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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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21

Korrespondenzen aus Paris.

22

Aorrespondenz.

Paris, Anfang Oktober. (Schluß.)

Bvn den Architekten läßt sich mit Rccht behaupten,
daß sie ihre schönste Zeit in Rom verbringen. Jhr
Thun und Schaffen gehört ins Reich dcr Phantasie,
in die Vergangenheit. An dieser Stelle vertritt ihnen
kein bornirter Unternehmer, kein anmaßender Geldsack
dcn Weg; es ist die Welt des Schönen, die sie bebauen
nnd bewohnen. Wahrlich, zu beklagen ist der arme
Herr Blondel, der nach Pans zurückkehrt, um hier
fünfstöckige Kasernenhäuser auszuführen, der aber wahr-
schcinlich lieber nach Wien ginge, wo es möglicherweise
Paläste und Denkmäler zu errichten giebt. Er ist sehr
talentvoll und hat übrigens auch die Ehrenmedaille
für Architektur auf unserer diesjährigen Ausstellung
erhalten. Also zwei große Künstler, ein Architekt und
ein Bildhauer! Das läßt sich doch noch hören, und
es scheint demnach wohl der Mühe wert, unserer römi-
schen Schule noch einige Schonung angedeihen zu lassen.

Das eben Gesagte veranlaßt mich, noch einiges über
die unseren Kllnstlern gelegentlich des Julifestes ver-
liehenen Dekorationen beizufügen. Das Offizierskreuz
der Ehrenlegion ist endlich dem langjährigen Ritter
dieses Ordens, Herrn Heilbuth, zuerkannt worden, der
in so glänzender Weise die Aguarellmalerei wieder bei
uns zur Blüte gebracht hat. Ein köstliches Gemälde
hatte er für die Ausstellung geliefert, das dieser Aus-
zeichnung znr Begrllndung diente.

Vermittels der Ernennungen wird der Ruhmesgrad
bezcichnet, zu dem der Künstler gelangt ist, wie z. B. bei
den Herren Detaille und Neuville, die beide zu
Osfizieren ernannt worden sind. Das Ritterkreuz erhielt
Herr Butin, ein sehr talentvoller Maler. Er zeichnet
sich aus durch die Darstellung von Küstenlandschaften
und hat vorzugsweise Motive aus der Normandie mit
großer Naturwahrheit behandelt. Da die Künstler sich
sclber größer erscheinen, wenn sie dekorirt sind, so wvllen
Ivir es machen wie sie und sie um so mehr bewundern.

Sorgen Sie nicht, daß ich Sie, wenn ich jetzt
auf den Senat zu sprechen komme, von Modifikationen,
Reformen oder gar von Revisionen unterhalte; auf
das Feld Ler Politik werde ich mich nicht verirren,
ebenso wenig die Wahlkampagne streifen, die wir
kürzlich durchzumachcn hatten. Freilich spielte der
Senat darin eine große Rolle, und übel genug mags
ihm zu Mute sein. Zwar seine Rekrutirungsmethode
kümmert mich nicht im geringsten, desto mehr aber
interessirt mich seine Jnstallation und das Unbehagen, das
er seinen Nachbarn verursacht. Doch, verstehen Sie mich
recht, und erfahren Sie, salls es Jhnen noch nicht bekannt
sein sollte, daß daS Palais Luxembourg dcn Sitzungssaal

des Senats samt den zugehörigen Bureaus einschließt,
dagegen der eine Flügel dieses Gebäudes für die per-
manente Ausstellung der Üoolo moäorno in Beschlag
genommen ist. Nur Lebende dllrfen hier ausgestellt
werden, und sollte man dessenungeachtet Toten begegnen,
so haben diese sicher erst seit kurzem der Erde Valet
gesagt. Die Zweckmäßigkeit eines derartigen Museums
ist augenfällig, und gerade deswegen ist es um so mehr zu
beklagen, daß der dafür zugestandene Raum so sehr
kärglich bemessen wurde. Der Senat zürnt, daß das
Museum ihu genire, und dieses wiederum seufzt über
die Enge, in die es von Senats wegen getrieben wordcn.
Es ist ein Kamps ums Dasein, der an die Fabel vom
eisernen und irdenen Topf erinnert.

Auf Seiten des bedrängten Museums stehen selbst-
verständlich alle Freunde der Kunst; allerdings keine
imposante Macht, die jedoch an dcm berühmten Kon-
servator, Etienne Arago, dem zeitigen Vorstande des
Museums, eine gewichtige Stütze erworben hat. Aber
wird dieser das Kunstinstitut behüten und ihm eine
angemessene Unterkunft verschaffen können? Leider
bleibt das ebenso fraglich wie wünschenswert.

Jn seiner jetzigen Verfassung dient unser modernes
Museum eigentlich zu nichts. Nicht unähnlich ist es
einem zu engen Reisekoffer, in welchen der eilige Reisende
seine Effekten zusammenpreßt. Ob diese geordnet oder
durcheinander liegen, kommt hier weniger in Frage
als daß alles, einerlei wie und wo, untergebracht werde.
Klappt dann der Deckel zu, oder ist die Thür ge-
schlossen, so sind Reisender und Pförtner zufrieden ge-
stellt. Welches Ziel erstrebte nian denn eigentlich dnrch
die Errichtung eines Museums für moderne Skulptur
und Malerei in der Hauptstadt Frankreichs? wollte
man etwa den Parisern Gelegenheit geben, sich an den
W erken ihrer großen Zeitgenossen zu weiden? Schwer-
lich war das allein der leitende Gedanke, denn diese
setzen nie den Fuß hinein. Das Hauptkontingent der
Besuchenden besteht in erster Linie aus den Frem-
den, die sich durch den Augenschein von dem Werte
unserer zeitgenössischen Schule überzeugen wollen, so-
dann aus den jungen Studenten, Zöglingen unscrer
Looio äos dsnnx-nrtL, die zu sehen wünschen, wie ihre
Vorgänger die Dinge anpackten, und gern erfahren,
ob ihre Lehrer die Theorie aus der Unterrichtsstunde auch
in die Praxis übertragen. Daniit dem Fremden ein
Maßstab, unseren jungen Kunstbeflissenen die geeigneten
Vorbilderzuteil werden, dazu also dienen die an denWän-
den aufgehängten Gemälde und die in den Sälen aufge-
stellten Statuen. Diese unvergleichliche, aus den An-
käusen des Staats entstandene Sammlung müßte in
chronologischer Ordnung die vorzüglichsten Werke der
verschiedenen Richtungen umfassen, die unserer Kunst-
produktion ihren Charakter nnd unbestrittenen Wert ver-
 
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