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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Wittmer, Gustav: Zur Biographie und Charakteristik Johann Werner Henschels
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Richter, Jean Paul: Apologetische Aphorismen über Lionardo
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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0208

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411

Apologetische Aphorismen übsr Lionardo.

412

Karl H. geboren, welcher dem damaligen herrschaftlichen,
von Landgraf Karl erbauten Gießhause vorstand.
Nach vorausgegangenem guten Schulunterricht erlernte
Henschel die Bildhauerei und zugleich das Geschäft
des Vaters und wurde im Jahre 1799 zum Gesellen
der Rot-, Stiick- und Glockengießer-Profession gemacht.
1805 begab er sich nach Paris, um unter David seine
lünstlerischen Studien fortzusetzen. Von der west-
fälischen Äegierung im Jahre 1810 zurückberufen,
erhielt er den Auftrag, für den Königsplatz in Kassel
ein Standbild Napoleons anzufertigen, welchem Auf-
trage er sich jedoch aus patriotischeu Rücksichten zu ent-
ziehen wußte. (Die Statue wurde danach von einem
unbekannten französischen Künstler, nach anderer Über-
lieferung von Canova, angefertigt; ihre Trümmer
befindeu sich noch in Kassel.) 1818 entstand im Auf-
trage der damaligen Kurpriuzessin, nachherigen Kur-
fürstin Auguste und dereu Schwester Marie (Königin von
Holland) jene schöne Gruppe der Caritas, eine lebens-
große halb knieende Figur mit zwei Kindern, 1822
das Grabdenkmal für den Grafen Reichenbach, welches
sich auf dem alten Friedhof zu Kassel befindet. Äni
Jahre 1818 wurde Henschel zum Mitglied der Aka-
demie der bildenden Künste in Kassel, 1832 zum Pro-
scssor der Modellir- und Bildhauerkunst an derselben
ernannt. Daneben war er Teilhaber an der Maschinen-
fabrik seines Vaters und später seines Bruders. 1843
begab sich der Künstler zur Ausführung seiner Brunnen-
gruppe nach Jtalien, von wo er nicht wieder in die
Heimat zurückkehrte. Henschel starb, nachdem er weuige
Jahre zuvor zum Hofbildhauer ernaunt worden war,
am 15. Aug. 1850 zu Rom. Verheiratet ist er nie
gewesen. (Vergl. außerdem Grundlage zu einer Hessi-
schen Gelehrten-, Schriftsteller- und Künstlergeschichte,
als Fortsetzung des Striederschen Werkes herausge-
geben von Otto Gerland, Bd. 1. S. 212—217.
Kassel 1863. — Neuer Nekrolog der Deutschen, Bd.
XXVIII, T. 1, S. 449 ff. — Nagler, Künstlerlepikon,
MUnchen 1838, Bd. IV, S. 109—110.)

G. Wittmer.

Apologetische Aphorismen über Lionardo.

Gegen meinen Aufsatz in dieser Zeitschrift über
Lionardo da Vinci's Lehrbuch der Malerei ist Herr
Maler Ludwig im Repertorium (V, 204—215) als
gegen eine Ausgeburt von Dummheit, Beschränktheit,
Einfältigkeit, ja Boshaftigkeit zu Felde gezogen. Jn
meinem Aussatze (1. Heft des laufenden Jahrganges)
faud Herr Maler L., „daß man solche, den unbarm-
herzigsten Vergleich herausfordernde Schmähungen, wie
die des Herrn vr. R. sind, ausstößt, auf die Gefahr
hin, daß sich dieselben gegen Persönlichkeiten richten

werden, die jeder redlichen und von Selbstüberhebung
freien Kunstforschung doch unzweifelhaft als gewichtige
Autoritäten in Sachen Lionardo'scher Kunsttheorie
gelten müssen" (S. 207). Eine solche Autorität ist
ja Herr Maler L. Bin ich ihm damit anstößig ge-
Wesen, daß ich in jener Abhandlung „meinem Be-
dauern" Ausdruck gab, seine Ansicht über deu Plan
der Herausgabe von Originalhandschriften für unaus-
führbar zu halten (man lese dort meine Anmerkung
auf S. 19), so habe ich mir im Ubrigen nur erlaubt,
iu Betreff dieser Autorität bescheidentlich zu sagen:
„Die vatikanifche Kopienhandschrift hat nichtsdesto-
weniger Vorzüge, welche eine genauere Ausgabe der-
selben mir vollständig gerechtfertigt erscheinen lassen"
(S. 11). „Ein korrekter Abdruck ist von Herrn Maler
L. iu Rom unternommen worden. Diese Publikation
verspricht der Kunstfvrschung bedeutende Dienste zu
leisten" (S. 14). „Eine Neuordnung, wie sie Maler
L. nach sachlichen Gesichtspunkten zu publizireu vorhat,
wird darum uicht als unberechtigt erscheinen" (S. 17).
„Dieser Umstand sichert der Kopienhandschrift und
ihrer neuesten Ausgabe durch Hrn. L. alleiu schon eine
dauernde hohe Bedeutung" (S. 19). Zum Dank da-
für donuert Herr Maler L.: „Herr vr. R . . . . erweist
auch mir die Ehre einer zwar nur kurzen Seitenbe-
merkung, in die er aber die ganze Zutraulichkeit jener
litterarischen Anstandsfornien zusammenzudräugen weiß,
an welche, wie ich bekennen muß, nicht jede Erziehung
gewöhnt" (S. 214). Früher sagte Herr Maler L.
(Rep. IV, 288): „Der (von ihm herausgegebcne)
Kopienkodex leidet empfindlich am Mangel konseguen-
ter Anordnung des Stoffes"; so hat er „alle im Kodex
vorkommenden Schreibversehen, Auslassungen und sach-
lichen Berstöße zu korrigiren gesucht" (S. 287). Seine
„Jnterpretation stellt also zuerst Umordnungstabellen
auf" (S. 288). Weil ich nun die Originale kenne,
war ich in der Lage, noch andere empfindliche Mängel
im Kopienkodex uachzuweisen. Jch habe auch darauf
aufmerksam gemacht, daß einzelne Bestandteile des
Malerbuchs um 1490, andere erst um 1515 von
Lionardo niedergeschrieben wurden, wie man das bei
den Originalen leicht nachweisen kann, nicht so bei den
Kopien. So hatte ich, — sichtlich auch nur im Jn-
teresse der von Herrn Maler L. herausgegebenen Kopien,

— auf S. 15 und 16 der Zeitschrift mitgeteilt, wie
sich aus gewissen Anhaltspunkten in den Kopien manche
Stellen in den vorhandenen Originalen noch wieder-
erkennen lassen. Jch beklagte dann (S. 16 u. 17),
daß die alten Abschreiber nicht öfter am Rand die
Chiffren der Originalhandschriften, denen sie ihre zer-
splitterten und durcheinandergestellten Ausschriften ent--
nahmen, notirt haben, und Herr Maler L. erklärt jetzt

— im Namen besagter Schönschreiber, — diese seine
 
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