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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Die bayerische Landesausstellung in Nürnberg von 1882
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Fabriczy, Cornelius von: Opfer der Restaurationswut in Italien
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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0298

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591

Opfer der Restaurationswut in Jtalien.

592

Cigarrenfabrikation, die Herstellung der Schildkrot-
knöpfe u. a.

Die Gesamtzahl der Aussteller auf gewerblichem
Gebiete beträgt genau 2500 und die gesamteu
Ausstellungsgebäude nehmen einen Flächenraum von
33000 gm ein.

Zahlreich sind auch die Ausstellungen im Freien.
Bon den größeren Banten erwähnen wir die Cement-
baue von Dyckerhoff L Widmann, Knvblauch
L Comp. und Knaps, der Maximilianshütte und
des Eisenwerkes Kaiserslautern, einen Pavillon für
mechanische Spiclwaren, fur Rolljalousien, des Eisen-
werkes Fronberg und verschiedener Bauindustrieller.
Äußerst interessant sind die Pavillons der badischen
Anilin- und Sodafabrik und der Ausstellungszeitung,
Welche täglich hier gesetzt, stereotppirt und auf einer
durch elektrische Kraftübertragung aus der Maschinen-
halle in Bewegung gesetzten Rotationsmaschine gedruckt
wird. Die Unternehmer der Ausstellungszeitung sind
die Herren Tümmel (Eigentümer des Fränkischen
Knrier in Nürnberg) und König L Bauer in Oberzcll.

Der Besuch der Ausstellung ist ein alle Er-
wartungen weit übersteigender, und die Hoffnung, daß
das Unternehmen einen bedentsamen Abschnitt in der
gewerblichen Entwickelung Bayerns bilden nnd der Aus-
gangspunkt zu einer gesunden und allseitig fortschreiten-
den Bewegung sein werde, hat sich jetzt schon verwirklicht.

Nicht nnerwähnt darf dcr Katalog bleiben, der
in solcher Anlage und Durchführung noch bei keiner Aus-
stellung zu haben war. Es sind nämlich die einzelnen
Arbeitsgebiete, welche die Unterabteilungen einer Gruppe
bilden, mit Einleitungen versehen, welche nach dcr
historischen, statistischen und technologischen Seite hin
alle gewünschten Aufklürungen über dic betreffenden
Jndustrien im allgemeinen und ihre Bedeutung in
Bayern geben. Deshalb ist der Katalog cin wissen-
schaftliches Nachschlagebuch, das auch Wert nnd Geltung
hat, wenn die Auöstellung längst vorbei istf ferner
sind von einzelnen Ausstellern kurze, aber möglichst
erschöpfende Notizen über deren Geschäftsbetrieb und
Geschästsumsang beigegebcn, die namentlich für Auf-
traggeber von hohem Wert sind.

Außerdem hat der Katalog der bayerischen Landes-
ausstellung noch eine Eigenschaft, die ihn vorteilhaft
auszeichnet: er war, wie die Ausstellung selbst, ani
Tage der Eröffnung sertig und zum Verkauf bereit.

8t.

Opfer der Restaurationswut in Italien.

Das „Atheneum" berichtet über einen Appell, den
der Mailänder Kunstforscher, Professor Tito Paravi-
cini, beknnnt dnrch seine Publikation über die Baudenk-

mäler der Lombardei (Dresden, Gilbers 1877 u. ff.)
aus Anlaß der Gefahr, die mehrere hervorragende
Monumente Mailands und seiner Umgebung infolge
der ihnen teils zugedachten, tcils auch schon angediehencn
Restaurationen bedroht, an die „Gesellschaft für den
Schutz alter Kunstdenkmäler" gerichtet hat, welche vor
einigen Jahren in England entstand, als das rücksichts-
lose Vorgehen bei den Wiederherstellungsarbeiten an
San Marco zu Venedig in kunstliebenden Kreisen die
regsten Besorgnisse hervorgerufen hatte. Überans
schmerzlich muß jeden Kunstfreund die Versicherung
Professor Paravicini's berühren, er habe sich zu diesem
Schritte erst entschlossen, nachdem seine Bemühungen
bei seinen Landsleuten nicht nur nicht den gewünschten
Erfolg gehabt, sondern im Gegenteil ihm nur den
Vorwurf der Lächerlichkeit nnd Übertreibung cingetragen
hätten. Noch trostloser ist die Perspektive, welche die
Behauptung des Genannten für die Zukunft der Kunst-
schätze Jtaliens eröffnet, daß gerade diejenigen Monn-
mente, welche der speziellen Fürsorge der italienischen
Kommission sür Erhaltung der Kunstdenkmäler und
der Mailänder Akademie dcr bildenden Künste anver-
traut sind, bei ihrer Restauration unersetzbaren Scha-
den erlitten haben. Die Liste, die Professor Para-
vicini als Beweis seiner Behauptungen aufstellt, ist
lang; einige Fälle, die wir ihr entnehmen, mögen dar-
thun, was znm Teil schon unwiederbringlich verlorcn
ist, zum Teil in nächster Zukunst ähnlichem Schicksal
entgegengeht.

Die beiden Türme zu Seiten der mittelalterlichen
Porta Ticinese haben einer Straßenerweiterung weichen
müssen und sind aN anderer Stelle wieder aufgebaut
worden, (!) der Hochaltar in S. Ambrogio mit dem Taber-
nakel und dem Paliotto d'oro, beides Unica aus dem
9. Jahrh., wurde aus seiner ursprünglichen Stellung,
von der Hauptaxe des Gebäudes nach Norden etwas
abweichend, weggeschoben und mit mathematischer Ge-'
nauigkeit in die Axe des Mittelschiffs gerückt. Jene
ursprüngliche Ausstellung war durch die Erinnerung
an die Stelle bedingt, wv der heil. Augustin vom
heil. Ambrosius die Taufe empfangen hatte. Außer-
dem svtl das Äußere der Kirche, soweit dies nicht
schon geschehen ist, im Stil des 9. Jahrhunderts her-
gestellt werden, und diesem Beginnen znnächst das
schöne Fragment der schlanken Halle, die an das nörd-
liche Seitenschiff angebaut ist, die sogenannte Canonica,
eines der wenigen beglaubigten Werke Bramante's
in Mailand, zum Opfer fallen. Von einer womöglich
noch barbarischeren Prozedur ist ein zweites Werk des-
selben Meisters bedroht, indem das Äußere des Chors
und Jnnenbaues von S. Maria delle Grazie nach
dem preisgekrönten (!) Restaurationsentwurf des mai-
länder Architekten Colla eine Steinverkleidung erhalten
 
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