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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Die bayerische Landesausstellung in Nürnberg von 1882
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Die bayerische Landesausstellung in Nürnberg von 1882.

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Aussührung kam, ist die Veranstaltung einer historischen
Abteilung, d. h. einer Ausstellung von Kunstwerken
aus der Regierungszeit der drei letztverstvrbenen Kvnige,
Welche Ausstellung den Zweck hat, einerseits zum Ver-
gleich zwischen den modernen und älteren Kunstwerken
anzuregen, andererseits aber zu zeigen, wie Bayern
auf dem Gebiete der bildenden Kunst schon zu einer
Zeit hervorragend und tonangebend war, in welcher
anderswo kaum erst Anfänge vorhanden waren. Den
Mittelpunkt dieser Abteilung nimmt das von Rauch
gcfertigtc Modell dcs Dürerstandbildes in Nllrnberg
ein, womit dem alten Meister in seiner Vaterstadt
auch bei der Landesausstellung die ihm gebührende
Huldigung zu teil wurde. — Die Gesamtzahl der in
der Kunsthalle vertretenen Künstler beträgt ca. 280.

Auf drei Seiten hat der Kunstpavillon Anbauten
erhalten, welche die mit der Kunst so wesentlich zu-
sammenhängenden vervielfältigenden Künste, den Buch-
druck und Holzschnitt, den Kupferstich und Steindruck, die
Photographie und den Lichtdruck aufnahmen. Auch diese
Zusammenstellung der bildenden Kunst und der graphi-
schen Künste in diesem Umfang ist auf der bayerischen
Landesausstellung eine äußerst glückliche, weil man da-
durch wie von selbst auf die Bedeutung der Kunst und
deren Einflüste auf die Gewerbe aufmerksam gemacht
wird. Die Ausstellung der graphischen Künste ist eine
hochinterestante; der Buchdruck zeigt, daß Bayern
hierin den besten ausländischen Etablissements eben-
bürtig ist, in der Lithographie ist namentlich Nürnberg,
in der Photographie und im Kupferdruck München und
Nürnberg hervorragend.- Den graphischen Künsten
schließen sich die Mal-, Zeichen- und Schreibutensilien
an, die in besonders hervorragender Weise vertreten sind.

Von dem Kunstpavillon führt ein gedeckter Gang
in den Pavillon sür fachgewerbliches Bildnngs-
wcsen und Verkehrswesen. Ersteres ist von der
technischen Hochschule bis zur letzten Fortbildungsschule
und den Privatschulen vollständig vertreten. Hervor-
ragend sind die Jndustrie-, Baugewerk- und Kunstge-
Werbeschulen; aber auch Lie Frauenarbeitsschulen treten
ihnen würdig zur Seite. Über die Geschichte und Ent-
wickelung des fachgewerblichen Bildungswesens inBayern
enthält der Katalog vollständig erschöpfende, höchst ge-
diegene Abhandlungen.

Das Verkehrswesen ist in hervorragender Weise
durch die Generaldirektion der königl. bayerischen Ver-
kehrsanstalten in Vorführung des Eisenbahn-, Post-
und Telegraphenbctricbcs, des Betriebes auf dem Donan-
Mainkanal und der Bodenseedanipsschiffahrt vertreten.
Ein Post- und Telegraphenbureau, sowie ein Eisen-
bahnschalter dienen der Benutzung des Publikums,
letzterer deshalb, weil die Pferdebahn von hier
direkt zum Bahnhof fährt und Fahrgäste aufnimmt,

welche von der Ausstellung weg mit dem Bahnzuge
abfahren. — Jn diesem Pavillon befindet sich auch ein
originell ausgestattetes Lefezimmer, mit einer einem
alten Nürnberger Patrizierhaus entnommenen Ver-
täfelung und Decke.

Vom Verkehrspavillon kommen wir in dieWagen-
halle, in welcher von den berühmtesten Etablisse-
ments Bayerns Eisen- und Pferdebahnwagen aller
Art zur Aufstellung kamen. An diese Halle schlicßt
sich die Maschinenhalle nnt ihrem reichen Jnhalt
an. Hier mögen vor allen die herrlichen Buch- und
Steindruckpressen erwähnt werden, die von vier Firmen
ausgestellt sind. Mit der Maschinenhalle ist die Halle
für landwirtschaftlicheMaschinen verbunden, das Keffel-
haus, Wasserreservoir, ein Ölgaserzeugungsapparat rc.

Das Hauptgebäude, 17 000 gin umfaffend,
hat eine beinahe guadratische Gestalt. Es hat auf
den vier Seiten große, 18 in breite Hallen und in
der Mitte zwei in dieselben ausmündende, gleich große
Kreuzhallen. Die vier dadurch entstehenden leeren
Räume haben sogen. Durchgangshallen aufgenommen,
so daß also, weil diese bedeutend niedriger sind, dic
Orientirung außerordentlich leicht ist.

Die mittlere Halle ist als Ehrenhalle zur Auf-
nahme der hervorragendsten Jndustrien des Landes be-
flimmt worden. Hier hat auch das Münchener Kunst-
gewerbe, d. h. der größere Teil desselben, auf besondern
Wunsch des dortigen Lokalkomitö's Ansstellung gesunden.
Dcr Mittelpunkt dieser Halle als Kreuzungspunkt der
beiden Kreuzhallen ist dekorativ besonders ausgezeichnct.
Eine große Fontäne nimmt den Mittelraum ein, rings
herum sehen wir die Bleistiftfabrik von A. W. Fabcr,
die Portefeuillewaren von I. G- Kugler in Nürn-
berg, die Goldpapiere von Hänle in München, die
Nürnberger Ultramarinfabrik und die Farbenfabrik von
Pabst L Lambrecht, die Nehersche Turmuhren-
sabrik, die verschiedenen Gold- nnd Silberdraht-
waren aus Nürnberg, Treuchtlingen, Weißenburg, die
Gußstahlsaiten von Pöhlmann u. A. Jn dem ganzen
übrigen Raume sind die einzelnen Gegenstände streng
nach Gruppen zusammengestellt und zwar in der Weise,
daß neben den fertigen Produkten auch die Rohproduktc
und Halbfabrikate, die Werkzeuge zur Herstellung der-
selben, die Mittel zur Verzierung und Beredlung auf-
gestellt sind. Auf diese Weise sind nach dem Material
geordnete und technologisch abgeteilte Gruppenbilder
entstanden, welche das Studium ungemein erleichtern
und zugleich dem Laien einen Einblick in die Her-
stellung der verschiedenen Fabrikate geben. Einzelne
Aussteller habcn in Verfolg dieses Gedankens sogar
vollständige kleine Werkstätten errichtet. So sehen wir
eine Glasschleiferei, die Spielwarenfabrikation aus
Papiermachö, die Nadel- und Messerfabrikation, dic
 
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