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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Wurzbach, Alfred von: Roger van der Weyden als Kupferstecher
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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0223

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,7. Iahrgang.

Beiträge

die verlagshandlung in
Leipzig, Gartenstr. 6,
zu richten.

27. April

Nr. 28.

Inserate

d 25 ssf. sür die drei

s882.

Veiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunft.


Ous cnnerikanische circhüologische gnstirut s §üs"Frciiikfurt a. M.; Berlin: ?eutsches archäologisches Instirut; Lhriftian wilberg; k^einrich
Hoffmeister. — B. Lepke's Gemäldeauktion; Rupferstichauktion von R. v. Zahn in Dresden, Auktion pickert; kviener Runstauktion.

Roger van der Weyden als Aupferstecher.

Henry Hymans, der Verfasser des vortrefflichen
Werkes Nistoirs äs la Oravurs äans l'Iivols äs
Ludsns veröffentlichte vor kurzem in dem Brüsseler
lönllstin äss Oominissions rozkalss ä'art st ä'aroliöo-
loZis einen Aufsatz über die Anfänge der Kupserstich-
kunst in den Niederlanden, der, aus manchen Gründen
interessant, die Aufmerksamkeit weiterer Kreise ver-
dient. Gegenstand seiner Ausführung ist ein im Fac-
simile beigegebener anonymer Kupferstich ans der zwei-
ten Hälste des 15. Jahrhunderts, ein Uniknm der
vormals Harzenschen Sammlung in Hamburg. Das
Blatt stellt eine Kreuzabnahme dar und zeigt in der
Komposition wie in den einzelnen Gestalten eine
so auffallende Ähnlichkeit mit der berllhmten Kreuz-
abnahme Rogers van der Weyden, daß er diese Kom-
position unwillkürlich dem Beschauer ins Gedächtnis
ruft. Hymans Prüft und vergleicht die beiden Objekte,
Stich und Bild, folgt hierbei der allgemeinen An-
nahme, daß der Stich von dem sogenannten anonymen
Meister vom Jahre 1464 (aux lmnäsrolss) herrühre,
und gelangt zu dem Schlusse (S. 14), daß thatsächlich
kein Umstand die Annahme hindern könnte, daß Roger
van der Weyden selbst an dem Kupferstiche Anteil
habe. Einmal befreundet mit dieser Jdee, ist Hymans
geneigt, Roger van der Weyden für den Urheber dieses
Blattes und wohl auch für den anonymen Meister vom
Jahre 1464 zu halten.

Wir müssen, ehe wir auf die sachliche Prüsung
dieser Hypothese eingehen, vorausschicken, daß sie nichts

absolut Unmögliches oder Unglaubwürdiges enthält,
und daß Roger van der Weyden möglicherweise ein
ebenso ausgezeichneter Kupferstecher war, wie er ein
bedeutender Maler gewesen ist; daß uns die erstere
Thatsache unbekaunt blieb, beweist nicht das geringste
dafür oder dagegen. Aber andere Momente fallen
um so schwerer ins Gewicht. Das in Rede stehende
Blatt ist, wie so viele andere Arbeiten des 15. Jahr-
hunderts, nicht wertvoll und kostbar als Kunst-
werk, sondern lediglich als Antiquität und Kurio-
sum. Dieser Unterschied ist wvhl zu beachten. Der
Kunstwert des Kupferstiches ist ein sehr geringer, das
Blatt ist in allen Figuren, in allen Einzelheiten steif
und plump gezeichnet, keine einzige Figur ist korrekt;
die Hände sind roh und kurzfingerig, die Hände Rogers
aber stets von größter Delikatesse und Zartheit. Was
wir an Bildwerken Rogers kennen, zeigt einen Meister
von hoher technischer Vollendung, durchaus korrekter
Zeichnung, mit einem Worte einen Meister ersten Ranges.
Dieser Stich kanu somit unmöglich zu irgend einer Zeit
von jenem Meister gemacht worden sein, der uns als
der Roger van der Weyden jener herrlichen, farben-
glühenden, mit Memlingscher Feinheit und Zartheit
behandelten Tafelbilder bekannt ist. Ein Meister ersten
Ranges bleibt in all und jedem, was er macht, ein
bedeutender Künstler, gleichviel ob er Kreide und Pinsel
oder Grabstichel und Radirnadel führt. Der Stecher
dieser Kreuzabnahme ist aber in all und jedem weit
entfernt von der Meisterschaft Rogers van der Weyden.
Hier entscheiden Ähnlichkeit der Komposition und der
Typen, auch wenn sie weit größer wäre, nicht das
geringste, denn es fehlt die Grundbedingung, die vor-
 
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