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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 16.1881

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Schuster, J. H.: Zur Vollendung des Straßburger Münsters
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https://doi.org/10.11588/diglit.5793#0003

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16. Iahrgang.

Beiträge

find an ssrof. Dr. L. von
^ützow (wien, There-
sianunigasse 25) oder an

sH. October

Nr. 1.

Jnserate

ü 25 ssf. sür die drei

1880.

Beiblatt zur Zeitschrift für bilbende Kunft.



Zur Vollendung des Ltraßburger Nlünsters.
von I. ls. Schuster*).

dtach Wiedcrgewinnung der alten Stadt Straß-
burg, für die alle deutschcn Herzen schlagcn, nnd nach
der glänzenden Bollendung des Domes zu Köln, ist
cs ebenso eine künstlerische wie eine nationale Ehren-
Pflicht, der Vorfahren schweren Fehl an Straßburgs
Münster zu sühnen, zumal da der neueGlanz des Domes
von Köln dazu beitragen wird, das Münster von
Straßburg in tiefen Schatten zu stelleu. Nur der
VollendungSbau vermag solches Geschick zu wenden und
Erwins Münster den ihm gebührenden Rang auf
immer zu sichern.

Wohl ist im Laufe des letzten Decenniunis für
Straßburgs Münster schon außerordentlich viel ge-
scheheu. Die Belagerungsschäden sind beseitigt, ein
neuer, mächtiger Vierungsturm und die glänzenden
Malereien der großen Kuppel und der Apsis sind so-

*) Der Verfasser dieses Aufsatzes, k. preuß. Wasserbau-
inspektor Johann Heinrich Schuster in Zehdenick bei Berlin,
welcher am 1t. August d. I., 65 Jahre alt, plötzlich verschied,
war einer der begeistertsten Verfechter der Jdee, die Fa^ade
des Straßburger Münsters auszubauen. Das Manuskript,
welches nnr hier veröffentlichen und welches er für uns ver-
faßte, hat sich unvollendet in seinen Papieren vorgefunden
und wurde uns von den Seinigen zur Veröffentlichung ein-
gesandt. Wir kommen diesem Wunsche nicht nur aus Pietät
für den Verstorbenen, sondern auch in der Überzeu-
gung gerne nach, damit zur weiteren Diskussion über eine
Frage, welche jedenfalls der ernsten Erwägung aller patrio-
llschen Kunstfreunde höchst würdig ist, erneuten Jmpuls zu
«°ben. D. Red.

eben vollendet. Die neuen Prachtthüren des Haupt-
portals und neue Statncn schmücken das Münster,
nnd schon bereitct ninn die Freilegnng desselben vor.
Nichts fchlt dann noch znr gänzlichcn Vollendnng des
hcrrlichen Baues, als dic Vollendung des höchsten
Klcinods, welchcs uns Erwin in scinen beidcn glanz-
vollen Untergeschossen der Westfront hinterlassen hat,
dies Juwel, das noch von dem Alp crdrückt wird, mit
dem der Unverstand späterer Jahrhunderte dasselbe be-
lastet hat.

Vor einem Jahrhunderte schon lenkte der jugend-
liche Goethe in hoher Begeisterung für Erwin und sein
Wcrk die Blicke der deutschen Nation auf Straßburgs
Münster. Die Fremdherrschaft ließ den von Goethe
angeregten, schöpferischen Gedanken zur Vollendnng des
hehren Baues nicht zur Ausführung gelangen. — Kaum
war Straßburg zurückgewonnen, als drei Wochen nach
der Kapitnlation schon ein Aufruf zur Vollendung des
Münsters erging. Doch dieser Ruf mußte unter Rauch
und Trümmern notwendig verhallen. Abgeschcn von
der Zeit unbeschreiblichsten Leidens für Straßburgs
tief gebengtc Bewohner konnte auch der Gedanke keine
Begeisterung erwecken, das Bild des verfehlten Nord-
turmes als SUdturm zu wiederholen und dadurch
den vor Jahrhunderten begangenen Fehler zu ver-
doppeln und dnrch die Verdoppelnng um so krasser
hervorzuheben.

Völlig diamctral steht dcr jetzt ausgcsprochenc
Vollendnngsgedanke der danialigen Absicht gcgenüber.
Wir wollen die Fehler spätcrer Zcit nicht Verdvppeln,
sondern sie in Erwins Geiste verbessern und das
Münster als einheitliches Kunstwerk vollenden. Nicht
 
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