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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 16.1881

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Die Krugausstellung im Österreichischen Museum
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Prachtwerke deutscher Kunstindustrie
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https://doi.org/10.11588/diglit.5793#0293

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581

Prachtwerke deutscher Kunstindustrio.

582

gearbeitete Katalog der Ausstellung euthebt »ns auch
dieser Miihe.

Mögen im Verlaufe des Sommers recht viele
sich vvn ihm durch die Sammlung geleiten lassen, die
heute als eurvpäisches Unicum dasteht und bald wieder
in alle Winke verstreut scin wird!

3. F-s.

Prachtwcrke deutscher Auirstiirdustrie.

b'ä. Die Vermcihlung des Prinzeu Wilhelm Vvn
Preußen mit der Prinzessin Viktoria Augusta hat in
den Hochzeitsgeschenken, die dem jungen fürstlichen
Paarc dargebracht wnrden, cine Reihe vou Arbeiteu
hervorgerufen, die fiir das moderne Kunstgewerbe eine
Quelle reicher Anregungen bilden werden. Die über-
wiegende Mehrzahl dieser Gaben konnte zu der Hoch-
zcit selber nur in Zeichnungen und Modellen zur Über-
reichung gelangen, und schwerlich ist die Ausführung
sämtlicher Entwürfe srüher als gegen Ende deS
Jahres zu erwarten. Gleichwohl dürfte schon jetzt ein
kurzer Überblick über die aus jenem festlichen Anlaß
dem deutschen Kunstgewerbe erwachseneu Aufgaben,
dercn Ausführung gegenwärtig cine ansehnliche Zahl
von Künstlern und kunstgewerblicheu Werkstätten be-
schäftigt, nicht ohne Jnteresse sein.

Das in erster Linie zu nennende Geschenk, zu
dessen Widmung sich 96 prcußische Städte mit Bei-
trägen von ca. 300 000 Mk. verbanden, besteht in dem
silbernen Prachtgerät fllr eine fürstliche Galatafel zu
50 Gedecken, dessen einzelne Teile in anderer Aufstel-
lung wieder zu gleichem Zwecke für kleinere Tafeln
dienen sollen. Es setzt sich aus 27 Stücken zusammen,
und zwar aus einem Mittelaussatz, zwei Kandelabern,
die denselben slankiren, zwei kleineren Mittelaufsätzen
für die beiden Flügel der Tafel, zwei Prachtkannen,
zwei Weinkühlern, vier Jardinisren, vier allegorischen
Gruppen und zehn Armleuchtern. Der Entwurf des
Ganzen rllhrt von dem Baurat Ad. Heyden her,
dessen Talente wir eine erhebliche Anzahl der phan-
tasievollsten Leistungen auf kunstgewerblichem Gebiete
verdanken. An der Modellirung der einzelnen Stücke
sind bisher in erster Linie die Bildhauer Eberlein,
Brunow, Calandrelli, Geyer, Hundrieser,
Wiese und Bergmayer beteiligt, zu deneu sich
Siemering mit den an hervorragender Stelle an-
zubringenden Porträtreliefs des prinzlichen Paares ge-
sellt. Die Ausführung in Silber mit Hinzunahme
von farbigem Email und reicher Vergoldung ist den
Firmen D. Vollgold L Sohn, Sy L Wagner,
Humbert L Heylandt und Meyen L Co. über-
tragen. Sofern die Mittel es gestatten, soll dem
Schaugerät noch das weitere Taselgeschirr an Frucht-

und Kvnfcktschalen, silbermontirten Wciukannen nebst
Gläsern, Schüsseln, Tellern u. s. w. hinzugesellt werden.

Jn einer öffentlichen Ausstellung der übcrreichten
Hochzeitsgeschenke präsentirten sich nur einige der be-
deutendsten Stücke in versilberten Gipsmodcllcn, die
immerhin schvn cin annähcrndes Urteil über den künst-
lerischen Wert der Arbeit gestatteten. Jn üppiger Fülle
sind figürliche und ornamentale Bildungen als gleich-
berechtigte Elemente zu einem prächtigen nnd reich
bewegten Ganzen verbunden. Giganten und Tritvnen
lehnen sich als Stützen an die bauchigen Gcfäße und
die breit ausladenden Schalen an; Nymphen und
Satyrn, miteinander ringend und scherzend, tragen
die mit Blumen zu füllenden Muscheln, auf dercn
Rand sich Amoretteu wiegen; graziöse Putten und be-
schwingte Adler halten die mannigfach gestalteten
Wappenschilder; groteSke Masken und Delphinenköpfe
fügen sich in das Relicfornamcnt der breiten Sockel
und Umfassungcn ein. Wie die Aufgabe selber in jedem
Betracht über die unserem Kunstgewerbe bisher ge-
zogenen Grenzen hinausgeht, so ist auch in den Mit-
teln zu ihrer Lösung das Maß des Gewvhnten nach
jeder Seite hin überschritten. Einen fllr die ein-
heitliche Gesamterscheinung etwas störenden Mißgriff,
welcher der Fortuna, die in dem als Schiff geformten
Mittelstück auf rolleuder Kugel daherschwebt, einen
am Borderbug kniceuden Herold in Renaissancetracht
und ein ebenso kostümirtes, am Steuerrad sitzeudes
jugendliches Brautpaar gesellte, wird die definitive
Ausführung dem Vernehmen nach beseitigen. Aller-
dings wird damit der augenfällige Hinweis auf die
besonderen Beziehungen, denen das Prachtgerät seine
Entstehung dankt, verwischt werden.

An die Großartigkeit dieses Städtegeschenkes reichen
die übrigen Festgaben selbstverständlich nicht heran;
trotzdem bilden auch sie eiue stattliche Reihe meist ge-
diegener Leistungen. Jn ihrer künstlerischen Gestaltung
werden die bisher nur in Zeichnungen skizzirten Ge-
schenke der Provinzen Pommern und Schleswig-Holsteiu,
deren Ausführung gleichfalls von Ad. H eyden geleitet
wird, dem Tafelgerät am nächsten kommen. Die
erstgenannte Provinz widmet dem prinzlichen Paar
ein mit reichem Reliefschmuck verziertes silbervergoldetes
Dessertservice für 50 Personen, die andere zwei im-
posante, von Tritonen getragene und mit Kinderfiguren
als Wappenhaltern bekrönte Terrinen. Auch die Pro-
vinz Westfalen hat die künstlerische Leitung der Her-
stellung ihres Geschenkes Ad. Heyden anvertraut.
Dasselbe besteht aus einem dreiteiligen Taselaussatze,
der sich aus zwei von Figurengruppen getragenen Frucht-
schalen und einem mit dem heraldischcn Pferde be-
krönten, mit dem Relief eines westfälischen Brautzugcs
geschmückteu Humpen zusammensetzt; der Sockel des
 
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