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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 16.1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.5793#0056

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Kunstlitteratur. — Todssfälle, — Sammlungen und Ausstellungen,

W7

' Aunstlitteratur.

Rlissael-Wcrk, Sämtliche Tafelbilder und Fresken des
MeisterS in Nachbildnngen nach Kupferstichen und
Photographien herausgegeben von A, Gutbier,
Mit erlänterndem Tert von W, Liibke. Licht-
druck von M. Rommel. Dresden, Gntbier.
1880. 4.

Von diesem bereits in nnserer Nr. 36 des Vvrigen
Jahrgangs angekündigten höchst dankcnswerten Unter-
nehmen liegen uns jetzt die ersten sechs Hefte, mit 24
Tafeln, ungefähr ein Achtel des ganzen Werkes nebst
dem detaillirten Prospekte vor, so daß wir eine klare
Vorstellung von der Gesamterscheinung desselben ge-
winnen können. Von den zahlreichen andern Publi-
kationen der Schöpfungen des großen Urbinaten wird
sich diese neuste vor atlem durch ihre Vollständig-
keit unterscheiden. Allerdings hat anch sie sich Vvn
vornherein bestimmte Grenzen gesteckt: jeden Strich
von Raffaels Hand, jeden Entwurf seines unvergleichlich
frnchtbaren Genius werden wir in ihr nicht reprv-
ducirt finden; Handzeichnungen, Architekturen und die
angeblich von Raffael inspirirten Skulpturwerke bleiben
ausgeschlossen. Um so entschiedener soll der Maler
zu seinem Rechte kommen; seine sämtlichen Tafelbilder
sHeilige Kompositionen, Bildnisse und sonstige Dar-
stellnngen), fcrncr die Fresken nnd Tapeten wcrdcn
durch Lichtdrucke in dem Werke vertreten sein, und
zwar in der Mehrzahl nach Stichen, ausnahmsweise
nach Zeichnungen und Photographien: gewiß eine will-
kommene Sammlung sür jeden Kunstfreund, wie für
den Forscher nnd Lehrer.

Der erste Band wird die Tafelbilder nmfasscn,
und zwar die Heiligen Familien auf etwa 46 Bl., die
Bildnisse auf 19, die übrigen Darstellungen auf 28 Bl.,
jede dieser Kategorien in chronologischer Ordnnng.
Der zweite Band soll die Fresken und Teppiche bringen,
und zwar die Stanzen auf ungefähr 36, die Loggien
auf 18, die Farnesina auf 12, die sonstigen Fresken
anf 15, endlich die Tapeten auf 16 Blatt. Nach
dieser freilich erst annäherungsweise dcfinitiven Schätzung
dürste sich das Ganze auf etwa 190 Tafeln belanfen.
Dazu kvmmt cin erlänternder Text aus Lübke's Feder,
Welcher dem Werke auch in litterarischer Hinsicht seine
kunstgeschichtliche Bedeutung sichern wird.

Die vorliegenden sechsLieferungen des ersten Bandes
bieten zunächst eine reiche Auswahl aus der Folge der
Madonnen: die uns allen vertrauten holden Erschei-
nungen der Madonna del Grnnduca und der Jung-
frau imGrünen, derMadonnaTemPi, dellaSedia u.s.tv.
sowie einige weniger allgemein bekannte Heilige Fa-
milien, wie z. B. die mit dem Joseph ohne Bart in
der Ermitage, die erst durch Mandels Stich populärer

108

gewordene Madonna Panshanger (Paff. 23) u. a. swd
hier in mäßigem Quart übersichtlich aneinander ge-
reiht, und für diese meistens klemern, delikat ausge-
führten, die anmntigste Seite des Raffaelischen Geistes
offenbarenden Tafelbilder paßt das gewählte handliche
Format und die Technik des Lichtdrncks am besten,
letztere namentlich dann, wenn ihr in klaren Drucken
einfach behandelter Grabstichelblätter günstige Bor-
bilder geboten wurden. Weniger befriedigend ist
die Wirkung bei den größern Gemälden, wie z. B. bei
der auf Bl. 91 in Hest 1 reproducirten Transfigu-
ration, und sicher wird sich dieses Berhältnis bei den
Fresken noch fühlbarer machen. Wir tadeln jedoch
deshalb das vom Herausgeber gewählte kleinere Format
keineswegs; es ist uns immer erwünschter als die un-
gefügen Folianten der meisten Galeriewerke, und es
sindet namentlich bei Raffael dadurch seine innere Be-
gründung, daß das Eigentümliche an diesem ewig die
Grazie bleiben wird, für deren Ausdruck gerade dic
kleinere Bildfläche sich passend erweist.

Daniit sci die Aufmerksamkeit des Publikums
wiederholt auf das von kundiger Hand angelegte, tech-
nisch vvllendete und geschmackvoll ausgestatteteWerk hin-
gelenkt. Ein Schlußwort über dasselbe müssen wir uns
vorbehalten, bis es uns vollständig, auch in seinem
textuellen Teile, vorliegen wird. Nach der Ankündigung
des Verlegers dürfte der Abschluß des ersten Banves
noch vor Weihnachten, der des zweiten im kommenden
Frühjahr zu erwarten sein.

C. v. L.

Todesfälle.

Der Historienmaler Henri Schopin, geb. zu Lübeck am
12. Juni 1804, starb am 23. Oktober zu Montigny-sur-Bing.
Römischer Preisträgerv.J.183I, erhielt er 1854 Las Kreuz der
Ehrenlegion, auch war er Mitglied der kaiserlich russischen Aka-
demie. Die historische Galerie von Versailles besitzt mehrere
Schlachtenbilder und Porträts von ihm; an der Aus-
schmückung des 1871 zerstörten Pariser Rathauses hatte er
gleichfalls teilgenommen. — Am 28. Oktober starb zu Paris
der am 12. Oktober 1841 zu Granville geborne Landschafts-
maler Leon Herpin, ein Schüler von Daubigny und Busson.
1868 nahm er zuerst am Salon teil und erhielt 1875 eine
Med. 3., 1876 eine Med. 2. Klasse sür das von der Regie-
rung angekaufte Bild „Ansicht der Brücke von Sbvres".

Sammlungen und Ausstellungen.

L. Münchener Kunstverein. Als Wilhelm Kaulbach vor
Jahrzehnten seinen „Homer und die Griechen", sein „Zeit-
alter des Perikles" und seine „Reformation" schuf, da
sprach man von „Gedankenmalerei" und von der Unver-
träglichkeit von Philosophie und bildender Kunst. Und es
stand nun fest: man brauchte sich nicht länger mit Denken
zu plagen. Das war die Zeit der Vogelbauer flickenden,
Handschlitten schnitzenden und dazu ihr Pfeifchen schmauchen-
den Großväter. Aber keine Regel ohne Ausnahme; das
zeigt uns eine Reihe von Radirungen von Max Klinger, die
der Künstler namenlos in die Welt hinaus zu schicken für
gut fand, es dem Kunstkritiker eines Lokalblattes überlassend,
sie zu kommentiren. Durch letztern erfahren wir nun, daß wir
in diesen Blättern nichts geringeres vor uns haben als
! radirte Schopenhauerische Philosophie. Das erste Blatt zeigt
 
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