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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 16.1881

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Wessely, Joseph Eduard: Die Restaurirung des Domes zu Braunschweig, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5793#0286

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Kunstlittsratur. — Sanimlungen und Ausstellungen.

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die Vorbereitung des alten Bundes, zur Darstellung
gekonnucn. Hierher gehören denn anch Mvses und
die Propheten, die nach dem himmlischen Jerusalem
hinlveisen. Dic Propheten erscheinen nicht chronvlogisch
riicksichtlich ihreS Lebens, svndern nach der chrvnvlv-
gischen Reihe des Wirkens Christi, wie dieses in ihren
Weissagungen verzeichnet ist. Anr Schlusse derselben,
ain siidlichen Vierungspfeiler, steht der letzte Prophet,
Jvhannes Baptista, der mit dem Finger nach dem
Lamme Gottes hinweist, das Heil also nicht in der
Ferne sieht, sondern seinen Eintritt in die Wirklichkeit
ankündigt.

An den Pfeilern des Langhauses sieht man ein-
zelne Figuren von Heiligen; einige ließen sich ergcinzen,
zwei, weil vollkommen zerstvrt, mußten durch neue er-
setzt werden. Was die Propheten am Gewölbe als
knnftig verkünden, dahin weisen die Heiligen als auf
etwas Vollendetes hin. Sie stehen hier unten, gleich-
'sank in der Mitte der Gemeinde, um Zeugnis abzu-
legen. Auf Wunsch des Abtes Thiele wurden an Stelle
der verschwundenen die Heiligen Ludger und Ansgar
gewählt. Die Wahl ist als eine glückliche zu bezeichnen.
Ansgar war Benediktiner von Corvey lder nordische
Apvstel genannt), und Ludger ist Patron des Herzogtunis.

So ist der Gedankengang der neuen Darstellungen
gevrdnct, und nian wird zugestehen, daß er in volleni
Einklange mit dem erhaltenen Bilderkreise steht. Es
ist^möglich, daßidie alten Künstler in der Gestaltung
dieser Gedanken vvn der neuen Ausdrucksweise abwichen,
vielleicht hier und da Einzelnes anders betonten; aber
das ist sicher, daß die Restauration vollkommen im
Geiste jener Zeit gehalten ist und nichts enthält, was
nicht bereits^damals Eigentum der künstlerischen Denk-
und Ausdrucksweise gewesen wäre.

2- E. Wessely.

Aunstiitteratur.

8n. Dce von der Stadt Köln veranstaltete historischc
Festzug, welcher dsn Glanzpunkt bei der Feier zur Vollen-
dung des Kölner Domes am 16. Oktober vorigen Jahres
bildete, ist von dem Maler Tony Avsnarius in einer Reihe
von Aquarellen dargestellt, welche nunmehr, durch Farben-
druck vervielfältigt, bei K. F. Köhler in Leipzig lieferungs-
iveise erscheinen. Jn einer Bildgröße von 56 : 21 oin geben
die sauber ausgeführten Blätter eine lebendige Vorstellung
von dem prächtigen Aufzuge und seinen mit künstlerischem
Geschmack angeordneten Gruppen. Die erste Lieferung bringt
auf zwei Tafeln dis nach dsm Entwurf von Fritz Röber
zusammengestellte erste Gruppe mit den Bürgermeistern und
Patriziern Kölns und deren Gefolge von Bannerträgern,
Frauen und Kindern in der Tracht des 13. Jahrhunderts,
sowie auf einem dritten Blatte dis von Ernst Röber insce-
nirten Reitergruppen, als deren Hauptfiguren König Wil-
helm von HollandHmd der Stadtgraf von Köln erscheinen.
Das ganze Werk) auf 10 Lieferungen iberechnet, wird
allen Festteilnehmern sin überaus wsrtvolles Erinnerungs-
zeichen sein.

Die bildenden Künste in der Schweiz im Jahre 1880.
Unter diesem Titel verösfentlicht der Präsident des Berner

Kantonal-Kunstvereins vr. B. von Tscharner eine sorg-
fältige Zusammenstellung aller Daten, die sich auf die Kunst-
bewegung in der Schweiz während dos verflossenen Zahres
beziehen. Der erste Abschnitt giebt eine Nbersicht über die
veranstaltetenKunstausstellungen unterAngabe der bemerkens-
wertesten Kunstwerks, mit denen sie beschickt waren, nnd der
finanziellen Ergebnifse. Der zweite Abschnitt ist den Museen
und Sammlungen gewidmet. Sodann wird über die öffent-
lichen Denkmäler und einzelne besonders hervorragende
Kunstwerke neuer und älterer Zeit bsrichtet, die bei der
Kunstbswegung des vorigen Jahres in den Vordergrund ge-
treten sind, ferner über die Kunstlitteratur, die Thätigkeit
der Kunstvereine und über die öffentlichen Kunstschulen. Den
Schluß bildet eine Totsnschau und als Anhang ist ein
Jahresbericht über den Bernsr Kantonal-Kunstverein bei-
gefügt. Dis verdienstliche Arbeit wird hoffentlich Anklang
genug finden, um zu einer Fortsetzung aufzufordern.

Sammlungen und Ausstellungen.

LZt. Münckeii. Von den zahlreichen Kunsthandlungen
unserer Stadt entfaltst kaum eine andere eine solche Rührig-
keit wie die Fleischmannsche Hofkunsthandlung, im
Besitze von Riegner und Sontheimer. Einem fremden
Kunstfreunde ist der Besuch ihrer Salons unerläßlich, wenn
er fich über den neuesten Stand der Münchener Kunst unter-
richten will. So sah ich dieser Tage daselbst das neueste
Werk von Gabriel M ax, das alsbald an seinen Bestimmungs-
ort, die Galsrie eines reichen Nordamerikaners, abging und
leider nicht im Kunstverein ausgestellt werden konnte, weil
der Eigentümer um schleunigste Übersendung telegraphirte.
Es ist schwer, dis vom Künstler dargestellte Situation mit
ein paar Wortsn zu kennzeichnen. Viellsicht gab er ihr
selber keinen Namen. So mag fich denn jeder das Bild
nach seiner Weise deuten! Der Künstler liebt ja Stoffe, die
ein Rätsel aufgeben. Jch erinnere nur an seinen „Herbst-
reigen". Jm Schoße einss eben zur Jungfrau erblühenden
Mädchens liegt mit Kopf und Oberleib ein gleichalteriger
Knabe. Jene hält denBlick auf dieBlätter einesBuches in ihrer
Hand geheftet, diessr schaut mit rückwärts gebeugtem Haupts
träumerisch in den tiefblauen Himmel hinein. Ob seelische
Bsziehungen zwischen ihnen bestehen, wer möchte es behaupten,
wer in Abrede stellen? Die Züge des rothaarigen Mädchens
find weder formschön, noch eigentlich durchgeistigt, aber voll
von innerem Leben und von einer gewissen Porträthaftigkeit.
Der Junge dagegen zeigt schon jetzt Festigkeit und Willens-
kraft. Nicht in 'der Charakteristik der jungen Leute, auch
nicht in der Komposition der Gruppe liegt der Schwerpunkt
des Bildes; er liegt im Zauber der Farbe. Wüßte man es
nicht, man fühlte es hier, daß Max kürzlich aus Venedig
heimkehrte, wo er ivieder die alten Meister studirte. Einige
andere nicht minder wertvolle Arbeiten gingsn dieser Tage
aus den Fleischmannschen Salons nach Wien. Albert Keller
variirte ein pikantes Thema in seiner feinen geistreichen
Weise: eine junge elegante Dame mit einem reizenden Ge-
sichtchen schlüpft in ihr Kleid. Gestern ein Griff ins antike
Leben und heute ein anderer ins modernste. Und überall,
im altrömischen Bade wie im Boudoir der Gegenwart, die-
selbe Zartheit dsr Auffasfung, dieselbe Durchgeistigung der
Form, disselbe Anmut des Gedankens, die nämliche Har-
monie der Farbengebung, die nämliche Delikatesse der
Technik. Eduard Grützner schwingt seit einiger Zeit nicht
mehr wie früher dis Geißel über das Mönchtum, behandelt
vielmehr mit Liebe deffen poetische Seiten. So auch in
seinem neuesten „Konzert im Kloster", das, wie seine figuren-
reichere „Siesta im Kloster", mit Hingebung musizirende
Mönche zeigt, denen der Abt und andere aufmerksam zu-
hören, das letztgenannte Bild aber an Abrundung der Kom-
position und Feinheit des Kolorits noch übertrifft und wohl
dss Meisters beste Leistung genannt werden darf.

b'ä. Der Berliner Nationalgalerie ist jetzt das auf
der letzten akademischen Kunstausstellung durch die Ver-
leihung der goldenen Medaille ausgezeichnete Gsmälde von
Vacslav BroLik einverleibt, das in figurenreicherKompo-
sition von lebensgroßem Maßstabe den Empfang der Ge-
sandten des Königs Ladislaus von Ungarn und Böhmen
am Hofe Karls VII. von Frankreich und die Überbringung
 
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