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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 18.1883

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Rosenberg, Adolf: Die Hamiltonschen Manuscripte im Berliner Kupferstichkabinet, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5806#0123

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241

Nekrolvffe.

242

unserer Absicht, Vvn diesem Prachtblatte unseren Le-
sern eine farbige Reprvduktion zu bieten.

Diese vier Werke geben uns eine umfassende
Vorstellung von der Blütezeit der italienischen Minia-
turmalerei. Jndessen sind auch die Anfänge dnrch
nicht minder charakteristische Beispiele vertreten. Unter
den ältesten Evangelienbüchern der Sammlnng ist es
wenigstens von einem ziemlich sicher, daß es im zehn-
ten Jahrhundert in Jtalien geschrieben worden ist.
Die Miniaturen sind ausnahmsweise nicht in den Text
eingefügt, sondern auf die freigebliebenen Ränder ge-
malt. Die übrigen Evangelienbücher tragen sämt-
lich den prunkvvllen Charakter der byzantinischen
Kunst, eine große Farbenpracht mit reicher Anwendung
von Gold. Einige Malereien erinnern im Stile an
die Mosaiken von San Marco. Die älteste der in
Jtalien geschriebenen Bibeln stammt etwa aus der
Mitte des 13. Äahrhunderts. Abgesehen von dem
Reichtum an Miniaturen (etwa 2000 figürliche Darstel-
lungen, Randleisten und Jnitialen) ist sie durch die
Jnschrist am Schlusse bemerkenswert, welche wenig-
stens den Schreiber und den Ort ihrer Entstehung
nennt: HuMS stiblis ssriptor stsrns sit vits xosssssor
ouiris nornsn Imbstnr äs ransnns. inaZr gollss
(Meister Johannes von Ravenna). Die Überschrift
einer zweiten Bibel, deren Hauptblatt Adam und Eva
am Baume der Erkenntnis auf Gvldgrund zeigt, eine
köstliche Malerei im zartesten Stile der Giottesken,
lautet noch präciser: (^rrssto libro ssripss Oiovanni
äi UartlloioWso Uioelloii st oornxistto äi soridsrs
näi XX äi Olsnnnio N660I,XXXXV4. Drei Jahre
später ist laut Jnschrist eine in italienischen Terzinen
verfaßte Evangelienharmonie geschrieben worden, welche
mit 44 Miniaturen geschmückt ist, die in einer ganz
eigenartigen Technik, vielleicht von dem Schreiber
selbst, ausgeführt worden sind, nämlich mit Feder und
Tinte auf grünem Grunde. Die Jnschrift lautet:
Lxxlstum kackns äs N600I.XXXXVIIII ckis xrimo
ursnsis ootudris xer ins ckaoodnrn 6irs.äonioo Vlilitsrn
Vsnstunr. Es ist also das Werk eines vornehmen
Mannes aus der venetianischen Familie der Gradenigo.
Aus der Zahl der italienischen Manuscripte des 15.
Jahrhunderts ist vornehmlich eine Handschrift der Ge-
dichte des Petrarca mit zwölf Darstellungen der
Triumphe und ein vermutlich in Siena entstandenes
Antiphonale mit 216 Gesängen zu nennen, welches mit
532 Jnitialen verziert ist. Eines derselben, ein H,
dehnt sich über das ganze, 24 Zoll hohe und 16 Zoll
breite Pergamentblatt aus und umfaßt in einer über-
aus reichen Ornamentik das Abendmahl, die Aufer-
stehung Christi und die Herabkunft des heiligen Geistes.

A-olf Nosenberg.

Nekrologe.

Julius Hübner ch Mit dem am 7. November 1882
in Lvschwitz gcstorbenen früheren Dresdcner Galerie-
direktor ist wieder einer der Künstler heimgegangen,
die unter Wilhelm von Schadow zu den Begründern
der Düsseldorfer Schule gehörten. Die dort gewonnenen
Prinzipien wußte Hübner später auch in Dresden zur
Geltung zu bringen und jedenfalls darf er als einer
der geistreichsten und vielseitigst gebildeten Männer
jenes Kreises bezeichnet werden.

Rndvlf Julius„Benno Hübner war am
27. Januar 1806 zu Öls in Schlesien geboren, wv
sein Vater als herzoglich braunschweigischer Stadt-
direktor lebte. Derselbe starb früh; ebenso die Mutter,
und Julius, der zum Theologen bestimmt war, er-
langte von seinem Vormunde erst die Erlaubnis, Maler
zu werden, als Professor Siegert in Breslan sich günstig
über sein Talent ausgesprochen und bereit erklärt hatte,
ihn als Schüler anzunehmen. Darauf kam er nach
Berlin, besuchte seit 1821 die dortige Akademie und
wurde 1823 Schüler von Wilhelm Schadow, dem er
1826 mit Lessing, Sohn, Th. Hildebrandt, Mllcke und
Köhler nach Düsseldorf folgte, nachdern er bereits ein
Jahr vvrher ein Bild „Ruth und Boas unter den
Schnittern" vollendet hatte. Jn regem Wetteifer und
durch verschiedene günstige Umstände unterstützt, wurden
die Werke der jungen Künstler am Rhein begeistert
geschaffen und aufgenommen; Hübners „Fischer" nach
Goethe's Ballade (1827), erregte darunter besonderes
Aussehen, nicht minder sein 1828 entstandener „Roland,
wie er die Prinzessin Jsabella aus der Räuberhöhle
befreit" nach Ariost (gestochen von I. Keller). Hübners
scharfer Verstand und seine zutreffende Beurteilungs-
gabe wurden von seinen Genossen häusig zu Rat und
Belehrung in Ansprnch genommen. Er hatte dadurch
einflußreichen Anteil an Ler Entwickelung der Schule,
der sich auch erhiclt, als er nach längerem Aufenthalt
in Berlin, wo er sich 1829 mit Bendemanns Schwester
verheiratet hatte, und in Jtalien, wo er 1830 mit
Schadow wieder zusammentraf, 1833 nach Düsseldorf
zurückgekehrt war. Dieses kritische Talent, das ihn
besonders zum Lehrer befähigte, gab feinen künstleri-
schen Schöpfungen häusig allerdings etwas Kühles, so
viele Vorzüge dieselben auch sonst in Form und Farbe
aufweisen mochten. Auch schadete denselben, daß er
sich durch seine umfassende Bildnng verleiten ließ, die
Wahl der Gegenstände den verschiedensten Gebieten zu
entnehmen, statt seine Begabung mehr zu konzentriren, ob-
wohl seine geistreicheAuffassung stets anzuerkennen bleibt.
So behandelte er bald biblische oder mpthologische,
bald geschichtliche vder dichterische Stoffe, meist mit
Figuren in halber oder ganzer Lebensgröße. Jn Rom
entstanden 1830 „Ruth, ihre Schwiegermutter Naemi
in die Fremde sllhrend" (in der Nationalgalerie in
Berlin), dann 1832 in Berlin „Simson, die Süulen
zerbrechend" und in Dllsseldorf dieAltarbilder „Christus
und die Evangelisten" (1834, gestochen von I. Keller)
für die Kirche in Meseritz, „Loos llooro" (1836) für
die Andreaskirche in Düsselborf und „Sehet die Lilien
auf dem Felde an" (1839) für die Marktkirche in
Halle, die kleineren Gemälde „DaS Christkind" (1837)
und „Schutzengel" (1836, beide in der Nationalgalerie
in Berlin) und das große Bild „Hiob und seine
 
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