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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Brinckmann, Justus: Der Verkauf der Paul'schen Sammlung in Hamburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0360

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Der Verkauf der Paul'schen Sammlung in Hamburg.

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lichem Strebcn und von gutem Geschrnack geleitete Aus-
wahl bei weitem das Vvn dicscn Sanmilungen Gebotene,
die ihre Stärke mchr.in weuigen außervrdcntlichcn Spezia-
litäten fandein

Dic rheinische Steinzcngtvpferei des UI. bis 18.
Jahrhunderts ist durch 101 Stücke, die emaillirten
Krenßcner nnd sächsischen Krngc sind dnrch 34 anser-
lesene Stücke vertreten. Die Majolikasammlung gehört
mit !19 Nnmmern zu den Glanzpartien der Sammlung;
die grvße, Pesarv zugeschriebcne Mezzamajvlikaschüssel
mil den Brnstbildern eineS fürstlichen Paares, die Facnza-
platte mit der Kreuztragung nach Raffaels Spasimo di
Sicilia sind Stücke allerersten Ranges; die metallisch-
lüstrirten Majoliken von Gubbiv sind gar durch ein
halbes Dntzend kostbarer Stücke so herrlich vertreten, wie
nur in ivenigen großen Museen. Die reizende Frucht-
schale in Fayence Henri II. ist unseres Wissens das
einzige Stück sciner kostbaren Art, desscn Bcsitzcs sich
außer der Rvthschildschen bis jetzt eine deutsche Samm-
lung erfrente. Vvn deutschen, franzvsischen und hvlländi-
schen Fayencen und vvn Thonwaren aus Satsuma ist
manches einzelne Stück Vvn Wert vorhanden, vbgteich
diese Gruppen nicht zu denjenigen gehvrten, welche der
Besitzer mit gleichcr Vorliebe gepslegt hat, wie dic Kera-
mik der Renaissance. Als Spezialität sehr gut vcrtretcn
sind die Jnkunabcln des Pvrzellans, teils rote und andere
Böttcherware, teils seine Schwarzmalereien auf Frittcn-
pvrzellan vder auf chinesischem odcr frühem deutschen
harten Pvrzellan. Eine Spezialität wenigstens für deutschc
Verhültnisse ist auch die 93Nummern umfassende Samm-
lung vvn Wegdwoodfabrikaten, zumeist blaue JaSper-
ware mit weißen Reliefs und Sovresreliefs in dergleichcn
Tcchnik.

Eincr Reihe vvn emaillirtcn dcutschen Gläsern mit
dem Reichsadler, den Kurfürsten, Zunftgelagen und Auf-
zügen, vvn sächsischen Hvfkellereigläsern mit sein emaillir-
ten Wappen schließen sich venetianische, gespvnnenc,
emaillirtc und Flügclgläscr an, nicht in grvßer Zahl,
aber zumeist von jcner auserlesenen Güte, welche die
Hervorhebung einzclner Perlen kaum gestattet.

Unter den 156 Nummern der Elfenbeinschnitzereien
sind nichrcrc mittelalterlichc Arbcitcn Vvn hvhcm Wert,
u. a. ein Bischvfsstab des >3. Jahrhunderts nud ein
sranzvsisches Tiptychvn dcs 14. Jahrhundcrts Vvn bestcr
Arbeit und Erhaltung.

Die Emailarbciten zahlcn 64 Nummern, darnnter
mittelaltcrliche Liikiogesarbeiten von erster Güte: ein
großer, sargförmiger Reliquienschrein mit den Wappen
Frankrcichs und Englands, welcher aus der Abtei von
Tvulouse stammen soll, zlvei andere, etwas spätere kleine
und sehr schöne Reliquiare mit gravirten metallenen
Figuren und ausgesetzten Köpfen auf emaillirteni Grunde,
das eine mit den hcil. drei Königen, das anderc, auö

der Bernal Cvlleetivn, niit dem Martyrium des heil.
Thvmas a Becket; ein 72 oin hohes Vvrtragekreuz und ein
Paar Handwaschschalen mit Wappenschildern und Frauen
in der Zeittracht, ferner Bischofsstäbe, Cibvrien, Leuchter
und viele andere Stücke meist kirchlichen Gebrauches.

Nicht minder reich ist das Liniousiner Maleremail
der Renaissance durch Grisaille- und farbige Malereien
über Metallsolien vertretcn. Die Namen eines Nardvn
Penicaud, Martin Didier, Jean Limousin, Pierre
Reymvnd und andere vvn gutem und bestem Klang be-
gegncn uns hier. Wcnige, aber hvchfcine Beispiele der
späteren Behandlung des Maleremails in Dcutschland und
Frnnkrcich schlicßcn die Reihe.

Untcr den Niellen verdient ein Kußtäfelchen mit
der Begcgnung Mnria Magdalenens und dcs kreuztragen-
den Christus hohe Beachtung.

Mit 16 Nummern sind die kirchlichen Gefäße und
Geräte aus Edclmetallen, mit 24 die Grvssericarbeitcn
sür wcltliche Zwecke vertreten. Unter letzteren ist einer
jencr prächtigen Tafelaufsätze nnt römischen Kaiscrn und
den Begebenheiten ihrer Regierung, deren übrige Stücke zu
den Zierden der Rvthschildschen und Spitzerschen Samni-
lungen zählen. Daß dieser Aussatz im Katalvg als „Werk
des Benvenuto Cellini" bezeichnet ist, thut scinem wahren
Werte keincn Abbrnch.

Wundcrschöne Stücke, Bijvux als Anhängsel vvn
Halskettcn, Halsgcschmcide, Ringe, Ohrgehänge zählt die
Gruppe des Schniuckes unter ihren 75 Nummcrn; dabei
auch hübfchen Silberdrahtwerkschmuck der Bauern des
altcn Landes in Hannover.

Unter dcn Uhren ist ein kleines Kabinet in der Art
der bckanntcn Eichlcrschcn Arbeiten mit getricbcnen Silber-
vrnamciiten auf Schildpatt und grünem Elfcnbein von
hervorragendcm Werte. Unter den Taschenuhren sind
emaillirte Gehäuse des 17. und 18. Jahrhunderts und
niedliche Uhren in der Fvrm vvn Harfen, Mandvlinen
und Früchten aus der Zeit Louis XVI. 37 ökunimern
kleiner Gegenstände zum persönlichen Gebrauch, Dvsen,
Kassetten vertreten mannigfache kiinstgewerbliche Zweige.

Vvn Bronzen und anderen gegvssenen vder ge-
triebenen Arbeiten aus unedlen Metallen sind über 200
Stücke vorhanden, deren schvnste und seltenste dem Mittel-
alter angehören. Ein Paar kleine rvmanische Leuchter,
wahre Meisterstücke ihrer Art, gehören zu den Pcrlen dcr
Sammlung.

Das Eisen ist durch 107 Nuinmern, vvrzugsweise
feine gcschnittcnc nnd gchauenc Arbeitcn, als Schlüssel,
wunderbar feingearbeitete Degengriffe, Döschen u. dergl.
vertreten. Vvn größeren Arbeiten ist nur eine sehr
stattliche Gcldkiste der Zcit Lvuis XVI. vvrhandcn.

Die Abteilung der Geräte hat an Umfang nnd
kunstgewerblicher Bedeutung schwerlich ihresgleichen in
Deutschland. Unter ihren 145 Nummern, von denen
 
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