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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Aus dem Saale der Pergamenischen Bildwerke
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Die Versammlung der deutschen Geschichts- und Alterlumsforscher.

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lichen, vermutlich giMichen Wesens von vortrefflichster !
Arbeit.

Wir erkennen hieraus, wie neben der realistischen
Schule der pergamenischen Bildhauer aus deren Werk- I
statt die gewaltigen Schlachtenbilder hervorgingen, auch
eine mehr akademisch-idealistische in Pergamum ihre!
Stelle fand, welche sich ihre Anschauung an den reif- ^
sten Werken der älteren attischen Plastik stärkte und
dieselben wohl auch kopirte.

Das anschauliche Verständnis des gesamten Gc-
bäudekomplexes auf dem Plateau des Burgberges von
Pergamon ist uns vurch die Ausführung eines recht
glücklichen Gedankens wesentlich erleichtert worden. Der
in der Konkurrenz der Parlamentsbauentwürfe mit
einem ersten Preise gekrönte Münchener Architekt
F. Thiersch hat eine ideale Rekonstrnktion all der
Tempel und Hallen versucht, und das ca. 1x2 in
große Aquarellbild bietet einen sehr instruktiven An-
blick jener Stätte eisriger Kunstübung. Jm Vorder-
grunde erkennen wir aus der Vogelperspektive den
Altarbau, umgeben von einer Einfriedigung, in die
wir durch einen Propyläenbau gelangen; im Hinter-
grunde des Temenos zahlreiche Anathemata. Durch
eine Treppe gelangen wir hinauf zu dem Athenatempel,
der von drei Seiten durch die Halle Attalos' II. um-
geben ist; das zweite Geschoß dieser letzteren trägt jene
interessante Balustrade mit dem Trophäenfries, von
welchem früher die Rede war. Noch höher auf dem
letzten Gipfel des Berges erkennen wir den korinthi-
schcn Augustustempel. Die Rekonstruktion der Bauten
an sich ist als gesichert anzusehen; im Nebenwerk
konnte der Künstler seine Phantasie walten lassen. Die
Staffage der zahlreich auf der Burg anwesenden Perga-
mener, sowie die Begetation und die Landschaft, owohl
alles nur skizzirt, ist lebendig und macht das Ganze
zn einem stimmungs- und eindrucksvollen Bilde, welches
bei dem, in nicht zu ferner Aussicht stehenden Neubau
des Museums vermntlich auf eine der Wände über-
tragen wird. L. b'.

Die Versammlung der deutschen Geschichts- und
Altertumsforscher.

Kassel, 1. September.

^ Jn den letzten Tagen des vorigen Monats
fand hier die diesjährige Generalversammlung des
Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertums
vereine statt. Wiewohl die Beteiligung von auswärts
kcine sehr zahlreiche war, was wohl hauptsächlich
dem, leider auch während der ganzen Dauer der
Versammlung anhaltenden, ungünstigen Wetter zu-
zuschreiben ist, so verlief dieselbe doch in recht an-
regender Weise, und dieser Erfolg ist in erster Linie den

umsichtigen, von Seiten des Lokalkomitee's getroffenen
Vorbereitungen zu danken. Allgemeine Versammlungen,
Sektionssitzungen, gesellige Vereinigungen und instruk-
tive Besichtigungen unserer Kunstsammlungen, sowie
kleinere Ausflüge wechselten in anregendster Weise ab.
Die Naturschönheiten der näheren und ferneren Umgebung
Kassels waren leider nicht zu genießen, dafür wurden
aber die Gäste reichlich entschädigt durch die vielen und
zum Teil ganz unverhofften Kunstgenüsse, die ihnen
hier zu teil wurden. Enthält doch u. a. die Ab-
teilung unseres Museums, welche die Werke der Klcin-
kunst enthält, Raritäten und Kunstwerke ersten Ranges
und von immensem Wert. Man kann nnr bedauern,
daß für eine würdige Publikation dieser Schätze noch
gar nichts geschehen ist. Ein ausführlicher Bericht
über die Berhandlungen soll hier nicht gegeben werden.
Eröffnet wurden dieselben am 28. Aug. im schönge-
schmückten Saal des Lesemuseums, dessen hauptsächliche
Zierdc die von Prof. Hassenpflug modellirten Bllstcn
der Gebrüder Grimm bildeten. Den Borsitz führte Prof.
Rieger - Darmstadt. Nach Begrüßung der Versamm-
lung durch den Oberpräsidenten Grafen zu Eulenburg,
den Oberbürgermeister von Kassel und den Vorsitzenden
des Vereins sür hessische Geschichte und Landeskunde,
Major a. D. von Stamford, erstattete Herr Wörner-
Darmstadt einen längeren Geschäftsbericht, welchem ein
hochinteressanter Vortrag des Oberbibliothekars vr.
Duncker hier über die wissenschaftlichen Bestrebungen
früherer hessischer Fürsten solgte. Die Verhandlungen
der verschiedenen Sektionen für Archäologie der heid-
nischen Vorzeit, für Geschichte, Kultur- und Rechtsge-
schichte, für Kunstgeschichte, für Archivwesen und histo-
rische Hilfswissenschaften, die zum Teil recht interessante
und lehrreiche waren, können hier nicht ausführlich
wiedergegeben werden. Jn der zweiten Sektion für
Kunstgeschichte des Mittelalters und der neueren Zeit
führte Geheimrat v. Ritgen-Weimar den Vorsitz. Unter
den gestellten Fragen waren viele, die leichter zu stellen
als zu beantworten waren. Besonders bemerkenswerte
Resultate sind denn auch nicht zu verzeichnen. Die
Frage: „Jst es nachweisbar, daß die Miniatoren des
früheren Mittelalters Wandgemälde mehr oder weniger
direkt kopirten, und dürfen wir aus dem Stande der
Miniaturmalerei ciner Epoche auf den der gleichzeitigen
Monumentalmalerei schließen?" glaubte man aus An-
laß eines Spezialfalles bejahen zu müssen. Eine
andere: „Lassen sich Werke der Malerei nachweisen,
welche mit dem Ortenberger Altar (z. Z. im Museum
zu Darmstadt) im Zusammenhang stehen?" wnrde ver-
neint. Eine Behauptung Gwinners (Kunst und Künstler
in Frankfurt a. M.), daß Frankfurt der Geburtsort
des altdeutschen MalerS Matthäus Grünewald sei,
wurde als unbegrüudet bezeichnet.
 
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