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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Brun, Carl: Zur Erinnerung an Friedrich Weber, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0266

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Äunstlitteratur und Kunsthandel.

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weitaus die beste Nachbildung eines Werkes Luini's ist.
Keiner hat es sv wie Weber verstanden, den Nach-
folger des Lionard o da Vinci in seinem innersten Wesen
zu erfassen. Das Erscheinen des Blattes wurde durch
den dentsch-französischen Krieg hinansgeschvben, erst
187l konnte die Arundel-Society für den Vertrieb
desselbcn sorgen. Während des Krieges stach Weber
die Magdalena Winterhalters, das Pendant zur Elisa-
beth. Jm Frühling 1871 begab er sich nvchmals
nach München, um dort das Selbstporträt Raffaels,
das Bildnis der Frau von Peter Paul Rubens und
die sogen. Bivlanta des Paris Bordone zu zeichnen;
nur letztere liegt uns als Stich vor. Gleichzeitig trug
er sich mit dem Gedanken, Tizians irdische und himm-
lische Liebe zu reprvduziren. Es ist nicht schwer zu
erraten, warum ihn gerade dieses Bild sv anzog, mußte
ihn doch die Wicdergabe desselben notwendigerweise
nach Rom führen. 1873 war es ihm denn auch zum
erstenmal vergönnt, die ewige Stadt zu schauen, mit Bc-
geisterung genoß er den dvrtigen Aufenthalt, und mit
liebender Hingabe sammelte er im Palazzo Boi;ghcse die
nötigen Materialien zu seinem Stiche. Jm Jahre
1874 war derselbe vollendet.

Bis hierher reicht die Sclbstbivgraphic Webers.
Die acht Jahre, welche die Vorsehnng ihm nun nvch
schenkte, waren ausschließlich der Arbeit, seiner Familie
nnd dem bcschaulichen Leben im Frenndcskreisc ge-
widmet. „Ne freudig Stündli ischs nit e Fündli?"
Dies Wort Hebels, das dem Bildnis des allemannischen
Dichters als Mottv beigegcbcn ist, war auch Weber
so recht aus der Seele gesprochen. Außer dem Pvr-
trät Hebcls (1877) müssen schließlich noch als bisher
nicht erwähnt die Bildnisse des Kronprinzen und der
Kronprinzessin von Preußen nach Winterhalter (1868)
und diejenigen des Ratsherrn Christ (1878), des Prof.
Hagenbach und des Bürgermeisters Stehlin genannt
werden.

Die Auszeichnungen, welche Weber während seines
langen Lebens zn teil wurden, und die er nie gesucht
hat, sind sehr zahlreich und mannigsaltiger Art. Er
gehörte nicht nur der Berliner, sondern auch der Pariser
und Genfer Kunstakademie an, seit 1878 war er eben-
salls Ehrenmitglied der Wiencr Akademic. Vvn den
Vereincn seiner Vaterstadt hatten ihm der Kunstverein
und die historische Gesellschaft das Diplom eincs Ehren-
mitgliedes verliehen. Er saß ferner in der K»nst-
kommission von Basel und in der Jnry, wetche die
Wahl zu treffen hatte unter den Konkurrenzarbeiten
für die Tellskapelle. Die letzte öfsentliche Auszeichnung
wurde ihm 1878 auf der Pariser Weltausstellung zu-
erkannt. Alle diese Ehrenbezeugungen sprcchen zum
Überflnß für die hohe Stellung, die Weber unter seinen
Fachgenossen einnahm; ich sage zum Übcrfluß, denn

ein Blick auf sein Werk allein genügt schon, um uns
die große Bedeutung des Mannes erkennen zn lassen.
Weber ist jedenfalls ein Meister allerersten Ranges.
Mit seinem Talent Hand in Hand ging eine uner-
müdliche Arbeitskraft, bei seinem Ende durfte er be-
friedigt anf ein gut ausgesüllles Leben zurückblicken.
Seinem Wahtspruche: Orn st laborn bis zum letzten
Atemzuge treu bleibend, ist er gleich dem Feldherrn
auf dem Schlachtfelde mitten in der Arbeit gestorben.
Der Umstand, daß sein letztes Werk, Luini's Unäolls
nnx trois rosss, von einem berufenen Stecher, von
Franyois in Paris, vollendet werden wird, kann dcn
Vcrehrern seiner Kunst nur zur Befriedignng gercichen.
Zürich, den 20. April 1882. Carl Brun.

Aunstlitteratur uud Aunsthandel.

Suxplemente zu den lsandbüchern der Uupferstich-
kunde von I. E. Wessely. Stnttgart, W. Spe-
inann. 1881. 103 S. mit 2 Tafcln in Lichtdruck.

Unter vvrstehendem Titel hat der in Fachkreisen
rühmlich bekannte Verfasser eine Reihe von Artikeln,
welche er zuerst im Repertorium für Kunstwissenschaft
veröffentlichte, nunmehr inBuchform als ein geschlossenes
Ganzes erscheinen lassen. Eigentlich ist diese Bezeich-
nung nicht ganz zntreffend; denn als ein geschlossenes
Ganzes kann cin Snpplcment nnmöglich betrachtet
werden, zn dem jeder Kupferstichsammler oder Lieb-
haber ein fast gleich volnminöses Supplement zu
liefern imstande ist, svfern ihm, wie Wessely, ein ge-
übtes Auge und die Ersahrungen eines Vierteljahr-
hunderts zur Seite stehen. Das Buch selbst bestätigt
diese Beurteilung; denn es ist seinerseits wieder ein
Supplement zn den Nachträgen, welche Weigel, Passa-
vant u. a. zn Bartschs I'oiutrs - Ornvsur versucht
haben. — Die Übersichtlichkeit der Kupferstichlitteratur
wird auch durch die sich immer mehrenden Supplemente
eher erschwert als gefördert, und es ist für unsere arme
Spezialwissenschaft nicht früher eine Besserung zu er-
hoffen, als bis jemand den Mut besitzen wird, den
ganzen Bartsch umzuarbeiten oder vielmehr einen neuen,
den Bedürsnissen und unserer Zeit entsprechenden
ksintrs - Ornvsur zu veröffentlichen, in welchem alle
Supplemente vvn Weigel bis Wessely und nicht minder
alle Mvnographien enthalten sein müßten. Nur durch
ein solches Werk kann das jetzt herrschende Einschach-
tetungssystem radikal beseitigt werden.

So lange nun freilich, wie es den Anschein hat,
das Holz für die Wiege jenes neuen Bartsch noch nicht
gefällt ist, müssen wir den Mannern dankbar sein, die
uns, wie Wessely, die Schätze ihrer Erfahrungen nicht
vorenthalten, sondern dieselben zu Nutz und Frommen
 
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