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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 16.1881

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Der Neubau des Kunstgewerbemuseums zu Berlin
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Das Frankfurter Panorama
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https://doi.org/10.11588/diglit.5793#0374

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743

Das Frankfurter Panorama.

744

wie in den anschließenden Seitenfassaden; in den ver-
bindendcn Friesstreifen aber, die sich zwischen die
Briistungen beider Geschosse einfügen, haben die von
O. Lessing modellirten, von ornamentalem Blatt-
werk eingefaßten deutschen Wappen ihren Platz ge-
funden. Durch die aus Umrahmungen von farbiger
Majolika hervorlcuchtenden Glasmosaiken des obersten
Stockwerks endlich werden die in der Geschichte des
Kunsthandwerks am bedeutsamsten hervortretenden Zeiten
und Länder repräsentirt. Es sind in den acht Pfeilern
der Hauptfront, von links nach rcchts aufeinanderfolgend,
China-Japan, Ägypten, Jndien, Persien, Rom, die
romanische Kunst, die Gotik und die Renaissance, die
in den sechs mittleren Feldern durch je eine sitzende,
in ihrer Tracht und ihren Attributen auf die betreffende
Periode hinweisende Einzelgestalt, in den beiden ob-
longen Eckfeldern durch die Gruppe einer weiblichen
und einer ihr zugesellten Knabenfigur versinnlicht werden.
An diese acht Darstellungen, von denen die vier ersteren
von Ewald, die vier letzteren von Gesellschap kom-
ponirt sind, schließt sich in dem anstoßenden Eckfeld
der westlichen Front als neuntes, ebenfalls von Gesell-
schap herrührendes und durch seine schwungvolle Be-
handlung besonders fesselndes Bild dasjenige der alt-
griechischen Kunst an, eine in edler Haltung dasitzende
Frauengestalt in weißer Gewandnng, nebcn der ein
Knabe die Bronzestatue des olympischen Zeus empor-
hebt. Auf der anderen Seite der Westfassade entspricht
diesem Mosaik eine Wiederholung der die chinesisch-
japanische Kunst verkörpernden Gruppe, während in den
beiden Eckfeldern der Ostfront die griechische und die
Renaissancekunst noch einmal wiederkehren, in den je
sieben mittleren Pfeilern der beiden Seitenfassaden aber
an die Stelle der Mosaiken farbig glasirte Thonreliefs
treten, deren Ornament, von O. Lessing modellirt,
das aus antiken Terrakotten bekannte Motiv einer auf
leichtem Rankenwerk sich erhebenden, symmetrisch be-
wegten weiblichen Figur zeigt.

Jhren besonderen Schmuck hat schließlich die bereits
erwähnte Pvrtalanlage der Hauptfront erhalten. Auf
den Treppenwangen, zwischen denen die Stufen zu der
Vorhalle emporführen, sind hier die nach den Modellen
von Sußmann-Hellborn in Sandstein gearbeiteten
sitzenden Kolossalstatuen Holbeins und Pcter Vischers
aufgestellt, von denen ersterer sinnend Buch und Griffel
in den Händen hält, während der andere in der Bear-
beitung einer Säule des Sebaldusgrabes begriffen ist.
Von Sußniann-Hellborn ist ferner der untere Schaft
der beiden Säulen der Vorhalle mit einem Rclief von
Kinderfiguren verziert, die, zwischen Kandelabern und
Fruchtgehängen einherschwebend, auf Stndium und
Ubung des Knnsthandwerks hindeuten. Zwei ähnliche
Säulen mit reich ornamentirtem Fuß glicdcrn das übcr

dem Portal aufragende, von vorspringenden Pilastern
eingefaßte stattliche Mittelfenster des zweiten Stock-
werks, das, dem durchgehenden Motiv der Fassaden-
bildung entsprechend, unmittelbar auf dem Gesinis des
unteren Hauptgeschosses aufsetzt. Sein breites, den
Fries unterhalb des obersten Geschosses durchschneiden-
des Giebelfeld zeigt statt der von O. Lessing für die
übrigen Fenster dieser Etage modellirten ornamentalen
Füllungen ein von Siemering herrührendes Sand-
steinrelief niit den zu beiden Seiten einer kolossalen
Athenebüste gelagerten Figuren des erfindenden und
des ausführenden Künstlers, so daß hier der Gedauke,
der den Statuen der Treppenwangen zu Grunde liegt,
noch einmal wiederkehrt.

Aus der Vorhalle gelangt man durch eine von
Ed. Pnls mit gewohnter Meisterschaft in Eisen ge-
schmiedete Flügelthür, die von zwei Säulen aus gelb-
geadertem Marmor und der von ihnen getragenen
Sandsteinverdachung umrahmt wird, in das einstweilen
noch in der Herstellung begriffene und deshalb unzu-
gängliche Jnnere des Gebäudes. Erst in einigen
Wochen wird von den Leistungen der verschiedenstcn
kunstgewerblichen Techniken, von den dekorativcn Male-
reien von Schaller und Meurer und von den
majolikaartig bemalten Reliefkompositionen von Geyer
und Hundrieser zu berichten sein, die miteinander
wetteifern, um dem Hause, das die Schöpfungen alten
und neuen Kunsthandwerks in sich bergen soll, den
ihm gebührenden Schmuck zu verleihen und zugleich
in einer Reihe auserlesener Proben den lebendigen
Anfscbwung uuserer dekorativen Knnst darznthun.

Das ^rankfurter panoranra.

V. Seit etwa einem Jahre erhebt sich in der
Nähe des Frankfurter Palmengartens ein mächtiger
Rundbau, welcher die geschmackvolle Hülle eines Pano-
ramas darstellt. Frankfurt, das immer mehr durch
prächtige und großartige Einrichtungen den Charakter
einer Großstadt annimmt, ohne glücklicherweise die
Annehmlichkeiten einer behaglichen Beschränktheit der
Ausdehnung zu verliercn, konnte selbstverständlich
dieses großstädtischen Reizes nicht länger entbehren,
welcher denn auch unablässig Scharen von Besuchern
herbeizieht. Und nicht mit Unrecht. Denn wenn man
sich über das Unkünstlerische der Grundtendenz, wclche
in der Herbeiführung einer möglichst großen Täuschung,
einer Verwechselung des Scheines mit der Wirklichkeit
besteht, hinaussetzt, so wird man gern zugesteheu, daß die
Maler hier ganz Vortreffliches in seiner Art geleistet
haben. Auch was die Täuschung bctrifft, siud sie schr
maßvoll gewescn. Während z. B. im Antwerpener,
von Verlat entworfenen Panorama Dutzende von Per-
 
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