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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 18.1883

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Rosenberg, Adolf: Die Hamiltonschen Manuscripte im Berliner Kupferstichkabinet, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5806#0035

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s8. ^ahrgancz.

Nr. 5.

Beiträge

s6. November

Inserate

ü 25 jDf. sür die drei
Mal gespaltene j)etit-
zeile werden von jeder
Buch- u.Runsthandlung
angenommen.

s882.

Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst.

Lrscheint von Vktober bis Iuli jede woche anr Donnerstag, von Iuli bis September alle Tage, sür die Abonnenten der „Zeitschrift sür
bildende Aunst" gratis; sür sich allein bezogen kostet der Iah^ang 9 Mark sowohl im Buchhandel als auch bei den deutschen

Inbalt: Die Hamilton'schen Manuscripte im Berliner Rupferstichkabinet. — Lin j9seudo-vermeer in der Berliner Galerie. — Hosfbauer, F.,
I>ari8 ä Iravers Ie.8 LZes: Der Schatz des Freiherrn von Rotbschild. — I. ^übner -s. — Der Ankaus der Hamilton'schen Sammlung von
Miniaturen; A. Feuerbachs „Urteil des ssaris". — pictor und Depictor; Das ftädtische Museum in teipzig; Büste für die Feldherrnhalle
des Berliner Zeughauses; Die Silberarbeiten des Antonius Lisenhoit. — Dresdener Aunftauktion. — Zeitschristen. — Auktions-

Die hamiltonschen Manuscripte im Berliner
Aupferstichkabinet.

I.

Durch dm Ankauf der Sammlung des Herzogs von
Hamilton, über dessen Einzelheiten wir an einer auderen
Stelle dieses Blattes berichten, hat nicht nur die bis-
hcr sehr schwach bestellte Abteilung der Miniaturen im
Kupferstichkabinet einen Zuwachs erhalten, der sie zu
einer ersten Sammlung dieser Art macht, sondern es ist
auch die Abteilung der Haudzeichnungen um einen Schatz
bereichert worden, welcher in dem gesamten Jnventar
unserer Kunstdenkmäler einzig dasteht. Von keinem
Künstler weder des Mittelalters noch der Renaissance
ist uns ein Werk von gleichem Umfange, wie der Dante
des Sandro Botticelli, das Prachtstück der neu-
erworbenen Sammlung, erhalten. Während das Gebet-
buch des Kaisers Marimilian, welches man noch am
ehesten mit dieser Dantehandschrist vergleichen könnte,
nur 43 Blätter enthält, hat Botticelli, soviel wir
noch sehen können, es zu achtundachtzig Zeichnungen
gebracht, welche mit Ausnahme von 6 die ganze Fläche
der 18^4 Zoll hohen und 12^ Zoll breiten Blätter
süllen. Denn die Handschrift ist nicht vollständig. Es
fehlen vom Jnferno die Gesänge I—VI und VIII—XV,
also im ganzen vierzehn. Es ist nicht anzunehmen,
daß diese Gesänge der äußerst schön nnd sorgfältig
geschriebenen Handschrift von vornhercin gefehlt haben,
sondern daß dieselben >— mit oder ohne die Zeich-
nungen des Botticelli — verloren gegangen sind. Auf
einem der späteren Blätter findet man den Entwurf

eines schwebenden Paares in Silberstift, welches man
kaum anders als auf Francesca da Rimini und Paolo
Malatesta deuten kann, die im fünsten Gesange des
Jnferno erscheincn. Man kann daraus wenigstens den
Schluß ziehen, daß Botticelli sich anch bereits mit den
Jllustrationen zu den ersten Gesängen der Hölle be-
schäftigt hat. Ob er sie vollendet hat, wird eine offene
Frage bleiben, bis etwa ein glücklicher Fund uns Gewiß-
heit darüber verschafft. Begonnen hat er, wie es
scheint, mit dem Paradiese, wo die mystisch-anmutige
Gestalt Beatricens ihn derartig fesselte, daß er nicht
müde ward, sie in immer neuen Variationen und
Bewegungsmotiven mit ihrem Schützling darzustellen,
welcher im Gegensatz zu der lichtumflossenen Ltherischen
Erscheinung mit voller realistischer Wahrheit uns ent-
gegentritt, mit jenen edlen charakteristischen Zügen,
deren Abbild uns Giotto als der erste hinterlassen hat.

Aus Vasari wissen wir, daß sich Botticelli ein-
gehend mit Dante beschäftigt hat, daß er nicht nur
einen Teil desselben kommentirt, sondern auch zum
Jnferno Jllustrativnen gezeichnet hat. Dieselben sollen
von Baccio Baldini in Kupfer gestochen worden sein.
Jn der Florentiner Ausgabe von 1481 mit dem
Kommentare des Cristoforo Landini sind diese Kupfer,
neunzehn an der Zahl, zum Abdruck gelangt, und auch
die modernen Forscher nehmen an, daß die Zeichnun-
gen zu diesen Kupfern von Sandro Botticelli her-
rühren. Es ist jedenfalls ein merkwürdiges Zusammen-
treffen, daß die Jllustrationen zu den ersten Gesängen
der Hölle in unserem Zeichnungsbande fehlen. Dieser
Mangel erklärt sich aber ganz leicht aus eben jcnem
 
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