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Die Ausstellung von Handzeichnungen alter Meister im Palazzo Poldi-Pezzoli zu Mailand.
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Beachtenswert ist daneben ein Blatt mit ver-
schiedenen ganz echten Skizzen von Bald. Peruzzi,
sowie die Figur eines auferstehenden Christus. (in
Rvtel) von Sodonia, eine Vorstudie zu seinem
Frescobilde im Pal. Pubblico in Siena. Nicht weit
davon mag der Kunstfreund sich an drei echten Feder-
zeichnungen von Albrecht Dürer erfreuen, worunter
die vom Jahre 1514, ein Bischvf mit zwei Priestern,
vvm Tode beglcitet, auS der Sammlung Bertini, be-
sonders hervorznheben sein dürfte.
Diesen gegenüber hat derselbe Besitzer in einem
und demselben Nahmen zwei herrliche Kvpfe (einen
in schwarzer, den anderen in roter Kreide) uns vor-
geführt, die zu der strengen und kräftigen Richtung
des italienischen Ouattrocento gehören. Jn dem ersten
ist nämlich die charakteristische Hand von Bartolomeo
Montagna ganz unverkennbar, im zwciten die von
Antonello da Messina wcnigstens mit großer
Wahrscheinlichkeit zu vcrmnten.
Auf derselben Wand fallen uns noch verschiedene
andere Blätter auf, die dem goldenen Zeitalter der
italicnischen Kunst und zwar besonders der florentinischen
angehören: Vvr allem zwei breit behandelte Kreide-
skizzen Vvn Andrea del Sarto zu seincn Grau in
Grau gcmalten Fresken im Klostergange degli Scalzi
zu Florenz; neben ihm ist sein würdiger Zeitgenosse
Fra Bartvlomeo durch einige anmutvolle Köpfe
und kteinere Figuren vertreten; dann ilRossoFiv-
rentino in ein paar guten Sepiastudien, Bachiacca
in einer Rötelzeichnung, die sich auf seine niedlichen
Bilder im ersten Saal des Pal. Borghese bezieht, u. s. w.
Von älteren Florentinern haben wir noch einiges von
FilippinvLippizn erwühnen, sowie eine kleine Skizzc,
die das Geprage des Ridolfo del Ghirlandajo
trägt und auf naive Weise die bekannte Episode von
Diana und Aktäon mit wenigen Federstrichen schildert.
Wir übergehen eine Anzahl heiterer, aber etwas
gemeiner und flauer Genueser und wenden uns weiter
zu einigen sehr bezeichnenden Frieskompositivnen in
Sepia von Polidoro da Caravaggio, die er wohl
zu seinen gewohnten Fassadendekorationen verwendet
hat. Daneben drei Blätter, mit der Feder ausgeführt,
wahrscheinlich von Giov. Francesco da S. Gallo,
dem Fortsetzer des St. Peterbaues nach seinem Onkel
Antonio, auf denen mehrere interessante Studien nach
antiken Bauwerken in Rom vorkommen.
Von Lombarden ist leider blutwenig aus der
älteren Zeit zn sehen; denn außer ein paar fleißigcn
Studien von Bramantino ist nur eine, sreilich sehr
geistreich gedachte und gewandt ausgeführte, wenn auch
flüchtige Zeichnung von Gaudenzio Ferrari zu
nennen. Sie stellt in kleinen, lebendig bewegten Figuren
das Abendmahl dar und gehört der reifen Zeit des
tüchtigen Künstlers an.
Wie weit selbst seine besten Nachfolger von ihm
abstehen, kann man nachweisen, wenn man daneben
die zwar fleißig ausgeführte, aber ziemlich geistlose Zeich-
nung von dem Maitänder Ambrogio Figino, aus
der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, betrachtet.
Als Studium zu einer Kirchenfahne, die zu Ehren
des Mailänder Schutzpatrons St. Ambrosius ausge-
führt wurde und sich im Municipalmuseum befindet, hat
die Zeichnung immerhin einen besonderen lokalen Wert.
Daß die Meister aus der späteren lombardischen Schule,
Canipi, Procaccini, Crespi n. a. m. besser ver-
treten sind, versteht sich von selbst.
Wichtiger aber sind für den Kunstkenner einige
Venetianer aus den Cinguecento und Bolognesen aus
dem folgenden Jahrhunderte, die man in einer weiteren
Abteilung vereinigt findet. Hier sei zuerst einer merk-
würdigen energischen Federzeichnung gedacht, die ganz
vereinzelt in ihrer Art dasteht und sowohl in der
Strichführung als in der Angabe der Formen durch-
aus den Anschein einer echten Studie von Tizian
hat. Der höchst malerische Gegenstand bezieht sich
auf die bekannte Fabel Vvn Jupiter und derAntiope und
scheint auf eine frühe Vorstufe in der Entwickelung
der Komposition des herrlichen Bildes im Louvre zu
deuten.
Diesem leider durch die Zersetzung der Tusche sehr
beschädigten Blatte reihen sich dann mehrere von zum
Teil nur selten vorkommenden Meistern an, wie
Paris Bordone, Bonifazio, dann einiges von den
Bassani und von Tintoretto und Palma Gio-
vnne, bis man aus die spätcren talentvollen Maler
der Nachblüte, die Tiepolo's, Canaletto's und
Guardi kommt.
Der große Annibale Carracci zeichnet sich
besonders durch ein edel aufgesaßtes Porträt eines
jungen Bolognesers in roter Kreide aus. Sonst ist es
Guercino, der sich in seinen graziösen und mit der
größten Leichtigkeit hingeworfenen Skizzen auch hier
als ein eigentümlich begabter Künstler kundgiebt.
Nicht weit davon sind auch einige Niederländer
ausgestellt, darunter zwei spaßhafte Kompositionen von
I. Jordaens, eine Sepiastudie von Honthorst zu
seinem Bilde im Belvedere zu Wien „Christus vor
Pilatus", endlich einige hübsche Landschaften und drei
ganz echte humoristische, mit einer dicken Feder kaum
angedeutete Figürchen von A. v. Ostade, sowie ein
nicht minder interessanter karikirter Franenkopf vom
alten Peter Breughel.
Steigen wir nun die elegante Treppe hinauf, so
kommen wir sofort in die der Sammlung Praher ein-
geräumte Galerie. Hier tritt uns zu allererst ein
Die Ausstellung von Handzeichnungen alter Meister im Palazzo Poldi-Pezzoli zu Mailand.
628
Beachtenswert ist daneben ein Blatt mit ver-
schiedenen ganz echten Skizzen von Bald. Peruzzi,
sowie die Figur eines auferstehenden Christus. (in
Rvtel) von Sodonia, eine Vorstudie zu seinem
Frescobilde im Pal. Pubblico in Siena. Nicht weit
davon mag der Kunstfreund sich an drei echten Feder-
zeichnungen von Albrecht Dürer erfreuen, worunter
die vom Jahre 1514, ein Bischvf mit zwei Priestern,
vvm Tode beglcitet, auS der Sammlung Bertini, be-
sonders hervorznheben sein dürfte.
Diesen gegenüber hat derselbe Besitzer in einem
und demselben Nahmen zwei herrliche Kvpfe (einen
in schwarzer, den anderen in roter Kreide) uns vor-
geführt, die zu der strengen und kräftigen Richtung
des italienischen Ouattrocento gehören. Jn dem ersten
ist nämlich die charakteristische Hand von Bartolomeo
Montagna ganz unverkennbar, im zwciten die von
Antonello da Messina wcnigstens mit großer
Wahrscheinlichkeit zu vcrmnten.
Auf derselben Wand fallen uns noch verschiedene
andere Blätter auf, die dem goldenen Zeitalter der
italicnischen Kunst und zwar besonders der florentinischen
angehören: Vvr allem zwei breit behandelte Kreide-
skizzen Vvn Andrea del Sarto zu seincn Grau in
Grau gcmalten Fresken im Klostergange degli Scalzi
zu Florenz; neben ihm ist sein würdiger Zeitgenosse
Fra Bartvlomeo durch einige anmutvolle Köpfe
und kteinere Figuren vertreten; dann ilRossoFiv-
rentino in ein paar guten Sepiastudien, Bachiacca
in einer Rötelzeichnung, die sich auf seine niedlichen
Bilder im ersten Saal des Pal. Borghese bezieht, u. s. w.
Von älteren Florentinern haben wir noch einiges von
FilippinvLippizn erwühnen, sowie eine kleine Skizzc,
die das Geprage des Ridolfo del Ghirlandajo
trägt und auf naive Weise die bekannte Episode von
Diana und Aktäon mit wenigen Federstrichen schildert.
Wir übergehen eine Anzahl heiterer, aber etwas
gemeiner und flauer Genueser und wenden uns weiter
zu einigen sehr bezeichnenden Frieskompositivnen in
Sepia von Polidoro da Caravaggio, die er wohl
zu seinen gewohnten Fassadendekorationen verwendet
hat. Daneben drei Blätter, mit der Feder ausgeführt,
wahrscheinlich von Giov. Francesco da S. Gallo,
dem Fortsetzer des St. Peterbaues nach seinem Onkel
Antonio, auf denen mehrere interessante Studien nach
antiken Bauwerken in Rom vorkommen.
Von Lombarden ist leider blutwenig aus der
älteren Zeit zn sehen; denn außer ein paar fleißigcn
Studien von Bramantino ist nur eine, sreilich sehr
geistreich gedachte und gewandt ausgeführte, wenn auch
flüchtige Zeichnung von Gaudenzio Ferrari zu
nennen. Sie stellt in kleinen, lebendig bewegten Figuren
das Abendmahl dar und gehört der reifen Zeit des
tüchtigen Künstlers an.
Wie weit selbst seine besten Nachfolger von ihm
abstehen, kann man nachweisen, wenn man daneben
die zwar fleißig ausgeführte, aber ziemlich geistlose Zeich-
nung von dem Maitänder Ambrogio Figino, aus
der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, betrachtet.
Als Studium zu einer Kirchenfahne, die zu Ehren
des Mailänder Schutzpatrons St. Ambrosius ausge-
führt wurde und sich im Municipalmuseum befindet, hat
die Zeichnung immerhin einen besonderen lokalen Wert.
Daß die Meister aus der späteren lombardischen Schule,
Canipi, Procaccini, Crespi n. a. m. besser ver-
treten sind, versteht sich von selbst.
Wichtiger aber sind für den Kunstkenner einige
Venetianer aus den Cinguecento und Bolognesen aus
dem folgenden Jahrhunderte, die man in einer weiteren
Abteilung vereinigt findet. Hier sei zuerst einer merk-
würdigen energischen Federzeichnung gedacht, die ganz
vereinzelt in ihrer Art dasteht und sowohl in der
Strichführung als in der Angabe der Formen durch-
aus den Anschein einer echten Studie von Tizian
hat. Der höchst malerische Gegenstand bezieht sich
auf die bekannte Fabel Vvn Jupiter und derAntiope und
scheint auf eine frühe Vorstufe in der Entwickelung
der Komposition des herrlichen Bildes im Louvre zu
deuten.
Diesem leider durch die Zersetzung der Tusche sehr
beschädigten Blatte reihen sich dann mehrere von zum
Teil nur selten vorkommenden Meistern an, wie
Paris Bordone, Bonifazio, dann einiges von den
Bassani und von Tintoretto und Palma Gio-
vnne, bis man aus die spätcren talentvollen Maler
der Nachblüte, die Tiepolo's, Canaletto's und
Guardi kommt.
Der große Annibale Carracci zeichnet sich
besonders durch ein edel aufgesaßtes Porträt eines
jungen Bolognesers in roter Kreide aus. Sonst ist es
Guercino, der sich in seinen graziösen und mit der
größten Leichtigkeit hingeworfenen Skizzen auch hier
als ein eigentümlich begabter Künstler kundgiebt.
Nicht weit davon sind auch einige Niederländer
ausgestellt, darunter zwei spaßhafte Kompositionen von
I. Jordaens, eine Sepiastudie von Honthorst zu
seinem Bilde im Belvedere zu Wien „Christus vor
Pilatus", endlich einige hübsche Landschaften und drei
ganz echte humoristische, mit einer dicken Feder kaum
angedeutete Figürchen von A. v. Ostade, sowie ein
nicht minder interessanter karikirter Franenkopf vom
alten Peter Breughel.
Steigen wir nun die elegante Treppe hinauf, so
kommen wir sofort in die der Sammlung Praher ein-
geräumte Galerie. Hier tritt uns zu allererst ein