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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 15.1880

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Wessely, Joseph Eduard: Kohlschein's neuer Stich nach Raffael's Cäcilia
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5804#0367

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721

Korrespondenz

722

glücklich dem Originalbilde abgelauscht. Das Blatt
liegt vor uns, umgeben von den besten Stichen des-
selben Gegenstandes; Lefovre und Garavaglia erscheinen
daneben wie geschmückte Theaterprinzessinnen, und selbst
der ernste Strange, den wir bis jetzt so hoch hielten,
sieht hohl und bleiern aus. Man vergleiche nur dcn
Ausdruck der Kvpfe und den Faltenwurf, besonders
bei der Magdalena, der bei Strange ganz unver-
standen ist! Jn der That, ein Meisterwerk, wie das
von Kohlschein, wird zu einem strengen Gericht über
die Mittelmäßigkeit. Um kurz zu sein, wir sagen un-
bedenklich: die h. Cäcilia von Kohlschein nach Raffael
ist nicht allein die beste Reproduktion nach diesem Bilde,
sondern gehört überhaupt zu den vorzüglichsten Kupfer-
stichen, welche die Geschichte kennt.

Die Verlagshandlung von E. Schulte in Düssel-
dorf, in welcher das Blatt erschienen ist, hat damit
ein edles Beispiel idealen Strebcns gegeben. Jeden-
fatls ist ihr Muth anzuerkennen, ein ernstes Kunstwerk
wie dieses auf den Markt zu senden. Beseelte sie die
Hoffnnng, daß es noch echte Kunstfreunde giebt, die
den Wcizen von der Spreu zu unterscheiden wissen?
Wir wünschen ihr von Herzen, daß sie sich in dieser
Hosfnung nicht getäuscht fühlen mvge.

I. C. Wessely.

Aorrespondenz.

Bamberg, den 28. August.

U,. Am 25. Augnst erfolgte bei der Feier des
700jährigen Jubiläums der Wittelsbacher Dynastie in
hiesiger Stadt die Enthüllung des monumentalen
Brunnens auf dem Maxplatze. Bamberg darf stolz
sein auf den Besitz dieses Kunstwerkes, durch welches
Ferdinand von Miller, sein hochbegabter Bildner.
sich nnvergänglichen Ruhm geschaffen hat. Der Brunnen
ist ein Denkmal zur Ehre des ersten bayerischen
Königs, Max I., zu welchem schon vor 55 Äahren der
Grundstein gelegt wnrdc, dessen Aufführung aber erst
jctzt ermöglicht werden konnte, nachdem die Muni-
sicenz des Staates die Mittel dazu aus dem Fonds
zur Förderung der bildenden Künste bewilligt hatte.

Der Künstler hat das Kunstwerk ganz im Stile
jener herrlichen Brunnen cntworfen, welche gegen Ende
dcs 16-Jahrhunderts zur Zicrde der deutschen Städte
geschaffen wurden. Der Schwerpunkt liegt in den pla-
stischcn Gestaltcn, dencn die Architektur lediglich eine
entsprechcnde Basis bietct. Aus cinem in Trientincr
röthlichem Marmor ausgcführten schön profilirten
Bassin erhebt sich auf rcichem Pfeiler, aus welchem
vier Nöhren Wasser speicn, die überlebensgroße Statue
Max's I., lcicht vorschreitend, die rechtc Hand segnend
ausstreckend, in der linkcn die Verfassungsurkunde hal-

tend. Der Krönungsmantel umhüllt in einfachem
aber noblen Faltenwurfe die königliche Gestalt, deren
leicht gesenktes Haupt die hochgepriesene GUte und
Milde dieses Herrschers zum vollen Ausdrucke bringt.
Auf den aus der Umfassung des Bassins vortretenden
vier Postamenten stehen, etwas klcincr gehalten, vier
für Bamberg historisch wichtige Persönlichkeiten, Kaiser
Heinrich und seine Gattin Knnigunde, die Stister des
Bisthums, der hier begrabene Hohenstaufe Konrad III.
und Bischof Otto, der Apostel der Pommern.
Heinrich's Kopf dürfte das Schwächste des ganzen Kunst-
werkes sein, der Blick ist etwas starr und ermangelt
des bestimmten Ausdrucks, dagegen ist die Gestalt ernst
und würdevoll gehalten. Kunigundens Gesicht zeigt,
der Legende entsprechend, eine strenge Schönheit, welche
besonders bei Betrachtung im Profil eine erhebende
Wirkung erzielt, während dagegen der Linienfluß ihres
Körpers einen entzückendcn Reiz entwickelt. Der
heldenmüthige und tapfere, aber unglückliche Kreuz-
fahrer Konrad III. sindet sich in der mit gezücktem
Schwert energisch vorschreitenden Figur und in dem
ernsten scharfen Blicke getreu wiedergegeben; ebenso
wird der Glaubenseifer des Heidenbekehrers Otto in
dem asketischen und doch begeisterten Antlitze, sowie
in dem das Kreuz haltenden weit vorgestreckten Arme
überzeugend zur Anschauung gebracht. Die fünf Fi-
guren sind bis in's kleinste fein durchgebildet, die Mo-
dellirung ist kräftig naturwahr und doch hochideal,
die Bewegung, da wo der Gegenstand sie erheischt,
lebendig, aber nicht Ubertrieben, und in den Grenzen
der plastischen Knnst gehalten, und der Faltenwurf
der Gewandungen, welche sämmtlich als prachtvollc
Arbeiten bezeichnet werden müssen, den Körperformcn
getren sich anschmicgend. Daß der Erzguß der fünf
Figurcn ein vollendeter ist, braucht wohl bei der
Münchener Gießhütte, aus welchcr er hervorgegangen,
nicht noch besonders hervorgehoben zu werden.

Jm Stile der dcutschen Rcnaissance wird das
Bassin von einem hohen Gitter aus geschmiedetem
Eisen gekrönt, welches sich mit lcichter Einbiegung nm
die Figuren zieht, würdig seiner alten Vorbilder,
ein Meisterstück modernen Kunstgewcrbes; in seinen
zierlichen Ornamenten führt es historische Zahlen,
Wappen und sonstigen Symbole. Der Aufbau des
Ganzen ist klar und edel nnd die Gruppirung sv,
daß jede Fignr dem Betrachtenden gegcnüber, auf welcher
Seite er auch immer stehen mag, sich vollständig ent-
wickeln kann, so daß der Gcsammteindruck wirklich als
ein sosort dic Sinne scsselndcr und großartiger be-
zeichnet werden muß. Trotzdem drängt sich dic Frage
auf, ob nicht das Kunstwcrk sich nvch freier und leichter
gestalten würde, wenn der Dnrchmesser des Bassins
etwas größcr genommen worden wärc. Hoffentlich
 
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