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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 18.1883

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Die Programme und die Entwürfe für das Parlamentsgebäude in Berlin, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5806#0131

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257

Kunsthistorisches, — Sammlungen rmd Ausstellungen, 258

westlichen Haupteingang direkt betonte, also nur an-
strcbte zu zeigcn, daß cs doch möglich sei, dic Grnnd-
ziige des Entwurfes von 1872 im ganzen den neuen
Fordernngen anzupasscn. Das wärc nvch viel gliick-
licher angegangen, ivenn dem Autor, wie cr vorher
schon gebeten, das Recht und das Vertrauen gewährt
ivorden wäre, seinerseits mit einigen Vorschlägen anf-
zutreten, welche ohne Schädigung des neuen Pro-
grammes nur zum Guten hätten führen kvnnen.

Dic Grundrisse des Projektcs „Lava" gcstatten
auch jetzt noch Modifikationen, ohne daß deshalb die
Totalcrscheinung des Bauwerkes sich ändern müßte.
Das Festvestibül des Prvjektcs „Lava" liegt im Haupt-
geschvß; cin zwcites Vestibül im Erdgeschoß der SUd-
front, und dieses ist mit seiner ins Hauptgeschoß auf-
führenden Treppe nur als ergänzendes Vestibül für den
täglichen Geschäftsverkehr projektirt, wie solchcs das
neue Programm fordert.

So lange der Reichstag die neuen Programm-
bestimmungen vvn 1882 als die einzig richtigen sür die
Gestaltuug (betreffs des Grundrisses) scines Parla-
mentsgebäudes auffaßt, sv lange ist allerdings das
Projekt von Wallot als eine befriedigende Lvsung der
Planfrage zu betrachten. Sobald der Reichstag das
aber nicht mehr ganz thut, so ist auch der Wert des
Wallotschen Planes in Frage gestellt, zumal um so
inehr, als die Gestaltung des Äußeren zu Bedenken
Anlaß giebt und nicht das Überzeugende, ästhetisch Be-
friedigende hat, welches dem Bohnstedtschen Entwurfe
eigen ist. Der Bohnstedtsche Entwurf ist einfach, logisch
konzipirt, frei von bedcnklichen Künsteleien, gleichsam
angehaucht von jener Zeit der Begeisterung, welche
1872, nach den großen Siegen und nach der Ver-
einigung der einzelnen Stämme zu einem gewaltigen,
einheitlichen Reiche, Deutschland beseelte.

Für das Programm von 1882 haben die Persön-
lichkeiten die Verantwortung, welche es, doch wohl frei
von besonderen Rücksichten (und nicht so, wie man aus
deu bedenklichen Andcutungen iu Nr. 12 der dcutschen
Bauzeitung von 1882, S. 67, vermuten dürfte) verfaßt
und als zweckentsprechend veröffentlicht haben.

Unter den obwaltenden Verhältnissen stehen sich
die beiden Entwürfe, der Bohnstedtsche von 1872
(resp. der neue von 1 882 „Lava") und der von
Wallot, welcher den Auftrag erhalten, sein Projekt um-
zuarbeiten (also ähnlich wie die Jurh von 1872 es
bezüglich der prämiirten Entwürfe bemerkt hatte), weil
die Originalzeichnung nicht in allen Stücken sich ge-
nügend erwiesen, gleichwertig gegenüber. Beide haben
ihre Vorzüge, Wallot in der Plangestaltung, Bohnstedt
in der Gesamtgestaltung und es ist deninach noch nicht
gesagt, welcher dieser beiden Richtungen und Leistungen
der Vorzug gebühre. Ob aber der Reichstag da noch

seine Stimme zu erheben eine Berechtigung hat, nach-
dcm er vcrtraucnsvvll die crforderlichen Schritte der
von ihm gewählten Kvmmission überlassen hatte, trotz-
dem, daß cr weder das Programm zu prüfen uud zu
genehmigen Gelegenhcit, noch auch über die Preis-
entscheidung und die eingereichten Eutwürfe zu urteilcn
die Möglichkeit hatte, — das ist noch nicht entschieden. —
Vox xoxuli aber ist eiustweilen nicht günstig für den
Eutwurf Vvu Wallot; cbcnsoweuig für das Thiersch'schc
Projekt! — r

Aunsthistorisches.

0. v. l". Aus Enghien in Belgien kommt die Nachricht,
daß in den Magazinen des dortigen Hospitals ein Werk
der Gebrüder Van Eyck aufgefunden worden, das — ehe
es noch als solches erkannt war — als Entgelt siir Arbeite»,
die der dvrtigo Bildhauer Reuse-Leroy für die Verwaltung
der geuannten Anstalt ausgeführt hatte, in dessen Besitz gc-
langte, in dem es sich heute noch befindet. DasVerdienst, darauf
als eine Arbeit der Van Eycks hingewiesen zu haben, gebührt
dem Archivar des Fürsten von Aremberg, Abbs Bosmans,
der in einer unlängst veröffentlichten Studie diese seine
Attribution begründet. Das Werk ist ein Triptychon von
bedeutenden Dimensionen (1,S4ni Breite und 1,12 iu Höhe)
und zeigt auf der Außenseite der beiden Flügel die Ver-
kündigung, grau in grau gemalt, im Hauptbild die Grab-
legung Christi in figurenreicher Darstellung; an der Jnnen-
seüe des rechten Flügels die Erscheinung des himmlischen
Weibes und des siebenköpfigen Drachens aus dem 12. Kapitel
der Offenbarung, mit Johannes dem Evangelisten im Vorder-
grunde einer reichen Landschaft; an der des linken Flügels
die Sendung Jacobi des Älteren nach Spanien, mit'der
segnenden Gestalt Christi, im Hintergrunde der gebirgigen
Landschast vier Personen, die über eine Brücke schreiten, die
ganze Komposition durch einen entlaubten Eichsnstamm in zwei
Hälften geteilt: das Ganze eine streng konsequente Darstellung
des Erlösungsdramas, — an der Außenseite der Flügel mit
der Verkündigung beginnend, am linken Jnnenflügel mit der
Fortführung des Erlösungswerkes durch die Kirche endigend.
Die Größe des Kompositionsgedankens, die Vollendung der
Zeichnung, das glänzende Kolorit und die sorgfältige Aus-
führung der Details rechtfertigen an und für sich die Attri-
bution von Bosmans, der überdies unten am rechten Jnnen-
flügel die Bezeichnung V.ü.^. fand und geneigt ist, den
entblätterten Eichenstamm im linken Flügel, der zur Komposi-
tion sonst keinen Bezug hat, als Anspielung auf den Geburtsort
der Brüder, Maaseyck, im Volksmunde auch Aldeneyck (alte
Eiche) genannt, zu deuten. Auch glaubt Bosmans in zweien
der vier Personen, die im Hintergrunde des linken Jnnen-
slügels über eine Brücke schreiten, nach den Porträts des
Genter Altars die Brüder Van Eyck zu erkennen, findet
außerdem in der Maria der Verkllndigung und der Aiagda-
lena der Grablegung dieselben Züge wieder, die unter jenen
vieren die Schwester Margaretha trägt, und sieht in der
Brücke eine Anspielung auf die Stadt Brügge, den Wohnort
der Familie um das Jahr 1420, weshalb er auch unser Ge-
mälde dieser frühen Epoche zuzuschreiben geneigt ist, — wie
maii sieht der sinnreichcn Bezügo und Andeutungen fast
zu viel, um das neue Werk ohne nähere, durch Lokalpatrio-
tismus nicht etwa getrübte Prüfung in die Reihe der übrigen
Meisterleistungen des berühmten Brüderpaares aufzunehmen.

Aammlungen und Ausstellungen.

0. V. 1?. Die Gemäldesammlung dcr Akademie der Künstc
in Venedig ist jüngst um zwei wertvolle Stücke bereichert
worden. Das erste ist ein Werk Jacobello's del Fiore,
eines jener Aieister, in denen die auf den Traditionen byzan-
tinischer Kunstübung ruhende Malerei Venedigs im 14. Jahr-
hundert ausklingt, ehe sie durch frische Elemente, die ihr von
auswärts zugesührt werden, neubelebt, sich in der sogen.
 
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