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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Pecht, Friedrich: Die Kunstpflege in Bayern, [1]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0129

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253

Kunstlitteratur.

254

und so glorreichc Traditionen besitzt. Natnrlich hatte
der Meister auch reichen plastischen und malerischen
Schmuck dafür projektirt. Daraus und aus einigen
nachträglichen Änderungen des Bauplanes entstand nun
eine Erhöhung der Baukosten um höchstens 400 000 Mk.
Diese Überschreitung erregte einen solchen Sturm in
der Ständeversammlung, daß sie den Betrag bis heute
nicht bewilligt hat, auch diesmal wieder nicht bewilligen
wird, so daß einer der schönsten Bauten Münchens,
eine wahre Zierde der Stadt, als Ruine stehen bleiben
muß, — ein Denkmal der Kunstliebe der bayerischen
Stände. Dieselben, freilich zum größten Teil selber
aus Beamten oder aus Juristen bestehenden Stände
aber mucksten nicht, als der Justizminister gleichzeitig
durch massenhafte Pensionirung angeblich unfähiger Bc-
amten seinen Pensionsetat auf einmal um 400 000 Mk.
erhöhte.

Daß man durch die Pflege der monumentalcn
Kunst, durch eine wttrdige Ausstattnng aller öffent-
lichen Gebäude mit Skulptur und Malerei den Ge-
schmack wie den Kunstsinn derBevölkerung zu entwickeln
nnd damit ihre Erwerbsftthigkeit zu erhöhen imstande
sei, das haben zwar unsere unstudirten Väter schon vor
Jahrhunderten, unsere Volksvertreter aber bis heute
sogar noch viel weniger begriffen als unsere Bureau-
kraten. Znr Kunstförderung scheint ihnen nichts andcres
dieulich als eine stete Vermehrung des Beamtenheeres,
cine fortwährende Steigerung der Schulmeisterei. Das
Budget für Kultus und Unterricht beträgt in Bayern
schvn jetzt 19Millivncn, also im VerhältniS zu den
gleichen Aufwendungen in dem doch so viel reicheren
Frankreich eine mehr als doppelt so große Summe. Da-
von fallen auf die Besorgung unseres Seelenheils allein
51/2 Millionen, auf die drei Univcrsitäten und die tech-
nischeHochschule zwei Millionen, auf Kunstunterricht und
Sammluugcn 540 000 Mk., für Bestellung von Kunst-
werken werden aber nur 42 000 Mk. verwendet. Jst es
ein Wunder, wenn unter solchen Umständen so gut
wie gar nichts übrig bleibt, um die Kunst auch wirk-
lich anzuwenden, die man mit so ungeheuren Kosten
lehren läßt? Unsere Akadcmie hat mehr Professoren als
die französische; wir besitzen überdies zwei Kunstgewerbe-
schulen, in München und Nürnberg, von denen eben-
falls jede ihr Dutzend Professoren zählt. Dazu kommen
noch eine unübersehbare Menge von Jndustrie- und
Gewerbe-, Bau- und technischen Schulen, die alle
jährlich wachsende Anforderungen ans Budget stellen.
Ob aber in diesen Schulen auch entsprechend gelernt
werde, das ist viel streitiger, als daß sie immer
größere Ansprüche machen; denn gespart wird blos
an den Lehrmitteln, alles geht in Personalexigenz auf.
So können in derselben Akademie, die, wenn ich nicht
irre, sechzehn Professoren zählt, die Schüler den Abend-

akt nur alternirend besuchen, weil heute wie vor fünfzig
Jahren die Mittel zum Aktzeichnen für alle nicht aus-
reichen. Dafür nehmen die Anstalten für Kultus und
Unterricht, welche Staat und Gemeinde errichten, mehr
als den viertcn Teil des Flächeninhalts der Stadt
München cin; die Kinder der Armen laufen aber bar-
fuß in die Paläste, in denen ihnen unser Wahnwitz
das A-B-C beibringen läßt; auf jeden Kopf in
Baycrn treffen jährlich circa 3^ Mark für Kultus
und Unterricht, während der um so viel reichere Franzose
seit den neucsten Veränderungen, statt frühcr
2 Franken zahlt. Dazu sind bei uns aber dieGemeinde-
und Kreisumlagen, dic miudcstcns 100 Prozent der
direkten Staatssteuern bctragen und auch zum größeren
Teil sür Uuterrichtszwecke aufgehen, in diesen Ziffern
noch gar nicht enthalten; ebensvwenig was die Schüler
selber an Schulgeldern zu zahlen haben, da speziell
der Kunstunterricht nirgends gratis erteilt wird.

Da man so viel auf unsercn Unterricht verwendet,
müßten wir eigcntlich das civilisirteste und künstlerisch
gebildetste aller Bölker seiu; leider sieht man uns dies
aber nicht im mindesten an, und auch die vben mitge-
teilten Thatsachen über die Kunstliebe unsercr Gesetzgeber
cntsprcchcn svlchen Erwartuiigen kaum.

Aunstlitteratur.

D. Franken, U'osuvro Frnv o äos van äo 1?L886.

L.mstsräanr st Uaris. -1881. 8.

Der Verfasser dieses Buches hat im Jahre 1872
das Porträtwcrk, welches dcr verdienstvolle Mcister
und beste Jntcrprct des Micrevelt, W. I. Delff, ge-
stochen hat, herausgegeben und sich mit demselben einen
gntcn Namcn bci allen Sammlcrn und Mnseumsvor-
ständen erworben. Mir ist bis hcute kein Blatt von
Delsf unter die Hand gekommen, das in dem Werke
nicht seine Behandlung ^gefunden hätte. Diesmal
nahm er sich vor, die Gesamtthätigkeit einer ganzen
Künstlerfamilie in glcicher Weise zum Gegenstnnde
seiner Untersuchung zu machen. Dazu mag ihn der
Umstand hingeführt haben, daß viele Blätter, weil sie
ohne Bezeichnung des Künstlers sind, nicht mit absoluter
Sicherheit dem einen oder andern zugeschriebcn werdcn
können, wenngleich der Charakter sie der Familie zu-
weist. Deshalb hat er auch die einzelnen Künstler
nicht geschieden und mit ihren Stichen getrennt be-
handelt, sondern nach dem Beispiel Alvins, der in
seincr Monographie über die Brüdcr Wierix dicse
zusammenfaßt, das Werk aller Familienglieder als
ein Ganzes behandelt. Auf besonderen Tafeln ver-
sucht er es dann (S. XVII) die jedem einzelnen Fami-
liengliede gehörigen Stiche (leidcr ohne Bczeichnung
der entsprechenden Nummern des Katalogs) anzugeben-
 
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