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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Förster, Bernhard: Aus dem Bistum Zeitz-Naumburg
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0276

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547

Todesfälle.

548

Lehrkrcifte (Religionslehrer, Tiirnlehrer, Mnsiklehrer rc.)
tzcirstellen sollen. Die hervorspringenden Mcinnerchen
in niodernster Gewcindung stehen der sonstigen Uin-
gebung etwa so zu Gesicht, wie Herren im Frack und
hohem Hute sich in dem Kreuzgange eines gotischen
Klosters ausnehmen.

Das Jnnere des Nauniburger Domes mit
seinem unvergleichlichen bildnerischen Schmuck, dessen
hoher kunstgeschichtlicher Wert noch nicht hinlänglich
gewürdigt ist, bietet seit seiner verständnisvollen Wiever-
herstellung eine so erhabene Raumwirkung dar, wie
nur wenige romanische Bauten unseres Vaterlandes.
An die Vollendung des äußeren Baues war man
leider noch nicht gegangen, wiewohl dem hiesigen
Domkapitel ganz bedeutende Geldmittel zur Verfügung
stehen. Unbegreiflicherweise werden diese Uberreste
uralter frommer Stiftungen dazu verwendet, alten
Generälen und Civilbeamten eine zum Teil recht er-
hebliche Zubuße zur Bestreitung ihrer Tafelfreuden rc.
zu gewähren. Endlich ist auch ein Teil dieser Gelder
dem Dombaufonds zur Disposition gestellt worden und
der Ausbau der unvollendeten beiden westlichen Türme
soll in Angriff genommen werden. — So wenigstens
wird uns aus zuverlässiger Qnelle mitgeteilt.

Auch sonst ist der pietätvolle Sinn in unserer
an historischen Erinnerungen und beachtenswerten Bau-
denkmälern reichen Provinz schon seit vielen Jahren
in der Stille thätig gewesen. Der Gymnasialdirektor
Schmidt in Nordhausen, der Pfarrer Winter, Archiv-
rat von Mülverstedt in Magdeburg, Prof. Opel in
Halle u. a. haben hier in erfolgreicher Weise gearbeitet-
Es fehlte nur an einem Centralpunkt sür alle die
notwendigen Einzelforschungen. Die centrale leitende
und verwertende Kraft wurde um so schmerzlicher ver-
mißt, als das Bistum Halberstadt, die Wiege des
nordisch-romanischen Baustils, das Erzstist Magdeburg,
vor allem die beiden Bollwerke des germanischen Geistes
gegen das Slaventum, Merseburg und Naumbnrg-Zeitz,
eine scharfe historische Beleuchtung bedurften und seit
den verdienstvollen, aber völlig veralteten Arbeiten von
Lepsius und Puttrich auf diesem Gebiete wenig ge-
schehen war. Nur Corssens wertvolle Monographie
über Schulpforta soll nicht unerwähnt bleiben. Da
ist denn die durch den Beschluß der Provinzialver-
tretung vom 18. Nov. 1876 ins Leben gerufene
„Historische Kommission" der Provinz Sachsen
mit aufrichtigster Freude zu begrüßen, welche es als
eine ihrer wichtigsten Aufgaben erkannt hat, mit der
„Aufnahme und Beschreibung der Kunstdenkmäler in
den Regierungsbezirken Magdeburg, Merseburg und
Erfurt vorzugehcn". Man folgt also hier endlich deni
guten Beispiel, mit welchem nns Österreich und die Rhein-
lande, neuerdings auch Elsaß, Hessen und Hannover

vorangegangen sind. Die Früchte der ersprießlichen
Thätigkeit dieser Kommission liegen vor uns in dem
stattlichen, gut ausgestatteten ersten Bande der „Be-
schreibenden Darstellungen der älteren Bau- und Kunst-
denkmäler der Provinz Sachsen" (Halle a. d. S.,
Druck und Verlag von Otto Hendel). Es wird in
demselben nur erst einer der in baugeschichtlicher Hin-
sicht besonders hervorragenden Kreise der Provinz
behandelt, nämlich Mühlhausen, die alte freie Reichs-
stadt, mit ihren schönen Denkmälern gotischer Bau-
kunst. Aber die völlige Jnventuraufnahme aller
architektonischen und tektonischen Werke bis in die Zeit
des 17. Jahrhunderts, namentlich eine völlige Über-
sicht über die Glocken mit Angabe der Jnschriften, die
Rekonstruktion der hier und da vorhandenen Reste
romanischer Dorskirchen u. s. f. machen das Werk zn
einem äußerst brauchbaren Handwerkszeug des Histori-
kers und Forschers nicht blos dieser Provinz. Außer
Mühlhausen sind in diesem Bande noch die Kreise
Zeitz, Langensalza, Weißensels, Sangerhausen be-
handelt. Die Aufnahmen sind für Sangerhausen von
vr. Julius Schmidt, für die vier anderen Kreise
von dem Bauinspektor Gustav Sommer gemacht; an
der Redaktion hat vr. Heinrich Otte den hervor-
ragendsten Anteil, dessen Mitarbeiterschaft allein schon
genügende Bürgschaft für die Solidität des Unter-
nehmens bietet. Die ca. 360Holzschnitte geben eine große
Anzahl von Grundriffen, Aufrissen rc. zum erstenmale
und erwecken eine wahrhaft schmerzliche Sehnsucht nach
dem möglichst raschen Erscheinen derfolgenden Bände.

Eine Geschichte der deutschen Kunst zu schreiben,
wird im vollen Sinne des Wortes erst dann möglich
sein, wenn die Lokalforschung allerorts in dieser ein-
gehenden, anspruchslosen und verdienstvollen Weise vor-
gearbeitet hat. Sei es uns an dieser Stelle gestattet,
den emsigen und erfolgreichen Arbeitern den ausrichtig-
sten und wohlverdientcn Dank aller Beteiligten auszu-
sprechen! Übrigens möchten wir diese „beschreibende
Darstellung" keinesfalls blos in der Bibliothek des
Historikers und Kunstforschers von Fach, sondern in
den Händen jedes sür die Vergangenheit seines Landes
interessirten Mannes wissen, umsomehr, als bei solchen
zusammenfassenden Arbeiten die Hilfe gebildeter Dilettan-
ten stets erwünscht ist. B. Förster.

Todesfälle.

Jn Dresden sind zwei unserer Mitarbeiter kurz hinter-
einander aus dein Leben geschieden. Am zweiten Pfingst-
tagestarb HermannHettner, der geistvolleLitterarhistoriker
und Kunstforscher, und am 1. Juni Carl Claus, Direktor
dsr königl. Porzellan- und Gefäßsammlung, der erstgenannte
nach langer Leidenszeit, der letztere plötzlich und unerwartet.
Beiden ist diese Zeitschrift für das ihr seit ihren ersten An-
fängen zugewandte werkthätige Jnteresse zu besonderem Danke
verpflichtet.
 
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