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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Richter, Jean Paul: Apologetische Aphorismen über Lionardo
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0210

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Nekroloc,«.

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das Glück, daß es sich jemals fmdet" u. s. w. (S. 205),
dic freudige Kunde zu bringen, daß das Bnch „äsll
nnivsrsal illisnra äsll omo", wie es Lionardo selbst
nennt, schon gesunden ist, und mit seinen herrlichen
achtzig Originalzeichnungen in der von ihm weidlich
verhvhnten Publikation „buntgemischter Einzelnotizen,
wie sie ein herumreisender Forscher zufällig findet", zu
tage gefördert werden wird.

London, im März 1882. Z. P. Nichter.

Nekrologe.

Etigcu Nitpolcoii Ncurcuthcr -s „Neurcuther ist
einer der ersten Meister, welche im leichten Sssiele der
Phantasie die Arabesken behandelten, die Fornien der
Pflanzen- und Tierwelt verbanden und menschliche Ge-
stalten und Grnppen in geistrcicher Weise damit ver-
webten. Märchen, Legenden, Romanzen und Balladen
wurden unter seinen Händcn zum lebendigen Bilde
und er selbst erscheint als Schöpfer in der erdichteten
Tier- und Pflanzenwelt, welcher sich mcuschenähnliche
Wesen anschlossen. Viele solche reizende Bilder sind
in Aquarellen vorhanden, andere in einfarbigen Zeich-
nungen, und zur Verbreitung in weiteren Kreisen
dienten ihm „die Radirnadel und die Lithographie.
Gemälde in Öl sind in geringer Anzahl vorhanden,
aber auch diese gehvren zn den schöustcn uud geist-
reichsten Erzeugnissen ihrer Art. Gocthe zolltc Neu-
reuthers Zeichnungen den größten Beifall, und daher
wählte der Künsller die Feder, um sie auf Stein zu
vervielfältigen".

Der Künstler, über welchen sich Nagler in seinen
„Monogrammisten" in so ehrcnder Weise ausspricht,
ist scit dem 23. März 1882 nicht mehr unter deu
Lebcnden.

Eugcn Neurcuther wurde am 13. Jauuar 1806
in München gcboren, wohin sich sein Vater Ludwig
Neureuther mit dem Herzog Maximilian von Zwei-
brücken, dem nachmaligen König von Bayern, vor den
Schrecken der sranzösischen Revvlution zurückgezogen
hatte. Seine erste Unterweisung in der Kunsl erhielt
Eugen von dem Vater, der seit 1814 Zeichenlehrer
am Gymnasium in Bamberg war und 1839 dort
starb. Den Namen Eugen erhielt er von seineni Pathen
Eugen Beauharnais, dem Vicekönig von Jtalicn. Jm
Jahre 1823 bczog Neureuther mit Unterstützuug des
Königs Max Josef die Münchener Akademie und
Wandte sich gleich seinem Vater der Landschaftsmalerei
zu. Nach des Königs Tvde war es Cornelius, der
Neureuthcr in entscheidender Stunde die Hand bot.
Er hatte schon früher dessen Begabung für die Orna-
nientik wahrgenommen und übertrug ihm nun den
Entwurf und die Ausführung der dckorativen Arbeiten
im trojanischen Saale der Glyptothek. Glcichzeitig
entstanden Neureuthers schöne Trophäen in den oberen
Hofgartenarkaden.

Die zu diesen Arbeiten nötigen Studien führten
Ncureuther auf den Gedankcn, Randzeichnungcn zu
Gedichten zu entwerfen. Von Cornelius mit wohl-
wollendem Rate unterstützt, versuchte er sich zuvörderst
in Jllustrationen zu Goethe's Romanzen und Balladen
nnd übersandte die Handzeichnungen dem Dichter, der

ihn in einem Briefe vom 23. September 1828 darüber
herzlich beglückwünschte und ihn aufforderte, die Blätter
in Steindruck zu vervielfältigen. Der Dichter be-
wahrte dem Künslter sein werkthätiges Wohtwollen
bis an sein Lebensende, wie sein Briefwechsel mit ihm
darthut. Jn einer neuen Folge von Randzeichnungcn
erwies sich Jkeureuther, desien romantische Gesühlsweise
und reiche Phantasie eine Fülle origineller Ersindungc»
zu tage förderte, als der Schöpfer einer ganz neucn,
überall mit lebhaftester Freude aufgenommcnen Dar-
stellungsweise.

Jm Jahre 1834 ließ Neureuther eine Neihc von
Randzeichnungen zu bayerischen Gebirgsliedern vvll
tiebenswürdigster Naivetät folgen. Um bei der Vcr-
vielfältigung seiner Zeichnungen eine zweite Hand über-
ftüssig zu machen, griff er sodann (1835) zur Radir-
nadel, mit welcher er zunächst seine „Pfarrerstochter
von Taubenheim", seine „Lenore" und sein „Dorn-
röschen" schuf, eine Arbeit, die in technischer Beziehung
zu den geistreichsten Werken dieser Art gehört. Nach
Vollendung der Platte malte Neureuther den Fries
des Salons der Königin im Königsbau: eine Reihe
trefflicher Kompositionen zu Wielands „Oberon".
Die 1839 erschienene Prachtausgabe des Herderschcn
„Cid" giebt mit ihren 70 Zeichnungen von Neureulhers
Hand cin glänzeudes Zeugnis von des Künstlers unge-
wöhnlicher Gestaltungskraft.

Zwei Jahre vorher hatte er sich nach Rom be-
geben, wo er sich namentlich von den dekorativen
Schmuck der Loggien angezogen fühlte. Jn seinem
reizenden Aguarellbilde aus der Villa Mies, vormals
Spada, entwickelte er sodann die ganze poetische Zauber-
kraft seiner Phantasie. Bald folgte eine Reihe ähn-
licher Arbeiten und dazwischen zahlrciche, teils tiefernste,
teils humoristiscbe Radirnngen, wie die „Erinnerung
an das Kllnstlermaskenfest von 1840", „Das Wald-
fräulein" nach v. Zedlitz, sodann eine Anzahl Jllustra-
livnen zum „Nibelungenlied", zu „Götz von Ber-
lichingen" rc., die wie jene zum „Cid" in Holzschnitt
auSgefnhrt wurden. Von hohem Wcrte sind auch ein
paar von ihm um diese Zcit nach Rottmanns griechi-
schen Landschaften radirte Blätter. *)

NachNeureuthersEntwürfen wurde 1842 ein großer
Tafelaufsatz in Silber ausgeführt, ein Hochzeitsgeschenk
des danialigen Kronprinzen Maximitian von Bayern.
Nach dem Tode Friedr. v. Gaertners trat Neureuther
1848 als artistischer Leiter der königl. Porzellanmanu-
faktur Nymphenburg an dessen Stelle und bekleidete
dieses Amt bis zur Aufhcbung der genannten Anstalt
im Jahre 1856. Von dieser Zeit an betrat er das
Gebiet der Ölmalerei und schuf eine Reihe Bilder,
deren Stoffe er den Werken deulscher Klassiker entnahm.
Die Mehrzahl dieser Arbeiten bewahrt die Galerie des
Grafen Schack.

Als im Jahre 1868 die königl. Kunstgewcrbeschule
iu München errichtet wurde, erhielt Neureuther eine
Professur an derselben, die er aber im Hinblick auf sein
hohes Alter schon 1877 wieder niederlegte. Der gelieb-
ten Kunst aber entsagte er darum keineswegs. Wie
er noch kürz vorher allegorische Konipositionen für die
Nordseite des von seinem Bruder Gottfried erbauten
Polytechnikums in München entworfen hatte, die sich

*) Vgl. Zeitschr. für bildende Kunst. IV. S. 7 u. 70.
 
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