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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 16.1881

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Kunstlitteratur.

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377

Aunstlitteratur.

Dic Schatzkammcr dcs baycrischcn Köniyshanscs, mit

Text herausgegeben von Or. Emil von Schauß.

II. III. Nürnberg, S. Soldan. Fvl.

Der ersten Lieferung dieses Prachtwerkes, die ich
M der Kunstchronik Nr. 39 vom vorigen Jahrgange
lesprochen habe, ist in rascher Folge eine weitere
Doppellieferung angereiht worden, welche abermals in
wustergiltiger Ausstattung und in vorzüglichen Licht-
orucken von Arnold L Zettler in Miinchen vierzig
große Tafeln mit einer Reihe der kostbarsten und schönsten
Tegenstände aus der berühmten Münchener Schatz-
kammer vor Augen stellt. Der begleitende Text, ein
Muster von Sachkenntnis, Klarheit und Genauigkeit,
schildert die Thätigkeit derjenigen bayerischen Fürsten,
unter welchen die Sammlung ihre Begründung und
glänzendsteVermehrung gefunden hat. Herzog Albrecht V.
ist es namentlich, der in erster Linie als Stifter und
Förderer derselben angesehen wird. Schon unter ihm
sind es vorzüglich Münchener Meister, welche für diese
luxuriösen Arbeiten herbeigezogen werden; sie erhalten
die meisten und größten Aufträge. Namentlich wird
Hans Reimer genannt, ein geborener Mecklenburger,
von dem wir in der ersten Lieferung schon den pracht-
vollen goldemaillirten Krug vom Jahre 1572 kennen
gelernt haben. Die vorliegende Lieferung fügt dazu
den großsn, mit weißem Schmelzwerk und herrlichen
Saphiren geschmückten Goldpokal von 1563 und einen
blauemaillirten Becher von 1562, der sich besonders
durch edeln Aufbau auszeichnet. Der Ruf von der
Kunstliebe des bayerischen Fürstenhofes führte damals
aus aller Herren Ländern Künstler nach München hin,
die sich dort in die Zunft aufnehmen ließen. Wir
finden solche aus Würzburg, Thüringen, selbst aus
Holstein und Livland, darunter berühmte Meister, wie
den Niederländer Paulus van Vianen. Auch ein
Ungar Georg Zeggein aus Szegedin wird häufig
beschäftigt. Jn zweiter Linie zieht man auch Augs-
burger und in dritter Nürnberger Meister heran. Unter
ersteren wird namentlich Andreas Attemstett genannt,
der wie so viele andere scine Studien in Jtalien ge-
Macht hatte. Mit Recht würdigt sodann der Verfasser
die Verdienste Hans Muelichs, dessen Bedeutung für
die damaligen Münchener Kunstgewerbe man nicht leicht
Zu hoch anschlagen kann.

Unter Herzog Wilhelm V. treten bei dessen über-
wiegend religiöser Richtung die Bestrebungen für kirch-
üche Kunst in den Vordergrund. Doch fehlt es auch
unter ihm nicht ganz an Bemühungen für eine wei-
tere Ausstattnng der Schatzkammer. Jn seine Regie-
^ung fällt das Wirken jenes abenteuerlichen Künstlers
^alentin Drausch von Straßburg, dessen Lebensge-

schichte sich unseren Novellendichtern als willkommener
Stoff empfehlen dürfte. Jn glanzvollster Weise setzt
sodann Kurfürst Maximilian die Bestrebungen seines
Großvaters sort und verschafft durch den Neubau der
Residenz mit dem herrlichenAntiguarium und der üppigen
„Reichen Kapelle" den Sammlungen eine würdige Be-
hausung. Von seiner richtigen Einsicht zeugt schon die
eine Thatsache, daß er aus der Kunstkammer die natur-
historischen Raritäten ausscheiden läßt, die an anderen
Hösen noch lange mit den künstlerischen Schöpsnngen
verbunden blieben. So tritt bei ihm an dic Stclle
einer konfusen Raritätenliebhaberei der edle Sinn für
das Kunstschöne. Jn umfassendster Weise betreibt er
diese Jnteressen, nnd in dcr ganzen Welt unterhält cr
Agenten, welche ihm aus Jtalien und den Nieder-
landen, namentlich aus Amsterdam und Antwerpen,
aber auch aus Hamburg und anderen Orten Kunst-
werke und Kostbarkeiten verschaffen müssen. Aus seiner
Zeit stammt noch jener Prachttisch von Ebenholz, mit
einer landschaftlichen Jntarsia und mit Einlagen von
Silber, Lapisläzuli, Achat und Marmor, der in Augs-
burg von Georg Hertel und Lukas Kilian gearbeitet
wurde. Auch Maximilian bevorzugte neben den Augs-
burgern in erster Linie Lie Münchener Meister, nnd
noch mehr als zuvor wurde die Jsarstadt der Mittel-
punkt eines glänzenden künstlerischen Lebens.

Und doch ist unter ihm die Höhe der Renaissance
bereits überschritten, und die Formgebung neigt sich
immer cntschiedener dem Barockstil zu. Schwerfälligkeit
der Form und ssberladung mit Dekoration jeder Art
verkündet den beginnenden Verfall, der dann schon
unter Ferdinand Maria unaufhaltsam hereinbricht und
bald auch die frühere technische Meisterschaft sinken
läßt. Es ist ein Vorzug dieser Publikation, daß sie
ihren Schwerpunkt in den Werken aus der besten Epoche
der Renaissance findet. Doch fehlt es nicht an einzelnen
Werken, die der späteren Zeit angehören und auch hier
den unwiderleglichen Beweis beibringen, wie rasch die
gute Zeit zu Ende geht. Dahin gehören namentlich
gewisse Elfenbeinarbeiten, wie jener Krug mit dem
Relief einer Türkenschlacht <P. 4) oder jener andere
Krug (bä 3), der zwar in seinem Schnitzwerk besser ist
als jener, aber an seinem Henkel schon die Formen
des Rokoko aufweist. Auch sonst zeigt sich gerade in
den späteren Arbeiten ein gewisser Mangel im Aufbau
und in den Verhältnissen, wie z. B. der goldene Becher
(6. 82) mit der Statnette des Kaisers Matthias und
den Figürchen der Kurfllrsten in einer Nischenarchitektur,
welche den Umriß dcs Gefäßes stark beeinträchtigt.
Auch der übrigens prächtige silberne Becher mit schönen
Niellen (D 1), der als Augsburger Arbeit bezeichnet
wird, ist nichts weniger als mustergiltig im Aufbau.
Noch eine andere Augsburger Arbeit, eine stlberver-
 
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