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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 17.1882

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Förster, Bernhard: Unsere protestantischen Kirchen: Notschrei eines Kunstfreundes
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https://doi.org/10.11588/diglit.5808#0375

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17. Zahrgang.

Nr.^ö. (Schluß.)

Beiträge

find an j?rof. Dr. L. von
Lützow (Wien, Chere-

12. October

Inserate

a 25 ^f. für die drei
Mal gespaltene j)etil-

1882.

Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst.


L. Neide; Die Sammlung der Gipsabgüsse im Berliner Museum; Aus München; Dubletten der Glympiafunde; Die Internatioitale
Ausftellung in Anisterdam. — Aus Aachen; Die Beleuchtung von'Bildern mit elektrischem Licht; Künstlerisch gescknitzte Bilderral)meu; Der
vorhang im Berliner Gpernhause; Zur Bestaurirung des Merseburger Donies. — Zeitschriften. — Auktions- u. Lagerkataloge. — Inserate.

Diescr Nummcr liegt das Jnhaltsverzeichnis des 17. Jahrgangs bei. Mit der nächstcn Nummer bcginnt der

18. Jayrgang.

Unsere protestantischen Airchen.

Notschrei eines Runstfreundes.

Weshalb sind die protestcmtischen Kirchen alle
sieben Tage der Woche mit Ausnahnie einiger Stunden
am Sonntage geschlossen und sonüt nur dem zu.gäng-
lich, welcher den oft versteckt und abseits wohnenden,
vielfach mürrischen und stets trinkgeldbegierigen Küster
zu sinden weiß? — Auf diese naheliegende Frage habe
ich'bis jetzt noch keine befriedigende Antwort erhalten,
so oft ich sie auch an Geistliche, Kirchenvorstände u. dergl.
gestellt habe. Die katholischen Kirchen aller Länder
sind jeden Tag mehrere Stunden geöffnet; ein irgend-
wie erheblicher Ubclstand hat sich darans noch nicht
ergcben: warum sollte dicse schöne Sitte sich nicht anch
unter der protestantischen Bevölkerung wiedcr einführen
lassen? Wir können die religiösen Gründe für unscrn
Wnnsch hier unerörtert lassen, obwohl wir annehmen,
daß auch unter dcn Protestanten manch frommes Gemüt
sich einmal an Werkeltagen nach einem ruhigen Moment
in der stillcn Kirche schnt, um sich aus dem Getiimniel
der Welt zu retten. Aber ein Teil unserer Kirchen
sind nicht nur gottesdienstliche Gebäude, sondern auch
architektonische Kunstwerke, ja vielfach Kunstsamm-
lnngcn, und den Kirchenvorständcn wird damit die
Pflicht anserlegt, nicht nnr für die Erhaltung, sondern
auch für die Zugänglichmachung dieser Kunstwerke nach
Kräften zn sorgen. Das Nächstliegende wäre ja gc-
wiß, dic Kirchen einsach anch außerhalb der Gottes-

dienste zu öffnen. So lange indessen dieser Wunsch
nicht befriedigt wird, sollte wenigstens ein Kirchen-
diener, dessen Wohnung an der Kirchenthüre zu erfahrcn
sein müßte, angewiesen werden, Kunstsorscher und
Kunstfreunde gegen billiges Entgclt umherzuführen und
eventuell zu belchrcn. Jedcm Reisendcn ist cs bekannt,
daß diesen sicherlich bescheidenen Anforderungen an
vielen Orten nicht genügt wird und daß sich in dieser
Hinsicht die Verwaltung vieler protestantischen Kirchen
unvorteilhaft vor der der meisten katholischen aus-
zeichnet. Die katholischen Kirchendiener haben sich zu-
mcist einen pietätvollen Sinn für das ihrer Bewachung
übergebene Gebäude erhalten; so ist es z. B. eine
wirkliche Freude, sich in dem schvnen Mainzer Dom von
dem dort angestellten Kustos umherführen und Uber
die zahllosen Schätze des kostbaren Bauwerkes unter-
richten zu lassen. Den diametralen Gcgensatz zu diescr
wohlthuenden Pictät liefert die Glcichgültigkcit der
Protestantischen Küstersfrau, welche uns nach längerem
Suchen, Fragen und Warten, die Kirche der alten
Cisterzienser-Abtei Pforta öffnete: ihre historischcn
Kenntnisse beschränkten sich auf die Thatsache: „Diese
Kirche ist srühcr cinmal katholisch gewcsen" (!!). Wir
sind allcrdings auch nnfrcnndlichcn katholischen Küstern
begegnet (z. B. in St. Gereon in Köln) und pietäts-
vollen, untcrrichteten protestantischen Kustoden (z. B.
im Halberstädter Dom).

Jene beiden oben gewählten Bcispiele sollten nur
die Gegensätze markiren und andeutcn, daß die Über-
 
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