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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Brun: Zur Erinnerung an Friedrich Weber, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0258

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511

Zur Ermnsrung an Friedrich Weber.

512

Es ist ein Jrrtum, wenn der Autor des Nekrologs
in der Leipziger Jllustrirten Zeitung meint, es sei in
München gewesen, wo Weber den großen Schritt zum
Historischen gethau habe. Der Schritt geschah nicht
durch die Wiedergabe sogenannter Historienbilder, son-
dern durch das Einlebcn des Meisters in geschichtliche
Porträts, wie z. B. Giulio Romano. Dieser Kopf,
den Weber 1844 in Paris stach, gab ihm zuerst Ge-
legenheit, schärfer und in größerem Maßstabe zu indi-
vidualisiren. Will man also von einem Wendepunkt
in seiner Kunst redcu, so wird man denselben mit
seiner Ubcrsiedelung nach Paris in Verbindung bringcn
müssen. Schon längst war es der Traum Webers,
den Wanderstab zu ergreifen, um in der Weltstadt die
Werke Forsters, Henriquel-Duponts und Desnvyers' zu
studiren. Jm Oktober 1840 ging derselbe endlich in
Erfüllnng. Was Weber in München bei AmSlcr uni-
svnst zu lernen gesucht hatte, die Ausführung von
Stichen, fand er nunmehr in Paris, wo er sofort mit
Desnoyers, Mercury und Forster in Verbindung trat.
An die beiden ersteren hatte ihm der große Cornelius
Empfehlungen gegeben, beim letzteren war er durch
seinen Landsmann, den Kupferstecher Gonzenbach in
München, eingeführt. Fvrster als biederer Schweizer
sagte Weber offen heraus, daß er noch gar nichts,
weder stechen nvch zeichnen kvnne und solglich alle
Energie aufbieten müsse, um in Paris nicht unterzu-
gehen. Weber nahm sich dieses Wort, das aufrichtig
und gut gemeint war, sehr zu Herzen und warf sich
zunächst eisrig aufs Zeichnen, und das mit großem Er-
solg, wie die im Besitze des Schwagers des Verstorbenen,
des Or. Gvttlieb Bischoff in Basel, befindlichen Blätter
zcigen. Schncll lebte Weber sich in Paris ein. Jin
Frühjahr 1841 trat er in das Atelier von Paul
Delaroche, das damals entschieden das erste Frankreichs
war; er verkehrte daselbst mit Männern wie Uoon
und Gsröme. Jn jene Zeit fällt auch die Begründung
seines Rufes. Weber verstand es, sich svgleich vor-
teilhaft bei deni Pariser Publikum einzuführen. Sein
Glück machten eine Anzahl Porträts, die von Gavard
für die durch Louis Philipp angeordnete Herausgabe
der Galerie von Versailles bestellt waren und im
Pariser Salon sehr bemerkt wurden. Unter ihnen sind
besonders die Bildnisse der Prinzessin von Lamballe,
der Herzogin von Orlöans, der Kaiserin Josephine
und der Kvnigin Leszczynska, sowie die Bildnisse Sar-
tine's (1842), Canova's und Mirabeau's (1843) her-
vorzuheben. Nicht in jene Serie gehört das Blatt
nach Landelle, König Salorno und Saba, das wahr-
scheinlich schon in Paris gestochen ist, und das Porträt
Benjamin Constants nach Delaroche (1844). Die

Ferien benutzte Weber, um die Sammlungen der Welt-
stadt zu studiren und die landschaftlich so rnalerischen
Umgebungen von Paris kennen zu lernen. Jm Sommer
1842 ward gar ein weitcrer Ausflug gemacht. Es
ging die Seine hinunter, durch die Nvrmandie nach
Rouen und Havre, sodann nach England hinüber, von
Southamptou nach London, und endlich über Holland
und Belgien wieder nach Frankreich. Weber hatte
dasselbe in kurzer Zeit so lieb gewonnen, daß er sich
fürs erste nicht dazu entschließen konnte, nach Deutsch-
land zurückzukehren, trotzdem Kaulbach ihn zu über-
reden suchte, den Stich von Reineke Fuchs zu über-
nehmen, und von München aus ihm sehr günstige
Bedingungen gestellt wurden. Auch hatte er bei Forster,
zu dem die Beziehungen immer enger geknüpft wurden,
noch nicht ausgelernt. Jm Jahre 1843 zog er sogar zu
demselben ins Haus. Für die Jntimität, in welcher der
Schüler zum Lehrer stand, sprecheu zwei Zeichnungen:
die eine, im Besitze des Altregierungsrats Bischoff,
stellt Weber dar, trägt das Datum 1845 und die Unter-
schrift Forsters, die andere, welche von Webers Hand
herrührt und die Züge Forsters zeigt, fand sich uuter
den Papieren des Meisters vor und ward nach seinem
Tode mit deni übrigen Nachlasse in der Kunsthalle zu
Basel öffentlich ausgestellt. ^) Jm Jahre 1847 hatte
sich Weber Les ersten thatsächlichen Erfolges zu er-
freuen. Schvn längere Zeit arbeitete er an deni
Blatte „Napvleon und sein Sohn" von Steuben; er
konnte und konnte sich nicht selbst genügen, eine sxrsuvo
ä'essai folgte der anderen, bis endlich Forster zum
Abschluß drängte. Es svll hier nicht untersucht werden,
ob Weber recht hatte, wenn er später einmal sagte,
er hätte eigentlich noch sechs Wochen länger an der
Platte arbeiten müssen, der Umstand, daß sein Werk
ihm im Salon die goldene Medaille zweiter Klasse ein-
trng, spricht zur Genüge für die Vortrefflichkeit desselben.
Gestärkt durch den Erfolg, begab er sich im Sommer
1847 mit Forster zusammen nach Norddeutschland,
wo er in Potsdam Alexander von Humboldt vorge-
stellt wurde und in Berlin mit Männern wie Mandel,
Olfers, Waagen und Kaulbach zusammenkam. Weber
war bckanntlich ein beliebter Gesellschafter, nicht nur
wußte er geistvoll über seine eigene Kunst zu reden,
als Dilettant leistete er auch in einer anderen Be-
merkenswertes. Er spielte wie Benvenuto Cellini die
Flöte und zwar nicht wie dieser gezwungen, sondern
aus eigenem Antrieb, als Solist wie im Orchester
wußte er seinen Mann zu stellen. Auch hat er sich
entschiedene Verdienste um das musikalische Leben in
Paris erworben, er gründete dort unter der Leituug

I) Vgl. Nr. 2018, vom 4. März 1882, S. 176.

1) Vgl. Allg. Schw.-Ztg. v. 4. April, Nr. 8». Die
Ausstellung hat die schöne Summe von 9600 Fr. eingebracht.
 
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