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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 16.1881

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Rosenberg, Adolf: Lessingausstellung in der Berliner Nationalgalerie
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Schulte vom Brühl, Walther: Die bildenden Kunst in Weimar, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5793#0037

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Die bildende Kunst in Weimar.

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stens erwies sich sein erstes Bild, welches auch unsere
Ausstellung eröffnet, als durch Ruysdael inspirirt. Es
lst der „Klosterkirchhos" von 1826, welcher aus der
akademischen Kunstausstellung jenes Jahres in hohem
Grade die Aufmerksamkeit der Künstler und der Kritik
erregte. Es ist von Jnteresse, hier zu rekapituliren,
wie der Kritiker des Cotta'schen „Kunstblatts" die
Arbeit des achtzehnjährigen Anfängers, die gleichwohl
schon fast alle charakteristischen Eigentümlichkeiten des
vollendeten Meisters im Keime enthielt, beurteilte.
„Unter den mancherlei Landschaften, heißt es im Jahr-
gange 1827, S. 162, zeichnet sich hier vor allen aus
eine von C. F. Lessing (Schüler des Prof. Dähling)
erfunden, und ihr gebührt in dieser Art, welche an
Rupsdael erinnert, der Preis: ein Kirchhof mit einer
alten morschen Tvtenkirche, verfallenden Mauern und
Grabmälern unter hohen Bäumen, und unter einer
alten Eiche ein neuer weißer Grabstein, welchen ein
gebrochener Sonnenblick durch das trübe Gewölk er-
hellet: ungesucht macht das Ganze einen einfachen
wehmütigen Ausdruck." Als Schadow, der durch diese
Landschaft aus den jungen Künstler aufmerksam ge-
worden war, ihm das Anerbieten machte, ihn nach
dem Rheine zu begleiten, sah sich Lessing auf dem
Gipfel aller Wünsche. Sollte sich ihm nun doch das
Land erschließen, welches mit seinen Burgen und Bergen
für ihn der Jnbegriff aller Romantik war. Während
er seine Studien als Historienmaler unter der Leitung
Schadows begann, blieb er als Landschafter auch am
Rhein Autodidakt, wie er es in Berlin gewesen war,
wo die Landschaft durch Schinkel eben erst über das
Niveau der Vedute hinausgehoben worden war. Seine
ersten Studien galten denn auch der Romantik der
beiden Rheinufer. Die frühsten in Blei und Kreidc
ausgcführtcn Blätter (Schlvß Rheineck, Schlvß Rhein-
stein, die Pfalz zu Andernach, die Klemenskapelle) tragen
die Jahreszahlen 1827 und 1828, und im Charakter
dieser Rhcingegenden ist auch die „Ritterburg am See"
(Nationalgalerie), eine freie, 1828 gemalte Kvnipvsi-
tion, gehalten. Noch bis zum Jahre 1857 hat Lessing
diese rheinischen Naturstudien fortgesetzt. Einen ent-
scheidenden Umschwung in seiner Naturausfassung rief
ein im Sommer und Herbst 1832 ausgeführtcr Ausflug
in die Eifel hervor, deren grandioser, ernster, feierlicher
Charaktcr einen sv mächtigen Einfluß anf ihn iibte,
daß er sortan für die meisten seiner Gemälde, namcnt-
lich für diejenigen, in welchen eine romantische Staf-
fage die Hauptrvllc spielt, die Grundstimmung abgab.
Wohl eine der ersten diescr Eifellandschaften, aus dem
Jahre 1834, besitzt die Nativnalgalerie; ebendaselbst
befindet sich auch eine der letzten, eine stimmungsvolle
Gewittcrlandschaft von 1875, wclche der Meister nvch
ans der Vvllen Höhc semcr Krast, im Vollbesitze der

koloristischen Mittel, welche er sich, mit der Entwicklung
der modernen Malerei rüstig fortschreitend, erworben
hatte. Unsere Ausstellung enthält nicht weniger als
fünfzehn landschaftlicheKvmpositionen(Ölgemälde,Aqua-
relle, Tuschzeichnungen u. s. w.), auf denen sich der
Eifelcharakter direkt nachweisen läßt und die bis zum
Jahre 1878 reichen, unter ihnen der „Vulkanische See
mit Kranichen" von 1836, eine Perle schlichter und
doch so empfindungsvoller Naturauffassung, die sich im
Besitze des Leipziger Museums befindet. Jhr kommt
an miniaturartiger Feinheit der Durchführung auf
kleinem Raume eine „Schlesische Landschaft bei Sonnen-
untergang" (1841, Nationalgalerie) am nächsten.

Jm Jahre 1836 besuchte Lessing zum erstcnmale
den Harz, wo ihm bei seinen Studien der Gesteins-
schichten die in Schlesien gesammelten Kenntnisse sehr
zu statten kamen. Das Bodethal lieferte seinem Zeichen-
stift eine Fülle von Motiven, die er mit bewunderungs-
würdiger Ausdauer verwertete, indem er Stein fllr
Stein, Schicht für Schicht in seiner naiven, noch fast
unbeholsenen Manier kopirte. Aus solchen Studien
konnte dann freilich eine so meisterliche Komposition
wie die „Schützen im Engpaß" (1851, Nationalgalerie)
erwachsen. Das letztere Bild gehört zu jenen Gruppen
von Gemälden, auf welchen sich die romantische oder
historische Staffage zu einer solchen Bedeutung erhebt,
daß sie der ganzen Komposition ihren Charakter aus-
drückt. Waren es in den frühern Jahren Ritter,
Räuber, Schmuggler, Mönche und Nonnen, mit welchen
Lessing seine Landschaften belebte, so traten später, als
er sich in seiner Naturauffassung immer enger der
realistischen Richtung anschloß, Landsknechte und Reiter
aus dem dreißigjährigen Kriege an ihre Stelle. Neben
jenen schvn erwähnten „Schützen im Engpaß" ist die
„Vcrteidigung eines Kirchhofs im dreißigjährigen Kriege"
(1848, Stadtgalerie zu Düsseldvrf) das bcste Bild
dieser Gattung, welche Lessing geschaffen und zugleich
zu höchster Blüte ausgebildet hat. Ju svlcheu Bildcrn
und in den Landschasten ist Lessings künstlerischc Be-
deutung für alle Zeiten fest begründet.

Adolf Noscnberg.

Die bildende Aunst in lVeimar.

(Schluß.)

Die Kuustschiilcr, dercn Mittcl es nicht erlauben,
sich das Leben und Treiben anderer, größercr Kunst-
städte, sich Sammlungcu und Galerien anzuschen und
alte Meister zu studiren, miissen vollständig vcrsaucru,
denn es siud immer nur wenige, welchen die Vvn der
Kunstschulc ausgesetzten Stipeudicn zum Kvpircn in den
Galerien zu Kasscl uud Dresden zu tcil werden.
Jn Weimar gicbt es zwar cin Muscum, aber die
 
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