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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 18.1883

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Denkmal Johann Winckelmanns, [1]: eine ungekränte Preisschrift Johann Gottfried Herders aus dem Jahre 1778
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https://doi.org/10.11588/diglit.5806#0045

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85

Kunsttitteratur.

86

glieder der Svcivtü seit ihrer Stiftung, sein Gegner
aber kein Geringererals Johann Gvttfried Herder,
seit Oktober 1776 Generalsuperintendent und Ober-
hvfprediger zu Weimar. Groß war die Frcude bei
Winckelmanns Freunden über die Ehre, welche Land-
graf Friedrich dnrch das Preisausschreiben dessen An-
denken im deutschen Baterlande hatte erweisen lassen.
Die Herdersche Abhandlung aber blieb unter den
Papieren der Soeivts vergraben. Sie ruhtc über l06
Jahre nnerknnnt in der Kasseler Bibliothek, bis ein
gliicklicher Zufall ihre Anfsinvung bewirkte.

Rudvls Haym in Halle, mit dcm zweiten Bande
seiner Biographie Herders beschäftigt, bat den Heraus-
geber im Mai 1881 um Nachrichten über die Kasseler
Sociotö und deren etwa nvch Vvrhandene Papiere.
Dics sührte dann znr Auffindung des Manuscriptes, in
welcheni wahrscheinlich die endgültige Redaktion der
Herderschen Arbeit vorliegt. Einzelne Bruchstücke der-
sclben fanden sich auch sonst in seinem Nachlaß. Die
Kasseler Handschrift des „Denkmals Johann Winckel-
manns", in schvnen, deutlichen Zügen gcschriebcn,
enthält neun Bogen i» Ouart einschließlich des Titel-
blattes mit dem Horaz'schen Motto aus 6arm. III,
30 und des auf einem besonderen letzten Blatte ange-
brachten zweiten Motto's, das der neunten olympischen
Ode Pindars entnommen ist. Den Grund, warum
Herder Heyne gegenüber unterlag, obwohl des Letzteren
Arbeit nur eine nüchterne war, sucht der Herausgeber
wohl mit Recht in erster Linie in der deutsch-patrio-
tischeu Haltung der Herderschen Schrift, welche bei der
von sranzösischem Geiste erfüllten Kasseler Altertums-
gesellschaft uicht auf Anerkennuug rechnen konnte. Durch
die Berhältnisse, wie sie sich seit 1775 am hessischen
Hofe gestaltet hattcu, sagt jener, erhielten dic betreffen-
den Stellen der Herderschen Preisschrift, ihm setbst
unbewußt, einen geradezu polemischen Charakter. Die
gegen die französischen Schöngeister gerichteten Aus-
sälle mußten Luchet und den Landgrafen — dem sein
Günstling ohne Zweifel die Schrift vorlegte —- gleich
Keulenschlägen treffen und ihnen wie der bitterste Hohn
auf ihre wissenschaftlichen Bestrebungen erscheinen. Man
mag sich wnndcru, wie wenig Herder mit den Ten-
dcnzen bekannt war, denen die neue Svciötö und ihr
Schöpfer huldigten, um so mehr als er währenv seines
fünfjährigen Aufenthalts in Bückeburg in brieslichem und
Persönlichem Verkehr mit dem Kassclcr Rat und Bibliv-
thekar Rudolf Erich Raspe gestanden und diesen auf
Durchrciscn wicdcrholt besucht hatte. Aber selbst dann
würdc ihm kaum der Preis zugefallen sein, da Heyne
nicht nur seit langer Zeit das wissenschaftliche Facto-
tnm der Kasseler Altertumsforscher war, sondern auch
durch seine höchst einflußreiche Stellung in Göttingen
und das persönlichc Verhältnis, in dem er zu einigen

Mitgliedern des Kvmito's stand, des Sieges sicher sein
konnte. Daß Luchet, so heißt es in der Einteitung
weiter, nicht gencigt war, dcr Abhandlung Herders
irgend welche Anerkennung zu zollen, hatte ohne Zweifel
seinen Grund in ihrem gegen Panegyriker seines
Schlages gerichtetem Jnhalt. Es wäre auch eine
Selbstironie sondergleichen gewesen, wenn der Herr
Marguis an demselben Tage, wo er des im vorher-
gegangenen Mai verstorbenen Boltaire Andenken in
seierlicher Sitzung verherrlichte, die Schrift eines deut-
schen Dichters nnd Denkers auch nur lvbend erwähnt
hätte, worin zn lesen stand, daß ein Eloge Winckel-
manns, ausgezicrt „mit den gewöhnlichen lieux oom-
llinns französischer Lobschriften" fiir diesen, „der diese
Pointen bis auf den Tod haßte", „noch in seiner Asche
schimpflich" sei.

Das Billet mit dem Pindarischem Motto und
dem Namcn des zwcitcn Konkurrenten ließ Luchet ebcnsv
verschwinden, wic das Schreiben, in welchem ihm ver-
mutlich Herder um Aufklärung über Beurteilung seiner
Arbcit crsuchte. Da Letzterer, so vicl wir bis jetzt
wissen, über das Fehlschlagen seiner Bewerbung svgar
gegen seine vertrautesten Freunde und selbst gegen seine
Frau nichts verlauten ließ, so hatte das Bemühen des
Franzosen, seine Arbeit tot zu schweigen, den gewünsch-
ten Erfolg. Wie verhielt sich nun Heyne zu der
Niederlage seines Freundes? Ob er, der oft nach
Kassel kam, durch Luchet oder ein anderes Mitglied
der Sociötö den Namen seines Gegners erfuhr, wissen
wir nicht; ebenso wenig läßt sich anf die Frage Aus-
kunft geben, ob Herder nach der Proklamirung des
Siegers diesem selbst Vvn seiner Nebenbuhlerschast
Kenntnis gab. Dies im wesentlichen der Jnhalt dcr
Einleitung.

(Schluß folgt.)

Aunstlitteratur.

<-1(U>8»ios »rollöolagülllo (1u ma.reii »n«; «t 0«: I» ro-
ii»l88»iive, x»r Viotor llremisr tasoiouls. V-Lli.

! Laris, Librairis äs 1» Sooists diblioAraxlMas. 1882,
1 (Klein-Folio).

Wenn in einein Wörterbuch die Beschreibungen und Er-
klärungen von Begriffen und Gegsnständen noch so ausführ-
lich und gut gegeben sind, die Anschauung kann durch jene
nicht ersetzt iverden. MitFreuden ist daher jedes derartige Werk
zu begrützen, welches außer Text auch gute Abbildungen
bietet. Wenn dasselbe, wie das obengenannte, nicht nur
kurze und doch deutliche Beschreibungen der Erzeugnisse des
I Kunsthandwerkes aus Mittelalter und Renaissance, sowie Er-
! klärungen der in Hand- und Druckschriften dieser Perioden
j vorkommenden Kunstausdrücke und Bezeichnungen der Gegen-
stände des täglichen Lebens enthält, sondern wenn sein Ver-
saffer auch mit staunenswertem Fleiße aus Archiven und Biblio-
theken jsdem Artikel regelmätzig wenigstens eine, oft aber
zahlreiche ausführliche Belegstellen über sein Vorkommen und
außerdem den Samnilungen ganz Europa's entnommene Ab-
bildungen beifügt, so darf man wohl behaupten, daß sein
Werk geschaffen ist, eine Lücke, nicht wie es ber vielen Werken
der Fall ist, in einem Bibliothekschranke, sondern in der Kunst-
litteratur auszufüllen. Sein erster Bogen enthält auf 18
! SeiteMgegen 30 deutliche Abbildungen. Nach des Verfassers
 
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