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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 15.1880

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Förster, Bernhard: Die Ausgrabungen in Olympia
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Wessely, Joseph Eduard: Kohlschein's neuer Stich nach Raffael's Cäcilia
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https://doi.org/10.11588/diglit.5804#0365

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Kohlschein's neuer Stich nach Raffael's Cäcilia.

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häuser, welche die Nordgrenze der Altis bis zum Ein-
gange des Stadiums säumcn, dem Schema der Tempel
in untis gemäß gebildet; vielfach sind dabei Zierglieder
aus Terrakotta in Anwendung gebracht, von denen
einige der interessantesten, zum Theil noch von sehr
altcrthümlicher Form, abgebildet worden sind. Wir
ivcrdcn annehmen müssen, daß dergl. Manusaktnren in
der Nähe von Olympia bestanden haben, so maffen-
haft ist der Gcbrauch von irdencn Baugliedern und
Ornamenten.

Als nun weiterhin Gebäude nvthig wurden, auf
welche der Tempelgrundriß nicht wohl anwendbar war,
suchte sich der Raumsinn in einer Weise zu helfen,
die uns bis dahin unbekannt war. Südlich vom Zeus-
tempel, anßerhalb der Altismaucr, ist ein Gebäude-
kvmplex einzig in seiner Art anfgedeckt worden: zwei
oblvnge Gebäude sind mit einem Bau von nahezu
guadratischem Grnndriß durch eine später im Osten
davorgelegte Halle zu eincm Ganzen verbunden. Die
beiden zuerst genannten sind einander sast gleich: ein
längliches Nechteck, dcssen Axe von Osten nach Westen
vricntirt ist, schließt nach Westen hin mit eincr halb-
runden Apsis ab; eine Säulenreihe in der Mitte theilt
den Bau in zwei Schiffe. Der südlichc Ban zeigt
die Bcsonderheit, daß dic Mauern nicht genau parallel
laufen, sondern sich allmählich nach der Apsis zu nähern,
sodaß der Grundriß eine nahezu elliptische Form auf-
weist. Adlcr, der auch dies Mat dic Erläuteruugen
der Architektur giebt, erkeunt in diescu Gebäuden das
Bouleuterion, die Versammlungsstätte der olym-
pischen Rathsherren und zugleich das Schatzhaus des
Zcus, — das wir uns demzufolge außerhalb der
Altismauer gelegcn denkeu miissen; der guadratische
Bau in dcr Mitte wäre dann das Haus deS Zcus
Hvrkios, bci loelchem die Wctttampfer vor Bcginn des
Kampfes ihren Eid zu leisteu hatten. Die dorische
Ordnuug beidcr Bauteu ist vou Dvrpfcld aufgeuommen
und abgebildet. Die Simen, Akrvtcricn:c. ivarcu vou
Terrakotta. Adler uimmt als Erbauungszeit für den
slldlichen Bau das Ende des ti., sür den nördlichen
das 5. Jahrhundert an. Dic erwähnte Stoa ist erst
spätcr davorgcbaut wovden; einige der in situ erhal-
tenen Säulentrommcln zeigeu einc niedrige Spira nnd
20 Furchcn ionischer Art; ein später gesundenes Ka-
pitäl, von nicht sehr ansprechcnder ionischcr Form,
schcint dazu zu paffeu.

Erwähnen will ich schließlich noch: im Junern
dcr Altis au der Südostecke das von Pausanias cr-
Ivähnte Levuidaivn, d. i. cin von einem Einhcimischcn
Namens Leonidas erbautes „Anathcma", auf dcssen
Ruinen spätcr eine Art LogierhauS für vvruehme
Römer errichtct wnrde. Hicran schließt stch nach Nordcn
zu die langhiu sich erstreckeude Hallc der Echo ionischer

Ordnung. Ebenfalls ionischen Stils, wennschon von
nicht sehr ansprechenden Formen, ist die theilweise auf-
gedeckte sogen. Südwesthalle im Süden der byzan-
tinischen Kirche. Außen dorische, im Jnnern korin-
thische Ordnung zeigt endlich die svgen. Südhalle, die
sich im Süden des oben beschriebenen Bouleuterions
hinzieht. Nach Adler möchte sie unter Hadrian erbaut
sein und böte dann allcrdings ein höchst interessantes
Beispiel sür die Thatsache, „daß in Olympia, sicherlich
unter dem Einfluße der ehrwürdigen altgriechischen
Monumente, die dorische Bauweise sich bis fast an das
Eude des hellenischen Knnstbewußtseins behaupten
konnte."

Die vorzüglichen architektonischen Aufnahmen und
Zeichnungen von Borrmann und Dvrpfeld, ver-
bunden mit den ausgezeichneten Photographien der auf-
gedeckten Trümmerfelder, crmöglichen eine so anschauliche
Vertiefung in die Gestaltung der Gebäude, wie sie
ohne Autopsic nur immer möglich ist.

B. Förster.

Aohlschein's neuer Ltich nach Raffael's Läcilia.

Kein Reisender von Bildung, der Bologna be-
sucht, unterläßt es, scine Schritte zur dortigen Pina-
kothek zu lenken, und in dieser Sammlung diasfael's
h. Cäcilia, die Perle der Galerie und zugleich eius
der herrlichsten untcr den Bildern von der Hand des
großen Urbinaten, aufzusuchen. Für die Stadt bei dem
Maler bestellt, gereicht es bereits über 360 Jahre der-
selben zur Zierde. Einc Nnterbrcchung bildete nur
die Entsührung deS Bildes 1798 nach Paris, von wo
es 1815 nach Bologna zurückkehrte. Die Entstehung
des Werkes ist mit dem Zauber einer frommen Jn-
spiration umwoben: eine edle Bologncserin, Etena del
Oglio — später selig gesprochen — faßte in einer
Stunde der Bcgeisterung, im Oktvber 1513, den Ent-
schluß, für ciue Kapelle dcr Kirche S. Giovanui in
Monte das Bilv einer h. Cäcilia zu stiften; sie wandte
sich deshalb an ihren Verwandten, Antouio Pucci in
Florenz, der ihrc Angelegeuheit sciuem Bruder, deni
Kardinal Lorenzv in Rom, mittheilte, und dnrch diescn
crhielt Raffael den Austrag, das Bild auszuführen.
Dic Jnspiration, die den ersten Gedanken im Geiste
der frommen Elena entzündcte, scheint sich dcm Künstlcr
mitgetheilt zu haben. Er hat eiu Werk geschaffen, das
zu den idealstcn dcr gesammten Kuust gehört.

Wir erblickcn die jugendliche Hcilige, die als
Patrvnin der Tvnkunst gilt, in frvmmer Entzückung,
zu der sie aus den Flügeln der Töne sich cmpvr-
schwang, nmgeben von vier Heitigcn, den stillen Zcugcn
ihrer Verklärung. Nicht dic sinnliche Tendenz dcr
Musik, deren Jnstrumente halb zerstört zu ihren Fllßen
 
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