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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 15.1880

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Förster, Bernhard: Die Ausgrabungen in Olympia
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https://doi.org/10.11588/diglit.5804#0364

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715

Dis Ausgrabungen in Olympia.

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selbst bei ganz „gebildeten" Laien noch die allerwunder-
lichsten Anschauungcn über das Werk der Deutschen in
Olympia kursiren. So sei denn Jeder, der hier eine Lücke
in seinen Vorstellungen spürt und sich schnell von Meister--
hand unterrichten lassen will, auf die ersten sechs reich-
lich gedruckten Foliospalten deS Teptes hingewiesen! —

Um das Wesentlichste der ini vicrten Bande znr
Abbildung und Erläuternng gebrachten plastischen
Wcrke zn inustern, verfahren wir chronologisch und
theilen das uns Gebotene cin in die drei Perioden:
1) Vor den Perserkriegen, 2) Zeit der großen Klassiker,
3) Diadochen und Rvmer.

Die dunkle nnd nur durch vereinzelte Bildwerke
aufgeklärte Periode der sich langsam aus den Fesseln
des ägyptischen und assyrischen „Zopfes" (um mit
G. Semper zn sprechen) befreiendcn und allmählich
zu immer reinerer Schönheit heranreifenden hellenischen
Plastik steht seit den Arbeitcn in Olympia um vielcs
klarer und gewisser vor uns. Dieses einc Hauptresultat,
auf das ich nicht nnterlassen habe, in allen meinen
Bcrichten ausdrücklich hinzuweisen, ist nm so erfreulicher,
als man eigentlich beim Beginn der Arbeiten darauf
wohl kanm recht gefaßt war. Es sind in erster Linie
eine Rcihe von dünnen Bronzereliefs, von mir schon
friiher erwähnt, welche jetzt in Vvrzüglichen photo-
lithographischen Reproduktionen sich als werthvollste
Bausteine für den Kunsthistoriker darbieten. Hieran
reiht sich eine Grnppe aus dem sehr zerstörten Hoch-
relief von Mergelkalk, auf das ich bald nach seiner
Entdeckung in meinem Berichte von Olympia aus
(Februar 1878) anfmerksam gemacht habe. Wenn
der kombinirende Scharfsinn Fnrtwängler's und Treu's
Recht hat, so gehören diese Trümmer zu der Giebel-
gruppe, resp. dem Seitenfries des Schatzhauses der
Megaräer. Jn diesem Falle würdcn die sehr zerstörten
Kämpfergrnppen nach der Aussage des Pausanias
einen Gigantenkampf darstellen, wohl die älteste
Behandlung dieses Stoffes. AlS Entstehungszeit müßten
wir dann etwa 550—500 annehmen, womit der Stil
wohl übereinstimmt, der sich am kürzesten nnd vcr-
ständlichsten etwa so bezeichnen läßt: uni eine Schicht
tiefer gelegen als die Aegineten. Noch alterthümlicher
ist Ver bis auf die abgebrochene Nase vorzüglich er-
haltene, ebenfalls hier schon erwähnte Kolossalkopf aus
Kalkstein, in welchem wir nach den scharfsinnigen Dar-
legungen Furtwängler's in der That den Rest des alten
Kultbildes der Hera erkennen müssen, wie es in dem
Tempel derselben sitzend am Ende der Cella ange-
bracht war ('/7oǤ xa/t/iiLrai' eai /tpoi w).

Die Erhaltung eines fiir die Knnst- nnd Knlturge-
schichte so wichtigen Restes darf als ein ganz bcson-
deres Glück bezeichnet werden. Die Augen der
sind groß, die Brauen nach oben gezogen, der Augeu-

stern mit dem Zirkel vorgezeichnct, die Pupille war
ursprünglich mit Farbe angedeutet. Farbige Reste sind
auch sonst nach Aussage der Finder noch bemerkbar
gewcsen. Unter der Tünie, welche das Haar durch-
zieht, drängen sich regelmäßige Locken in unnatürlicher
Bildung hervor. Das Haupt wird dnrch cincn kala-
thos-ähnlichcn Körper gekrvnt, aus welchem zwischen
den eingefurchten Rinnen Streifen aufrechtstehender
gcmalter Streifen erkennbar gewesen sind.

Die zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts, die großc
Zeit Olympia's, an die man zu denken Pflegte, wenn
man die vermuthlichen Erfolge der Ausgrabnngen im
Auge hatte, ist in diesem Bande der Publikation durch
eine Anzahl von Abbildnngen aus den beiden Giebel-
gruppen und einzelne Metopen vertreten. Eigenthüm-
lich ist es, daß der parische Marmvr bei der Nepro-
duktion durch Lichtdruck seine transparente Leuchtkrast
verliert und einen grauen Kalkton annimmt, während
z. B. der Braun'sche photographischc Kohlendruck
gerade die kostbare Lichtwnrkung der Marmvrkrystalle
wiedergiebt. Von der Komposition in dcn beiden
Giebelgruppen und von dem Stile der Metopen mag
bei nieinem letzten Gesammtüberblick noch einmal ein-
gehender die Rede scin. Hier will ich nur anf die
Figur in der rechtcn Ecke des Ostgiebels, den jugend-
lichen Kladeos, aufmerksam machen, der in seincn
etwas starren Zügen einerseits die wilde stiermäßige
Naturkraft zum AuSdruck bringt, die nian sich mit dem
Wesen der Flußgötter verbunden dachte, andererseits
eine Befangenheit in dcr Formgebnng zeigt, wclche
neben den glcichzeitigen attischen Wcrkcn eincn ent-
schieden alterthümlichen Eindrnck niachen muß. Anch
ist die Behandlung hier eine weit weniger licbevolle
als bei jenen; das Haar ist nur an den Rändern
ausgeführt, im Ilcbrigen snmmarisch behandelt, nnd
war jedensalls auf Vervollständigung durch Farbe an-
gewiesen.

Für die letzte lcbensfrische Periode der alten Kunst
bringt der vorliegende Band einige ausgezeichnete
Diuster: zwei, bis auf dcn fehlcndcn Kopf, vorzüglich
erhaltene Gewandstatuen von der Hand attischer
Künstler aus der Kaiserzeit (Eros und Eraton) nnd
dic obere Halfte einer Porträtstatue der älteren Fau-
stina, dcr Gemahlin des Antoninus Pins. Alle drei
entstammen der Excdra des Herodes Atticus.

Jm höchsten Grade merkiviirdig sind ferner die
Anfschlüsse über die spätcrc Entlvickelnng dcr griechischen
Architcktur, welche uns in dem besprochencn Bande ge-
boten werdcn. Das von den jngendlichen hellenischen
Stämmen mühsam gesnchte Tempelschema wnrde, cin-
m al gcfunden, starr festgehaltcn nnd für alle Gebäude
sakralcr Art angcwandt; wir findcn dic hier anfge-
nominencn und in ihrem Detail abgebildeten Schatz-
 
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