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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Ausstellung in der Berliner Nationalgalerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0073

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Ausstsllung in der Berliner Nationalgaleris.

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Ausstellung in der Berliner Nationalgalerie.

Von dcn vier Künstlern, welchen die vierzehnte
der Sonderausstellungen im obersten Stockwerke der
Nationalgalerie gewidmet ist, hat sich nur Adolf
Schrödter (1805—1875), der Meister mit dem
Pfropfenzieher, einen Namen erworbcn, der in alle
Welt hinausgeklungen ist, getragen anf dcn Flügeln
einer Macht, welcher nur wenige zu widerstehen ver-
mögen. Der humorvolle Künstler hat nicht blos Ber-
lin, Düsseldorf und Karlsruhe durch die launigen
Schöpsungen seiner reichen Phantasie unterhalten: in
Radirungen, Holzschnitten und farbigen Lithographien
sind Schrödters Blätter überall hingeflattert, wo der
Humor eine gastliche Stätte sindet und wo man den
Bccher Weins in Ehren hält. Die Witwe des Künst-
lers, sein Schwiegersohn, A. v. Werner, nnd zahlreiche
Privatpersonen haben dazu beigetragen, das Bild von
Schrödters künstlerischer Thätigkeit zu einem nahezu
vollständigen zu machen. Von den Gemälden, die
seine Popularität begründet haben, fehlt kaum eines:
Till Eulenspiegel und der Küser (Kunstverein in Königs-
berg), Falstaff, seine Rekrnten musternd, in zwci Exem-
plaren, Mephistopheles in Auerbachs Keller, Falstaff und
sein Page, der Rattensänger von Hameln, DonQuixote,
lesend (Nationalgalerie), Don Quixote's Liebeserklärung
(Galerie in Düsseldorf) und der schwungvolle Triumph-
zug des Königs Weiu. Auch die „Betrübten Loh-
gerber", ein Aquarell aus dem Besitz des Kaisers, mit
welchem er der unter seinen Düsseldorser Kunstgenossen
grassirenden Trübseligkeit ein grausames Ende be-
reitete, sind zu sehen, ein sprechendes Zeugnis für den
drastischen Witz, der dem geborenen Märker, welcher
srühzeitig in das Berliner Leben eintrat und dort sein
natürliches Talent sür die Satire schärfen lernte, in
reichem Maße zu Gebote stand. Er mißbrauchte ihn
niemals zu persönlichen Ausfällen, was Wohl dem Um-
stande zuzuschreiben ist, daß er, noch in vollster Ent-
wickelung begriffen, nach Düsseldorf übersiedelte und
dort in der behaglichen Lebensfreudigkeit des Rhein-
landes nur die gemütliche Seite des Humors aus-
bildete. Alle seine Kompositionen ersüllt ein Hauch
gewinnender Liebenswürdigkeit und Gutmütigkeit, und
mit dem Humor geht stets die Poesie Arm in Arm,
welche selbst den flüchtigsten Jmprovisationen jenen
Reiz verleiht, der heute immer seltener wird. Schrödter
war ein überaus fleißiger Jllustrator, der außer Don
Ouixote und Eulenspiegel Dichtungen Uhlnnds, Rückcrts,
Heine's, Arndts und Chamisso's in seiner scharf charak-
terisirenden Weise interpretirte, ein geschickter Aqua-
rellist, welcher den zartpoctischen Charakter der Wasser-
farbc seinen Phantastischen Kompositionen sehr glücklich
anzupassen ^wußte, ein Nadirer, wclcher diese damals

selten geübte Fertigkeit mit erstannlicher Gewandtheit
betrieb. Die Zahl seiner radirten Blätter ist sehr
groß: meist Gelegenheitsarbeiten für Einladungs- nnd
Tischkarten, Adressen, Künstlerfeste, erheben sie sich doch
durch den Reichtum der sich in ihnen offenbarenden
Phantasie, durch die Lebendigkeit der Zeichnung nnd
durch die Originalität und Frische der Komposition
über ihre flüchtige Bestimmung zu dauerndem Werte.

Die anderen drei Künstler sind bei ihren Lebzeiten
nicht über eine lokale Bedeutung und Anerkennung hin-
ausgekommen. KarlBlechcn (1798—1840) war einer
der ersten Landschaftsmaler der Berliner Schule, welche
sich über die bloße Vedute emporhoben und die Licht-
phänomene des italienischen Himmels in den Kreis der
malerischeu Darstellung zogen. Der Umstand, daß er
sich erst in seineni fünfundzwanzigsten Jahre der Kunst
widmen konnte, legte seinem Genius Fesseln an, von
dcncn er sich sein Lebtag nicht befreien konnte. Er
kämpfte einen harten Kampf mit der malerifchen Tech-
nik, welche er der Ausführung von Problemen dienst-
bar zu inachen sich bemühte, deren Lvsung niemand
vor ihm versucht hatte. Wenn man die Reihe seiner
italienischen, von reichstem Sonncnlicht überflutetenLand-
schaften durchmustert, bemerkt man hier und da schon
in voller Stärke den romantischen Zug, welchen in
uuseren Tagen Leu, Oswald Achenbach, Flamm und
andere in die italienische Landschaft eingeführt haben.
Blechen war seiner Zeit um ein bedeutendes Stück
vorausgeeilt, und daraus erklärt sich der große Erfolg,
den er trotz seiner spröden Technik und der mangelhaften
Zeichnung namentlich der figürlichen Staffage bei dem
Bcrliner Publikum fand. Ein Bild wie „Die Sem-
nvnen, welche sich zur Abwehr der Römer rüsten"
würe heute wegen der fast kindlichen Unbeholfenheit und
Steifheit der Figuren ausgelacht worden. Damals sah
man über diese Schwäche hinweg, da die Originalität
in der Auffassung der märkischen Landschaft einem Publi-
kum imponirte, welchen eine so scharf individuelle
Charakteristik bis dahin fremd gewesen war. Obwohl
er nach seiner Rllckkehr aus Jtalien eine Anstellung
als Lehrer der Landschaftsmalerei an der Akademie fand,
die ihm hätte Befriedigung gewähren können, war doch
sein Geist wie sein Körper durch frühere Kämpfe der-
art angegriffen wordeu, daß er schon 1840 starb, nach-
dem noch in den letzten Jahren seine begeisterte Ro-
mantik in eine düstere, dämonische Phantastik ausgeartet
war. Auf einem merkwürdigen Bilde dieser Richtung,
einer felsigen Flußlandschaft, kniet ein Mann am Ufer,
welcher sein Gewehr auf einen Vamppr anlegt, während
ein anderer Dämon sich ihm von hinten nähert, um
den Schuß zu vereiteln.

August Bromeis (1810—1881), welcher vvn
1867 bis zu seinem Tode an der Akademie in Kassel
 
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