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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Niedermayer, Friedrich: Noch einmal Grünewald
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0186

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367

Kunstlitteratur.

368

eines Erlcisses eine Pensivn zugesprochen wurde. Was
hätte aber den stets in Geldnot befindlichen Kunst-
niäcen hierzu veranlassen können, wenn er nicht die
Kunst des Meisters geschätzt und vielfach in Anspruch
genommen hätte? — Daß ich durch meinen archiva-
lischen Fund den unumstvßlichen Beweis erbracht hätte,
Meister Simon und kein anderer kvnne der Pseudo-
grünewald sein, wnrde niit keinem Wvrte behauptct,
wenn ich es auch für höchst wahrscheinlich erachte.

Ein Jrrtum hat sich allerdings in meinen Artikel
eingeschlichen, der, wenn auch jetzt noch fnr obige Frage
ohne Belang ist, doch berichtigt werden muß. Wcnn
nämlich das Schuldverzeichnis von einem „neuen Bau
in Aschaffenburg" spricht, so ist daniit nicht, wie ver-
mutet, eine größere bauliche Ändcrung an der Stifts-
kirche gemeint, sondern der Bau der längst verfallenen
heil. Grabkapelle im Tiergarten daselbst, was ich bei
meinen nachträglichen archivalischen Forschungen fand.
Die Kapelle wnrde 1543 vollcndet und war, da aus
Bruchstein innen mit Mvrtel verputzt hergestellt, jeden-
falls vollständig ausgemalt gleich allen derartigen goti-
schen Kirchen. Daraus läßt sich der Schlnß ziehen,
daß Meister Simon zwischen 1543 und 1546, dem
Datnm des Eintrags, gestvrben ist.

München. Friedrich Niedermayer.

Aunstlitteratur.

Das Wiener Heiligliimsbuch. Nach der Ausgabs vom Jahre
1502, samt den Nachträgen von 1514, mit Unterstützung
des k. k. Handelsministeriuins herausgegeben vom k. k.
österreich. Museum für Kunst und Jndustrie. Wien,
Gerold <L Comp. 1882. VI u 56 S. 4.

R. v. Eitelberger hat die Reproduktion dieses für dis
Geschichte der Bücherillustration und der Buchdruckerkunst in
Wien beachtensiverten Buches veranstalten lassen, und das
Reinerträgnis der Ausgabe dem neugegründeten Wiener
Donibauvereine gewidmet. Die vorzügliche Nachbildung giebt
ein getreues Bild der Ausgabe von 1502 nach dem Drucke
auf Pergament aus Lem Besitze des Herausgebers Matthäus
Heuperger (jetzt im österreichischen Museunv, einemExemplare,
das sichvon den sonst bekannten und beschriebenen durch größere
Bollständigkeit auszeichnet. Daran schließen sich vier Seiten
und Titel der Ausgabe von >514, welche Franz Ritter
in der sorgfältig gearbeiteten Vorrede als bloße Wieder-
holung mit den eben erwähnten Zusätzen nachgewiesen hat, ent-
gegen der bisherigen Annahme, datz sie ein Neudruck ge-
wesen sei. Von dem vielen für die Geschichte der Heiligtums-
fahrten und Bücher sowie für die Altertumskunde der Stadt
Wien Wichtigen, was uns in der Vorrede geboten wird,
möchten wir besonders die Zusnmmenstellung der Heiligtums-
bücher, als die bisher vollständigste, hervorhebsn, und den
Nachweis von zwei in dem Buche abgebildeten Reliquiarien
im Domschatze von St. Stefan, der durch die Ungunst
der Zeiten aller anderen Stücke beraubt wurde. S. 'XIII
findet sich ein kleiner Nachtrag zum xsintrs-Zravsnri ein
bisher nicht bestimmtes Wappen von Hirschvogel (Bartsch
114) wird als dasjenige des Leopold Herperger nachgewiesen.
— Bücherliebhabern sei das kleine Buch, um dessen künstle-
rische Äusstattung sich der Herausgeber besondere Verdienste
erworben hat, bestens empfohlen. F. W.

-n Tas Zahrbuch der Gesellschaft für bildende Kunst und
vaterländische Altertümer in Emden bietet in dem 2. Heste
seines 4. Jahrgangs nur einen kunsthistorisch interessanten
Artikel. Der Verfasser desselben, Jngenieur Starcke, bespricht

das imposante Denkmal des 1540 verstorbenen Grafen
Enno II. in der Großen Kirche zu Emden, von welchem eine
photographische Abbildung dem Hefte beigegeben ist. Von der
in Aläbaster ausgeführten liegenden Figur des Verstorbenen
behauptet Starcke, daß sie fast ganz in ihrer Ursprünglichkeit
erhalten sei, während Lübke in seiner Geschichte der deutschen
Renaissance die Vermutung ausspricht, die Figur sei „schon
fehr modern und wohl stark restaurirt"; restaurirt ist nur
der Kopf nebst dem Kissen und dem gräflichen Wappen am
Kopfende. Lübke, der nicht selbst an Ört und Stelle gewesen
ist, giebt von der als Triumphthor behandelten Wand, ivelche
die Kapelle gegen die Kirche zu abschließt, eine nicht ganz
zutreffende Beschreibung. Diefe Wand besteht nämlich in hori-
zontaler Ordnung aus drei Teilen, deren unterer eine durch-
brochene Brüstung bildet. Auf dieser Brüstung stehen
gruppenweise geordnet ionische Säulen im Wechsel mit Karya-
tiden und hermenartigen Stützen, welche gemeinsam die
eigentliche Wand tragen, die in zwei übereinander geordne-
ten Streifen mit figurenreichen Reliefs geschmückt ist und
mit einem stark ausladenden Gesimss abschließt. Jn verti-
kaler Richtung wird die Wand durch vorgelegte, auf Posta-
menten stehsnde verschiedenartige Stützen gegliedert, welche
das stark vorgekröpfte Gebälk tragen. Das mittlere Komparti-
ment bildet chen Eingang, und dieser ist durch die löwen-
köpfigen Hermen markirt, welche rechts und links als Ge-
bälkstützen dienen. Die nächste Verkröpfung wird zu beiden
Seiten von je einer ionischen (nicht dorischen, wie Lübke sagt)
Säule aufgenommen und bei den beiden äußerstsn Ver-
kröpfungen haben die Stützen eine karyatidenartige Bildung.
Man sieht, der niederländische Meister, der das Werk ge-
j schaffen, war darauf bsdacht, durch Abwechselung in den
! Formen und durch eins reiche Glisderung den Eindruck des
Prunkvollen und Außergewöhnlichen hervorzurufsn. Sehr zu
beklagen ist, daß dies merkwürdige Denkmal niederländisch-
^ deutscher Kunst dem Verfall entgegengeht, wie der Verfasser
I des fraglichen Artikels versichert. Ein früher an die preutzische
! Regierung gerichteter Hilferuf ist leider unerhört geblieben;
der verstorbene Konservator Quast fand es nämlich nicht für
nötig einzuschreiten, da „die Architektur in ihren Details,
welche den Charakter der Verfallarchitektur aus der zweiten
^ Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht verleugnen, nicht so her-
! vorragend ist, daß dieselben sozusagen als mustergültig ....

gelten könnte". Ein derartiges Gutachten dürfte heutzutage
! schwerlich noch als „musiergültig gelten", und wir zweifeln
nicht, daß eine erneute Eingabe der Emder Kunstfreunde
auf ein besseres Verständnis an maßgebender Stelle wird
rechnen können.

„Zur neueren Geschichte des Dombaues zu Köln" ist

der Titel einer interessanten Schrift (Köln 1881, Verlag von
I. P. Bachem), in welcher Or. August Reichensperger seine
Erfahrungen seit dem Jahre 1830, da er zum erstenmale
für den Dombau schriftstellerisch thätig war, niedergelegt
hat. Jn diskretsr Weise schildert der Verfasser seine Thätig-
keit als Rsdner, Schriftsteller und vor allem als Mitglied
des Dombauvereins, zu dessen Verwaltungsausschuß er schon
im Anfange seines Bestehens gehörte. Eigentümlich ist das
Verhalten dsr begeisterten Gotiker, also namenllich Reichen-
spergers selbst, zu den aus den östlichen Provinzen kommen-
den, der Gotik vielfach zunächst etwas fremd gegenüberstehen-
den leitenden Dombaumeistern Ahlert, Zwirner, Voigtel; mehr
als einmal mußte vom Dombauverein darauf gedrungen
werden, daß die Fortführung des Baues „im Geiste des
Bauwerkes und nach dem ursprünglichen Plane, soweit der-
selbe erhalten ist", erfolge. Reichenspergers und seiner Ge-
nossen Verdienste in diesem Sinne erscheinen unbestreitbar.
Auch manches andere zur Klärung der modernen Geschichte
des Dombaues wird beigebracht; es wird mit der irrigen
Auffassung gebrochen, als ob „ganz Deutschland" den Dom
fertig gebaut habe, — wis bei Einwsihung desselben in
vielen „gesinnungstüchtigen" Zeitungen mit mehr Pathos
als Genauigkeit geschrieben wurde; ferner erfolgen über die
Teilnahme der deutschen Fürsten an dem großen Werke, die
nicht immer „fürstlich" war, aufklärende Mitteilungen, ebenso
werden Stimmen litterarischer „Autoritäten" gegen Fort-
führung des Baues angeführt, u. s. f. Auch die Mitteilungen
über die innere Ausschmückung des Gotteshauses durch
Standbilder und Glassenster sind ihrer Authentizität wegen
dankenswert. B. Förster.
 
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