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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 16.1881

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Förster, Bernhard: Die Olympia-Ausstellung in Berlin
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5793#0104

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203

Kunstlitteratur,

204

Hierüber indessen und über eine Reihe anderer
Fragen in dem angekündigten Schlußberichte das Nähere.

Anfang Dezember 1880. B. Förstcr.

Aunstlitteratur.

I)r. Hcinrich Knbdcbo, Mathäns Donner und die
Geschichte der Wiener Graveur-Akademie in der
ersten Periode ihres Bestandes. Nach archivalischen
Akten. Mit urkundlichen Beilagen und Jllustra-
tionen. Wien, Verlag der Österr.-Ung. Kunst-
Chronik. 1880. 4.

Ein recht fleißig gearbeitetes und verdienstliches
Buch, das uns der um die Erforschung der Kunst-
thätigkeit und Kunstpflege in Österreich seit dem Be-
ginne der Barockperiode so eifrig bemühte und ver-
diente Autor kürzlich geliefert hat. Um den Text vor-
erst ganz bei seite zu lassen, so brauchen wir zur
Erhärtung dessen, was wir über die vom Ver-
fasser aufgewendete Mühe gesagt haben, nur auf
die Fülle von biographischen Daten über die
unterschiedlichen Münzmeister, Münzwardeins, Kunst-
freunde und Hof- und Ministerial-Banko-Deputations-
räte rc. rc. zu verweisen, die er in den Noten mitteilt
und für welche ihm wahrlich das Material nicht fertig
und zu beguemerem Gebrauche schon handsam zurecht-
gelegt vorlag, weder in Lexicis noch in sonstigen Vor-
arbeiten. Warum solche Arbeiten auf diesem Gebiete
leider noch entbehrt werden müssen, giebt Herr Dr.
Kabdebo treffend an. „Trotz ihres seltenen Formen-
reichtums, ihrer Grandiosität und ihrer Gefälligkeit
sind die beiden Stilarten (Barock und Rokoko) seit
langem in Acht und Bann gelegt, und mit ihnen alle
Meister, welche sie pflegten."

Der Verf. hat sein Buch in zwölf Abschnitte ge-
teilt, denen er noch eine Einleitung vorausgehen und
einen Fascikel von Urkunden und ein — besonders
Wertvolles — Verzeichnis der Werke Donners folgen
läßt. Jm ersten Abschnitte macht er uns interessante
Mitteilungen über Donners Vaterhaus und das Fa-
milienleben in demselben. Wir lesen, wie die Kinder,
welche späterhin so hohe Stufen auf dem Gebiete der
Kunst zu erklinimen bestimmt waren, schon hier niannig-
fache Anregungen zur Übung des Auges und der Hand
empfingen.

Jm zweiten, „Lehrjahre" überschriebenen Abschnitt
hören wir, daß nicht Gennaro, wie bisher irrtümlich
angenommen worden, sondern der Kammer-Medailleur
Benedikt Richter Donners Lehrer im Stempelschnitt
gewesen. Der dritte Abschnitt schildert die etwas ver-
rotteten Zustände des österreichischen Münzwesens in
jener Zeit, die Versnche, sie zu bessern, und die Menge
von Verdrießlichkeiten, welche die Berufnng Gennarv's

an die Wiener Münze für die dabei Jnteressirten im
Gefvlge hatte. Abschnitt 4 und 5 behandeln die Grün-
dnng der Graveur-Akademie; wir sehen, wie Donner
seinen eignen Herd gründet, sehen ihn zum „Münz-
eisenschneider" und gleichzeitig zum ersten Scholaren
jener Akademie ernannt. Er besucht Gennaro's Anstalt
nicht und gerät deshalb mit diesem in Konflikt, muß,
wie natürlich, am Ende auch den kürzern ziehen,
„seine Fehler bekennen und um Konfirmirung seinds
Amtes bitten" (x. 30). Jn diesen Kapiteln will es
uns bedünken, als hätte der Autor, wo es Gennaro
betraf, zu schwarz, und wo sein Held im Spiel ist,
aus leicht erklärbarer Begeisterung für ihn zu hell ge-
malt. Jm nächsten Abschnitt (6) folgen wir dem
Meister auf seinem Studiengange weiter, bis uns ein
in der Kunstgeschichte des damaligen Österreichs wichtiger,
vielleicht der wichtigste Moment Halt gebietet: die
Enthüllung des Brunnens auf dem neuen Markte aw
4. November 1739, dem Namenstage Karls VI. Es
ist ein Werk, an dem vielleicht jeder der Gebrüder
Donner seinen bescheidenen Anteil hatte. Mit ihm be-
gann „jener specifisch österreichische Bleiguß, welcher erst
nach Zauner sein Ende erreichte".

Jm 7. Abschnitt finden wir Donner als Prosessor
an der Hos-Akademie, im nächsten (8) als Direktor
der Graveur-Akademie, dann (am 25. Februar 1749)
„in gnädigster erwegung desselben unermühdeten Eiffers
vnd in der Müntz - Graveurkunst erfarnheit" von der
Kaiserin zum „Ober-Münzeiscnschneider" ernannt und
im nächsten Kapitel als solchen in Thätigkeit; wir er-
fahren weiter, wie der 49jährige Mann trotz achtzehn-
jähriger Erfahrungen im ehelichen Glück frischweg zur
zweiten Ehe geschritten, im folgenden Abschnitt (10), auf
Welche Weise er bald darauf aus dem Leben geschieden,
ohne viel zu hinterlassen, und (Abschnitt 11) wie seine
Witwe viel Not und Elend auszustehen hatte, weil sie
infolge hochobrigkeitlichen„Sichgehenlassens" dasWenige,
was sie von ihm geerbt, außer stande war in Geld um-
zusetzen; wie aber der Kaiserin Huld und Gnade jedes-
mal durch einen Machtspruch die Nachlässigkeit der Be-
hörden gut gemacht und ihr sothaner Weise geholfen: ein
lehrreiches Kapitel sowohl für die Schätzung des edlen
Sinnes der großen Kaiserin, als auch für die Beurteilung
der bezüglich der Erledigung von „dringenden" Stücken
bei manchen „Hofstellen" damals üblichen Geschwin-
digkeit. Die Aufhebung der Graveur-Akademie bildet
den Gegenstand des letzten Kapitels (12).

Niemand, der weitere Forschungen über die jener
Zeit angehörigen Denkmäler vornehnren will, wird an
Dr. Kabdebo's Arbeit achtlos vorbeigehen können. Das
Buch behandelt einen Mann, der in dem Wien der
Theresianischen Epoche eine große Wirksamkeit entfaltete,
den Ruf der österreichischen Medailleurkunst begründete
 
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