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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Wolf, August: Die Kunst- und Kunstindustrieausstellung in Venedig
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0038

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Kunsthandel. — Nekrologe.

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Ccirletto Caliari: FiinfStudienlöpfe,dreiweib-
liche, zwei mäunliche;

Varotari: Pilaster mit lebensgroßen in ein-
ander verschlungenen Pntten;

Jacopo Bassano: H. Anna mit der kleinen
Maria auf dem Throne, an dessen Stufen S. Antonius
und S. Markus;

Carpaccio: Der Verkündigungsengel, lebensgroß;
leider fehlt die früher vorhanden gewesene Madonna;

Pietro della Vecchia: Große Kreuzigung mit
vielen Figuren.

Unter den Skulpturen ragt ein Bronzerelief, die
Himmelfahrt der Maria darstellend, durch den Adel der
Formen hervor. Dieses vorzügliche Werk ist jedenfalls
einer eingehenden Prüfung wert.

Sodann sind einige Kamine im Stil der Lom-
bardi zu erwähnen, ferner zwei Bronzebüsten, Mann
und Frau in Lebensgröße von großer Wahrheit des
Ausdrucks, endlich einige altvenetianische Spitzenarbeiten,
darunter die von Pompeo Vianello ausgestellte Bett-
dccke. Die Wände des betreffenden Saales zieren fünf
gewirkte Teppiche, Schäferscenen nach F. Boucher dar-
stellend (Baron Franchetti.).

Wenn es dem die Ausstellungsräume Besuchenden
scheinen mag, als ob Venedig in Bezug auf alte Kost-
barkeiten so ziemlich als ausverkauft zu betrachten sei,
so wird er von den Erzeugnissen der modernen Kunst-
industrie gewiß einen vorteilhafteren Eindruck mit fort-
nehmen.

Es ist hinlänglich bekannt, daß der venetianische
Kunstsleiß, an die uralte Tradition anknüpfend, in
Mosaik und Glasarbeit mit jedem Jahre Vorzüglicheres
leistet. Eine wahre Augenlust gewähren die Arbeiten
dieser Gattung, sowohl die von Salviati als auch die
von der Looistä inusivs. ausgestellten. Von ersterem sieht
man einen gegen drei Meter hohen Tafelaufsatz von
geblasenem Glase. Ein wahres Prachtstück ihrer Art
war auch die von Salviati bei der neulich stattgehabten
Regatta ausgestattete „Bisona", eine über und über
mit Mosaik gezierte Gondel.

Nicht minder glänzend vertreten ist die Holz-
schnitzereiinPrachtstücken aller Art. Besonders bemerkens-
wert ist ein vop den Brüdern Bondella ausgestellter
Schrank, ganz mit figürlichen Darstellungen bedeckt.

Noch ziemlich ncu für Venedig ist die wiederauf-
gelebte Technik des getriebenen Eisens. Sehr hübsche
Sachen der Art, Kronleuchter, Bilderrahmen u. s. w.
hat Ferd. Borella gebracht. — Schade, daß es keinem
der geschickten Kupferschmiede eingefallen, etwas zu
schicken, denn diese leisten in. Wassereimern, Kühlge-
fäßen, Kohlenbecken u. s. w. äußerst Ansprechendes, meist
unter Nachahmung guter alter Muster.

Die Bronzegießerei ist überreich vertreten. Be-

sondere Fortschritte sind jedoch nicht wahrzunehmen.
Jn ciselirtem Silber leistet der scit neuerer Zeit in
Venedig ansüssig gewordene Galliardi sehr Anerkennens-
wertes. Die kleinen Silberreliefs auf einer Kassette
nebst den oben angebrachten wappenhaltenden Putten
in Freiskulptur sind außerordentlich schön. Cortellazzo
aus Vicenza hat eine Anzahl prächtiger Silbergeräte,
oft in Verbindung mit Stahlgravirung ausgestellt,
ebenso eine mit Silber eingelegte Rüstung von feinster
Arbeit. Was diesen Sachen besonderen Wert verleiht,
ist, daß das Figürliche in wahrhaft künstlerischer Form-
vollendung erscheint.

Die Töpferwarenfabrik in Nove bei Bassano hat
die Ausstellung reich mit ihren sehr hübschen Majoliken
beschickt, bei deren Bemalung einzelne Künstler, welche
das Ausstellungsverzeichnis besonders nennt, sich ausge-
zeichnet haben. Ganz besondere Beachtung verdient die
neuerdings wieder zu altem Flor emporblühende Spitzen-
industrie, sowohl was geklöppelte Spitzen als auch was
die mit der Nadel erzeugten anbelangt. Verschiedene
Kapitalisten haben sich um die Hebung dieses Ändustrie-
zweiges Verdienste erworben, so daß jetzt gegen 1500
Frauen und Mädchen in Venedig dabei ihr Brot finden.

Wir dürfen der Ausstellung nicht den Rücken
wenden, ohne die vielberufene Schöpfung des extremen
Realismus in Augenschein genommen zu haben: den
„I'roLiinrm tuu^" von d'Orsi. Jn Turin war er in Gips
zu sehen, in Mailand umsonst in Bronzeguß erwartet,
nun hier endlich ausgestellt. Man hat der Gruppe die
Ehre der Einzelaufstellung in einem besondern Raume
angethan und große Plakate angeschlagen. Es geht
dabei zu, wie in dem Märchen Anderscns von des
Kaisers neuen Kleidern. Die Beschauer rufen laut,
die Damen lispeln leise: ,,6iie doilo, olls bollo!" Ein
kleiner Bursche, den ich: „L.näiuiuo 'viu, b troppo
brutto!" ausrufen hörte, traf jedenfalls das Richtige.
Da von der Gruppe bereits bei Gelegenheit der Mai-
länder Ansstellung (Zeitschr. f. bild. Kunst, 16. Äahrg.,
S. 393) die Rede war, kann ich mich weiterer Aus-
führungen enthalten. August Wolf.

Aunsthandel.

Der Lagerkatalog Ler Finna Frederik Muller in Am-
sterdam, der soeben erschienen ist, enthält eine ebenso reiche wie
ausgewählte Kunstbibliothek zu mäßigen Preisen. Der Kata-
log zählt 856 Nummern aus der Altertumskunde auf, dann
459 Nummern, die sich auf Paläographie, Epigraphik, alte
und moderne Numismatik beziehen; der Rest (bis Nr. 2160)
enthält Kunsthandbücher, daruntsr viele, die selten geworden
sind. Eine Unterabteilung bietet eine reiche Auswahl von
Auktionskatalogen meist niederländischer und französischer
Sammler, wie sie nicht leicht in diessr Anzahl beisammen
gefunden wird.

Nekrologe.

Naffael Monti, der berühmte italienische Bildhauer, starb
in London am 17. Dktober im Alter von 6Z Jahren. Monti
 
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