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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Fabriczy, Cornelius von: Opfer der Restaurationswut in Italien
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0299

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593

Kunstlitteratur uud Kunsthandel. — Kunsthistorisches.

594

soll, was mit der Vernichtung der delikaten Terra-
kottaarchitektur Bramante's an diesen Teilen des Baues
wohl identisch ist. — Die alte romanische tonnenge-
wölbte Kirche S. Babila wurde von Grund auf neu
gebant, nnd dabei nichts als die Grundrißanlage des
ursprünglichen Banes bewahrt; nun soll auch S. Gio-
vanni in Conca aus Lem 13. Jahrhundert, seit längerer
Zeit schon außer Gebrauch, abgebrochen werden. .—
Ähnliche Schicksale bedrvhcn bei den zunächst in Aus-
-sicht genommcnen Rcstaurationcn die Kirchen S. Cali-
mero, S.Maria Jncoronata nnd S. Maurizio. Wie es
hierbei den hcrrlichen Fresken Luini's in letztgenannter
Kirche ergehen wird, ist nicht abzusehen; jedenfalls ist
es, auch wenn sie vorher abgelöst und in die Brera
versetzt werden, um die einzig harmonische Wirkung,
die dieser Bau mit seinem malerischen Schmuck ge-
währtc, für alle Zukunft geschehcn.

Außerhalb Mailandshat insbesonderedie Certosa
von Pavia zu leiden gehabt. Die reichen und deli-
katen Terrakottaornamente am Äußeren der Kirchc
(außer der Fassade) sowie der Klosterhöfe haben Lurch
einen Anstrich mit dicker roter Ölfarbe, der den Formen
alle Schärfe nimmt, indem er die vertieften Stellen
des Reliefs erfüllt, cinen wesentlichen Teil ihrcr Schön-
heit eingebüßt; die Wände der Kreuzgänge und Kloster-
räume sind alle, ohne Rücksicht auf manchen Überrest
alter Malereien, den sie noch bewahrten, weiß über-
tüncht worden, und was vow den schönen gemusterten
Terrakottafliesen, womit der Boden des Querschiffs be-
legt war, noch übrig geblieben, ist durch neue Mar-
morplatten ersetzt worden. — Was nach allen diescn
Präzedenzicn Vvn der Wicderherstellnng dcr alten, in
Rninen liegenden Kirche S. Pietrv in Cielo d'oro zn
Pavia, einem Bau des 11. oder 12. Jahrhunderts, zu
crwartcn steht, die nun in Angriff genommen wcrdcn
soll, kann man leicht crmessen; und so ungewvhnlich
es auch sein mag, eine ausländische Gesellschaft die
Sorge für die Erhaltung der Kunstdenkiüäler eines
Landes übernehmen zu sehen, so muß doch jeder auf-
richtige Kunstfreund wünschen, daß die gewiß nicht
ohne manches Hindernis nationaler Empfindlichkeit zu
erreichenden Ziele derselben den Kunstschätzen Jtaliens
in immer vollständigercm Maße zu gute kommen
möchten! C. v. Fabriczy.

Aunstlitteratur und Aunsthandel.

Die Holzarchitektur Hildesheims, herausgegeben von
Karl Lachner, ist bis zum vierten Heft vorgeschritten,
(Hildesheim, Borgmeyer). Dasselbe berichtet über das
Kramergildenhaus und über das unter Nr. 1254 an der
Eckemeckerstraße belegene Wohnhaus, sowie über einige
andere, noch der gotischen Periode angehörige Bauten. Die
in Zinkotypie ausgeführten, teils in den Text, teils auf Tafeln
abgedruckten Abbildungen sind wiederum sehr sorgfältig und

charakteristisch gezeichnet und gewähren eine lebendige Vor-
stellung von der Ornamentation der spätgotischen Fachwerks-
bauten der alten Bischofsstadt. Mit dem nächsten Hefte wird
der Verfasssr in die Renaissanceperiode eintreten und damit
auf ein Gebiet übergehen, welches schon in Ortweins „Deut-
scher Renaissance" von Schreiterer und Heuser bearbeitet
worden ist. Vielleicht wird die Lachnersche Arbeit eine will-
kommene Ergänzung der älteren Publikation bieten.

8n, Dic Bilderinappcn des dcutschcn Familienblattes
bringen die schönsten Holzschnitte größeren Formates, welche
dieses tresflich illustrirte Wochenblatt im Laufe dss Jahres
veröffentlichte. Die Bilder sind auf getontem starken Küpfer-
druckpapier mit einem eingedruckten Plattenrande aufgezogen,
ein Verfahren, durch welches die äußere Erscheinung der
Blätter eine gewisse Vornehmheit erhält. Jede Lieferung
enthält drei solcher Blätter in kl. Folio nebst entsprechenden
Textblättern und kostet nur 60 Pfennig, ein erstaunlich
billiger Preis, wenn man die Vorzüglichkeit der Holzschnitte
und die Opulenz der Ausstattung in Betracht zieht. Wir
wollen nicht versehlen, bei dieser Gelegenheit das vortrefflich
geleitete Blatt unseren Lesern aufs neue zu empfehlen; der
Verleger desselben ist sichtlich bemüht, nur gut gezeichnete
und künstlerisch ausgeführte Jllustrationen vorzuführen. Der
Jnhalt des Blattes nimmt nicht selten Bezug auf das Kunst-
leben der Gegenwart.

Von der von Gcoiges Perrot und Charles Chipicr inParis
iinternommenen „Geschichte der Kunst im Altertum" erscheint
bei Brockhaus in Leipzig eine Übersetzung, von welcher bis
jetzt zwei Lieferungen vorliegen. Sie hat Richard Pietsch-
mann zum Urheber und ist von Georg Ebers mit einer Vor-
rede versorgt, die sich auf die erste Abteilung bezieht. Diese
erstreckt sich ausfchließlich auf Ägypten und foll 20 Liefe-
rungen umfassen, ein Umstand, der von der bedeutenden
Ausdehnung des gesamten Unternehmens einen annähernden
Begrifs giebt. Das Werk ist sehr reich mit zinkotppirten
Abbildungen ausgestattet. Auf den Jnhalt und dessen wissen-
schaftlichen Wert wird später zurückzukommen sein.

Einc Neihe von Bronzestatuen und Nelicss, welche als
Dekorationsstücke den Palast der Universität in Genua
schmücken, sind kürzlich von dem in genannter Stadt ansässigen
Photographen Noack aufgenommen und füllen mit lOBlättern
kl. Folio eine stattliche bei Th. Schüller in Leipzig erschienene
Mappe. Als Urheber dieses Reliess wird Giovanni da
Bologna bezeichnet, eine Annahme, die insofern sehr
zweifelhaft ist, als das Bauwerk selbst erst nach dem Tode
dieses Bildhauers errichtet wurde. Es ist bekanntlich einer
der reizvollsten Barockpaläste Genua's, den man mehr auf
die Gesamtwirkung seiner Hofanlage als auf das Detail hiu
betrachten muß. Für Giovanni erscheinen die bildhauerischen
Leistungen, die in sehr schönen scharfen Aufnahmen vor uns
liegen, Loch wohl ein wenig zu schwach in der Komposition
und matt in der Empfindung.

Aunsthistorisches.

Malereien in einem altgricchischen Giabe. Eine wich-
tige Entdeckung hat man, nach dem soeben erschienenen
Heft des „Parnassos", nördlich vom alten Korinth, ge-
macht, bei dem gewöhnlich Msgali Porta, d. h. Großes Thor,
genannten Platze; man hat nämlich ein Grabgemach mit
teilweise wohl erhaltenen Malereien gefunden. Man stieß
auf das Grab, welches an der Südseite des Berges am Ab-
hange gelegen ist, bei Gelegenheit einer Straßenanlage;
unglücklicherweise wurden von den Arbeitern drei Seiten
fast völlig zerstört, so daß nur dis vierte, gegen den Berg
gelehnte, erhalten blieb. Das Grab war 3,52 w. lang und
ziemlich 3 m breit; die Wände waren aus gewöhnlichen
Stsinen, Ziegeln und Sandmörtel erbaut, mit Stuck über-
zogen, und darauf waren die Malereien angebracht. Die
eine, allein ganz erhaltene, war durch horizontale Linien
in vier Streifen geteilt; in dem untersten erblickt man
einen Korb mit Früchten, an denen Vögel picken; in dem
darüber folgenden Streisen sind drei kleine Nischen ange-
bracht; zwischen den Nischen ftehen drei männliche, je mit
einer Chlamys bekleidete Gestalten. Tarüber folgt die Haupt-
scene, die Totenmahlzeit darstellend; der als Heros gedachte
Tote liegt auf seinem Lager, mit nacktem Oberkörper, während
 
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