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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 16.1881

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Die Festbauten zum VII. Bundesschießen in München
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Die Porträtausstellung in Stuttgart
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https://doi.org/10.11588/diglit.5793#0335

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Die Porträtausstellung m Stuttgart.

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als dieser und zu beiden Seiten ebenfalls von je zwei
Türmen flankirt, dercn Bcdachnng ans Stroh und
Tannenreisig bcsteht. Auch hier ist das Balkenwerk
dnrchweg rot angcstrichen, die Felder sind zum Teil weiß,
znin Teil wiedcr mit den baycrischen Rauten in einer
Weise, zumal am Sockel bemalt, die in durchans gar
keiner Beziehung zu dem struktiven Wesen des Baues
steht. Nicht mit Unrecht wurde gesagt, daß ein Schaffot
sehr passend zu diesem altertümelnden Gebäude passen
würde. Das Änncre ist rvh, alles Balkenwerk sichtbar,
und nur stellenweise durch einige Diagonalen und
Gurtbogen in Grün, die ganz schwach die Jdee eines
Gewölbes geben, maskirt. Jn den Flügeln znmal sind
die Verhältnisse sehr gedrückt und erinnern durchaus
nicht an den wahren Begriff einer festlichen, weiten
Halle. Nebenbei sei bemerkt daß der ganze Bau blos
2500 Personen zum Sitzen beherbergen kann.

Als drittes Specimen eines Stiles kann die Schieß-
hütte gelten, die, soweit ihre rein praktische Seite es
erlaubt, den oberbayerischen Holzstil zeigt.

Reizend sind zum Teil die kleinen Wirtschaften
zur Schützenlisl, zum wilden Jäger, zum blinden
Schützen und zum goldenen Hirsch, Architekturen, wie
man sie auf den Dürerschen und andern alten Stichen
sieht. Ob's nicht gegangen wäre, die Gensdarmerie-
statiou, die sich in einem angestrichenen Säulentempel
befindct, auch ans diese Art zu gestalten? Bcsser hätt's
sicher gepaßt. ? ?

Die Porträtausstellung in 5tuttgart.

Die Porträtausstellung, welche der Württem-
bergische Kunstverein, in deni vom König Karl hierzu
überlassenen Saale des Königsbaues veranstaltet hat,
fordert in hohem Grade das Jnteresse der Kunst- und
Geschichtsfreunde heraus. Beinahe achthundert Bild-
nisse aus verschiedenen Zeiten und Schulen sind aus
allen Teilen des Landes zusammengebracht und manche
bedeutsame Persönlichkeit sehen wir darunter vertreten.
Der Architekt R. Stier hatden Raum zweckmäßig und ge-
schmackvoll hergerichtet und Professor von Rustige das
Aufhängen der Bilder geleitet. Dem Katalog wird durch
die von W. Lübke verfaßte Einleitung ein nicht ge-
wöhnlicher Wert verliehen. Jn kurzen Zügen giebt
Lübke einen Überblick über die Entwickelungsgeschichte
der Porträtmalerei mit besonderer Berücksichtigung des
hier Gebotcnen. Der Katalog selbst hat sich meist auf
die Nennung des Namens der Künstler und der Dar-
gestellten oder auf kurze biographische Notizen be-
schränkt. Mehrere Bilder, die erst nachträglich ein-
gingen, konnten darin nicht mehr verzeichnet werden.
Die Anordnung ist, so viel wie möglich, eine chrono-

logische und demgemäß der Raum in fünf Abteilungen
geteilt, die von den Werken der alten Zeit allmählich
zur Gegenwart hinüberführen.

Von Dürer ist nur ein großer Holzschnitt seines
vortrefflichen Porträts des kaiscrlichen Rates Ulrich v.
Barnbüler vorhanden, von seinem Schüler Georg Pencz
dagegen ein vorzügliches Abbild des Ulmer Ratsherrn
Sigmund von Baldinger, geb. 1510, Kniestück in
Lebensgröße. Aus der Schule Holbeins stammt ein
charakteristisches Porträt des hochsinnigen Herzogs
Christoph von Württemberg. Von Martin Schaffner
sinden wir vier schätzbare Werkc, darunter den reichen
Kaufherrn Welser. Merkwürdigerweise ist der pro-
duktive Lukas Kranach nicht selbst, sondern nur seine
Schnle durch ein Kostümbild vertreten. Vvn unbe-
kannten alten dcutschen Mcisteru rühren mehrere Bilder
her, die durch die dargestelltcn Personen Jntercsse er-
wecken: so die Hochmeister des deutschen Ordens Ludwig
und Konrad vvn Ellrichshansen (regierten von 1441 bis
1449, bez. von 1450—1467), mehrere Ratsherren der
Stadt Hall, die Grafen Heinrich, Georg und Otto von
Truchseß-Waldburg, die Gräfin Jacvbäa von Hohen-
zollern-Sigmaringen (gestorben 1650) u. a. Aus den
Zeiten des dreißigjährigen Kriegs stammt ein Bild-
nis des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar und
des Obersten Conrad Widerhold, des ruhmwürdigen
Verteidigers der Feste Hohentwiel gegen die Franzosen,
gemalt von I. Pfannstil 1664.

Sehr gut vertreten ist die Niederländische
Schule dnrch Michael vvn Mierevelt, van Dyck, va»
der Helst, Weybrandt van Geest, Rembrandt, Bloe-
niaert, Ferdinand Bol, Terborch, Kaspar Netscher,
Karel de Mor, Pourbus, Metsu u. s. w., von deren
Werken viele der kvniglichen Staatsgalerie entnommen
sind. Derselben gehört auch ein vortrefflicher „Falken-
jäger" an, den man irrtümlicherweise deni Frans Hals
znschreibt.

Das einzigeBild italienischer Abstammung, dem
Andrea del Sartv zugeschriebcn, kaun, so wertvoll es
anch crscheint, kaum von diesem Meister, sondcrn, Ivie
Lübke meint, von einem Oberitaliener gemalt sein.
Die spanische Schule ist durch einen männlichen
Kopf von Velazquez und ein von einem unbekaunten
Mcister herrührendes fein individualisirtes Bilduis des
Papstes Clemens XII. repräsentirt.

Weit reichhaltiger ist natürlich die Saminlung
an Werken späterer Epochen, zu denen Christoph Pauditz
(gestorben 1667) mit einem Porträt dcs Kupferstechers
Wenzel Hollar und Denner niit einem Frauenkopf
hiuttberleiten. Der Ungar Kupetzky (gestorben 1740)
ist durch fünf Bilder, darunter drei SelbstPorträtS,
vertreten und der Lothringer Guibal (gestorben 1784),
 
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