sich bis zu dicser Epochc noch Nie-
'»and aufgeschwungcn, nnd kvloristisch vvrtrefflich ge-
»athene Gcmäldc, wie dcr „Biaitanz im Mittclalter"
»vn dem Münchcner Adam, oder wie Vautier's „Vvr
»er Gemeindcrathsitzung", Jordan's „Nach durch-
^achtcr illacht" vdcr Schnlz-Briesciüs „Untersnchung"
sulden so rasch keinc blcibende Stätte. II. II.

Aunstliteratur.

^»nvlb Hoilbrakeii's Große Schouburgh der nie-
derländischen Maler und Malerinnen.
Uebersetzt von Lr. Alfred von Wurzbach.
I. Band. (XIV. Bd. der Tluellenschriften für
Knnstgeschichte.) Wien, W. Braumüller. 1880.
XVI n. 495 S. 8.

Lange Zeit hindurch besaßen die Forscher anf
^ein Gcbicte der niederländischen Kunstwelt keine besseren
^uellen als Karel van Mander sür die älteren Pe-
Noden und Arnold Houbraken für das 17. und 18.
^ahrhundert. Als dic kritischc Gegcnwart beim Stn-
^ilini der Knnstivcrkc wahrnahm, daß sich diese mit
Angabcn dcr gcnannten Kunsthisloriographcn nicht
Uuincr dccktcn, mußte dic Richtigkeit der biographischcn

Angaben stark bezweifelt werden. Kvmpilatoren, denen
nur daran lag, ans drei fremden Werkcn ein viertes
zusammenzuleimen, schrieben frcilich allsS Gegebcne
ohne Urthcil ab, nnd so ist es kcin Wunder, daß eine
Reihe von Büchern entstand, die mit merkwürdigcr
Uebereinstimmung dicselben Jrrthümer harmlos Iveiter
tragen. Die Jrrthümer, den Werken dcr genannten
beiden Autoren entlehnt, kamen zu Tage, als man
begann, die Archive mit zu Rathe zu ziehen. Wird
aber dieser Umstand die Werke Mander's nnd Hvu-
braken's deswegen überflüssig machen? Kcineswcgs!
Noch immer enthalten sic ein schätzbares Material,
das thcils durch die Künstlcrwerke, thcils durch archi-
valische Stndien als der Wahrheit entsprcchend bc-
glaubigt ist, oder das dnrch innere Kriterien vom Jrr-
thnm frcigesprochen wird. Darnm ist eine Anfnahme
vvn Hvubraken's „ Schvnbnrgh "*) in dic Wiener
Sammlung der „Qucllcnschriften für Knnstgcschichte"
wohl bcgründet, nnd einc Uebersetzung dcs Werkes ins
Deutsche wird auch Vielen willkvmmen sein, da es
nicht Jedermanns Sachc ist, sich mühsam das Gesuchte
aus der Originalsprachc zusanimcn zu lesen. A. v.
Wurzbach, der sich der kcineswcgs gcringcn Mühe nntcr-
zog, Houbraken's Werk bei nns heimisch zu machcn, sieht
wohl ein, wic er in der Vorrede sagt, daß cigcntlich
van Mandcr's Malerbuch hättc vorangchcn sollcn als
das bedcutendere und wichtigere, abcr es stellten sich ihm
dabei unüberwindliche sprachliche und epcgetische Hin-
dernisic in den Weg. Sehen wir niin zu, Ivie er nns
Houbraken's „Schoubnrgh" znrecht gclegt hat!

Arnold Honbraken ist am 28. März 1660 zn
Dordrccht gcboren; er selbst war Maler nnd kani erst
1715 auf den Gedankcn, Alles, was er über seine
künstlerischcn Landsleute in Erfahrung bringen kvnntc,
nicderzuschrcibcn und dcr Nachwelt zu übcrmitteln.
Er wollte glcichsam eine Fvrtsetznng dcs Malerbnches
von van Mandcr bringen. Die Art und Wcise, wic
er das Material sammeltc, giebt nns darüber Auf-
schlnß, wic sich Jrrthümcr, nnd vft die nnglaublichsten,
in seine Bcrichte cinschlcichen kvnnten. Wir müsscn
aber gleich voranschicken, daß er nicht absichtlich Fal-
sches bringt; daß er die mannigfachen, mehr oder we-
niger pikanten Anekdoten nnd Geschichten, wvmit cr
scine Erzählung würzt, nicht selbst erfunden hat. Er
hat sie vielniehr in den Kiinstlerkrcisen als lebendige
Tradition vorgcfunden nnd kann sie nicht vcrschwcigen,
um „sein Bnch seinen Zeitgcnvsien schmackhafter zu
machen." Was man ihm vorwerfen kann, ist der
Mangel an Kritik in der Bearbcitung dcr vcrschiedcncn
Angaben nnd Nachrichten. Znweilcn schleicht sich

*) „Schaubühne" hätte Wurzbach das Wort übersetzen
sollen.
 
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