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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Rosenberg, Adolf: Der Bau des deutschen Reichstagsgebäudes
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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0111

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17. Iahrgang.

Beiträge

1Y. Ianuar

Nr. iq.

Inserate

ü 25 Af. für die drei

zeile werden von jeder
Buch- u.Runsthandlung
angenommen.

,882.

Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst.



Der Bau des deutschen Reichstagsgebäudes.

Nachdcm durch den Beschluß des deutscheu Reichs-
tages vom 13. Dezember vorigen Jahres eiue Frage
aus der Welt geschafft worden ist, über welche man
sich fast zehn Jahre lang nicht einigen konnte, nämlich
die nach dem Platze, auf welchem das Gebäude für
den deutschen Reichstag zu errichten sei, scheint endlich
die feste Absicht vorhanden zu sein, auch den Bau selbst
zu beschleunigen. Es ist eine aus dem Präsidenten,
sieben Abgeordneten, fünf Bundesratsmitgliedern und
einigen von der Regierung ernannten Technikern be-
stehende Kommission erwählt worden, und diese hat,
nachdem sie in ihrer ersten Sitzung Vvm 9. Jannar
beschlossen, die Summe für den noch nötigen Grund-
erwerb in den Nachtragsetat einzustellen, eine Sub-
kommission für das Bauprogramm niedergesetzt, welche
aus den Herrenvr. V.Forckenbeck, Graf Kleist-Schmenzin,
von Levetzow, Senator Krüger, Graf von Lerchenfeld,
Geh. Oberregierungsrat Nieberding und den drei
Architekten Adler, Ende und Persius bcsteht.

Die Notwendigkeit eines neuen Bauprogramms
ist durch verschiedene Umstände bedingt. Einnial sind
die Grenzen des auf der Ostseite des Königsplatzes be-
legenen Grundstücks gegen die sür die Konkurrenz von
1872 maßgebend gewesenen verändert worden, dann
ist die Präsidialwohnung, welche nach dem vor zehn
Jahren aufgestellten Bauprogramm sich innerhalb des
Gebändes befinden sollte, jetzt aus demselben ausge-
schlosien worden, und endlich hat man in dem ver-
flossenen Jahrzehnt eine solche Fülle praktischer Er-
sahrungen über die Raumverhältnisie gemacht, daß an

die Benutzung eines der durch die Konkurrenz von 1872
gewonnenen Entwürfe von vornherein nicht zu denken
ist. Wenn man übrigens den Nmstand berücksichtigt,
daß ein Jahrzehnt reicher Erfahrungen hinter uns liegt,
so wird man in der Berzögerung der Bauangelegenheit
gerade keincn Nachteil erblicken.

Natürlich hat die plötzliche Aufnahme derselben
in Architektenkreisen eine lebhaste Erregung hervorge-
rufen, welche ihren Ausdruck in der politischen Tages-
nnd in der Fachpresse gefunden hat. Mit Ausnahme
der „Deutschen Bauzeitung", welche einiges praktische
Material beigebracht hat, bewegte sich die Debatte aus-
schließlich um die Personalfrage. Wem soll der Bau
übertragcn werden? Das Einfachste wäre freilich, Ludwig
Bohnstedt, welcher in der Konkurrenz von 1872 mit
dem ersten Preise ausgezeichnet worden ist, auch mit
der Aussührung dcs Baues zu betrauen, und einige
wenige Berliner Zeitungcn haben auch in diesem Sinnc
ihre Stimmen erhoben, indem sie zugleich alle übrigen,
die anderen Sinnes sind, als Mitglicder einer verab-
scheuungswürdigen Cligue bezeichneten.

So tragisch ist die Sache nun nicht aufzufassen.
Die neue Kommission hat nicht den mindesten Grund,
sich an dic Beschlüsie einer Jury, die anf ganz
seltsame Weise zustande gekommen sind, für gebundcn
zn halten, da das neue Bauprogramm auf Grund
von völlig veränderten Bedingungen aufzustellen ist.
Bohnstedt hat damals von 19 Stiiiimcn nur 10, also
nur eine Stimme Majorität erhalten, während die übrigen
sich auf den Entwurf der damals noch unbekannten
Berliner Architekten Kayser und von Großheim ver-
einigt hatten. Und selbst diese geringe Majorität für
 
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