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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 16.1881

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Brun, Carl: Der schweizerische Salon von 1881
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https://doi.org/10.11588/diglit.5793#0333

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661

Dsr schweizsrischs Salon von 1.881.

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Himmel ist grau überzogen, läßt aber an einigen
Stellen das Blau soweit durchblicken, um den erleuch-
tenden und erwärmenden Sonnenstrahlen zur Wirkung
zu verhelfen. Ein größeres Bild von Bosberg, „Am
Abend" betitelt, wird um so schöner, je mehr man sich
in dasselbe vertieft. Nechts im Vordergrunde dicht
belaubte Eichen, welche sich in einem Teiche wieder-
spiegeln, links, wo der Blick in dic Ferne srcigelassen,
sieht man die untergegangene Sonne ihren Abschiedsgruß
der Erde darbringen. Ein anderer in München lebender
Schweizer ist Adolf Stttbli. Die Landschaft, welche
er uns dieses Jahr bietet, ist etwas zu düster gehalten,
aber wie alles, was er malt, gut in der Luftperspek-
tive und stimmungsreich. Sein zweites Bild „Jn der
Umgebung des Ammersees", auf dem der Lieblings-
baum des Künstlers, die Birke, eine große Rolle spielt,
ist die hiesige Künstlergescllschaft so glücklich, zum Ge-
schenk erhalten zu haben. — Veillon hat uns mit einer
ägypstischen, in der Linie und Farbe wunderbar harmo-
nischen Landschaft überrascht. Er führt den Beschauer
zur Abendzeit in der Nähe von Kairo an den Nil.
Segelschiffe gleiten leise auf dem Flusse dahin, am Ufer
wachsen Palmen, und in der Ferne gewahren wir
Schattenbildern gleich die Minarets der Stadt. Gleich
gut wie im Orient ist der Künstler im Norden zu
Hause, wie seine „Erinnerung an Holland" zeigt. Jm
Hintergrunde sieht man Haag mit seinen Türmen sil-
houettenhast am Horizonte auftauchen, imVordergrunde
grüne Wiesen, auf denen Vieh weidet, und einen Kanal,
an welchem eine Windmühle liegt. Daß das Bild
in der Linie schön, ist nicht so sehr das Verdienst des
Meisters, als das der Natur, die Holland verschwen-
derisch mit malerischen Motiven ausgestattet hat.
Hübsch, aber etwas skizzenhaft behandelt, ist ein dritteS
Bild Veillon's, der Genfersee"in herbstlicher Stinnnnng.
Anna Fries in Florenz hatte ebenfalls ttgyptische
Landschaften auf der Ansstellung, darunter eine Mond-
scheinlandschaft. Nach meiner Ansicht svllten Mond-
scheinnächte nicht Gegenstand der Malerei sein, da
niemand imstande ist, bei Nacht eine Studie nach der
Natur zu machen. Jch zweisle, ob man, wenn der
Mond am Himmel, so viel vom alten Thore zu Kar-
nak sehen kann, wie Frl. Fries uns sehen läßt, be-
sonders wenn der Horizont so wolkig ist, wie anf ihrem
Bilde. Erwtthnenswert stnd noch ein als „Spätabend"
bezeichnetes Gemttlde von Schmidt, das eine Partie
am Zürichersee an einem hellen Oktoberabend' fixirt,
einige italienische Landschasten von Dünant, ein Paar
lichtvolle Stücke von Ercole Calvi, eine Marine bei
Torre del Greco mit gutgezeichneten Figuren von Vit-
torio Avanzi und endlich mehrere im Ton nnd in der
Linie gleich feine Landschaften von Geisser und Zel-
ger. Robinet studirt mitVerstttndnis dic Schönheiten

des Vierwaldstttdter Sees; er hat sich aber wohl davor
zu hüten, iin Detailliren weiter zu gehen, als er es
bis jetzt thnt. Er möge sich ein warnendes Beispiel
nchmen an jener Felsenschlucht von Jost Pfyffer, in
welcher die schon an nnd für sich nicht gerade male-
rische Nagelsluhe mit so peinlicher Sorgfalt kopirt ist,
daß sie schier animalisch zu leben scheint. Schließlich sei
noch Nüdisühli'S„Verlassene Partie", Jules Hvberts
„Hampton-Court Park", Ravensteins „Ariccia bei
Sonnenuntergang" und das malcrische Schloß Vüfflens
von Holzhalb erwähnt, sowie der sauber ausgesührten
Aquarelle Zimmermanns gedacht.

Von Tierstücken ist uns nur das eine, „Die Hcu-
ernte" von Rudolf Koller, im Gedächtnis, wohl ein
Hauptwerk des Meisters. Frauen nnd Mttnner beeilen
sich, das Heu auf den Wagen zu bringen, bevor das
am Himmel drohende Gewitter losbricht. Die vorge-
spannten Tiere werden scheu, Lesonders bäumt der
Schimmel, welcher uns übrigens schon von der Gott-
hardpost her bekannt ist, wild empor. Ein Bnrsche
in blauer Bluse müht sich ab, mit der Peitsche das
Gleichgewicht wieder herzustellen. Ungemein viel Be-
wegung und Handlung ist auf dem Bilde; seit seiner
„Gotthardpost" hat Koller sich wohl nie wieder zn solch
dramatischem Leben erhoben.

Es erübrigt noch ein Wort über die Blumenstücke,
die Stillleben und die wenigen Werke der Plastik.
Die Blumenmalerei wird mehr und mehr Domäne
der Damen, wofür auch unsere Ausstellung einen Beleg
bietet. stiamen wie Anna Peters und Clementine
Stockar-Escher sind längst geschätzt, ihnen zur Seite
steht als jüngere Krast Marie Veillon. Unter den
Stillleben müssen diejenigen vvnFrl. Frey und Joseph
Correggio mit Anerkennung genannt werden. Das
Stillleben von Correggio ist zwar etwas langweilig in
der Komposition, aber gut gemalt.

Die Bildhauerkunst war durch Prof. Keiser und
durch Hörbst vertreten, ersterer hatte Arbeiten in
Marmor, letzterer solche in Gips ausgestellt. Von
Keiser sind ein Christus mit der Dornenkrone auf dem
Haupte nnd ein schlafendes Kind, von Hörbst charak-
teristische Zigeunerköpfe und dasModell zu einer Statue
des Andreas Geßner hervorzuheben.

Bevor wir Abschied nehmen von der Ausstellung,
sei noch ein Wunsch ausgesprochen, nämlich der, daß
künstig auch die Architekten unsern Turnus beschicken.
Es WLre dies lobenswert und sehr wichtig sür die Er-
ziehung des Laien. Die Architektur ist die positivste
der bildenden Künste, und das Verstttndnis der archi-
tektonischen Formen eine Vorbedingung für das Ver-
ständnis der Malerei und der Bildhauerkunst.

Zürich, den 28. Juni I88>. Carl Bnm.
 
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