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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 18.1883

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Römische Ausgrabungen und Funde
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5806#0200

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Kunstlitteratur. — Nekrologe. — Kunsthistorisches.

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Formen des Körpers von der Nebris kaum bedeckt, an
einen von Wein umrankten Baumstumpf lehnend und
in der Rechten eine Trinkschale haltend, — einen Typus,
wie ihn die spätere griechische Bildnerei geschaffen. Als
Originalwcrk dcr letzteren wird denn auch unsere Statue
von manchen Kennern angesprochen, während wir wahr-
scheinlicher darin doch nur eine gnte Kopie eines solchen
vor uns haben.

Aunstlitteratur.

^ Bon dei länast erwarteten Raffael-Biographie von
Crowe und kavalcaselle ist soeben (bei Murray in London)
der erste Band erschienen. Das Werk führt den Titel:
„Raxbael: llis lits ancl vvorlrs. VVitlr partioular rstsrsnos
to ressiitlz' äinooversä rsooräs anä an sxbaustivs stuä^
ot oxtant ärau'inZ'8 anä xioturss" und enthält in sieben
Kapiteln die Jugendgeschichte des Meisters bis zu seiner Be-
rufung nach Rom. Eine biographische Darstellung, wie wir
sie von den Meistern unseres Faches in Deutschland gewohnt
sind, wird niemand von der bekannten Firma der Herren
Crowe und Cavalcaselle erwarten. Aber auch den Maststab
ihres Tizian angelegt, bleibt das neueste Werk der beiden
Autoren hinter den zu erhebenden Ansprüchen weit zurück.
Wir finden in ihm keine Spur der Thatsache, daß die
Jugendgeschichte Raffaels gerade dis deutschs Kunstforschung
in den letzten Jahren auf eifrigste beschäftigt hat. Lermolieffs
bahnbrschende Untersuchungen, welche nicht nur um ihrer
glänzenden Resultate, sondern vor allem um ihrer Methode
willen die ernste Berücksichtigung eines jeden erheischen, der
in diesen Dinaen mitzählen will, werden von den Herren
Crowe und Cavalcaselle schlechtweg ignorirt. Das vielbe-
sprochene sogenannte „Skizzenbuch Raffaels" in der Akademie
zu Venedig nehmen sie noch immer sür bare Münze. Diese
Stichproben werden dem Sachkundigen genügend klar machen,
was es mit dem „sxlwnstivs stnäz' ok sxtant ärinvinKs" rc.
für eine Bewandnis hat, und zeigen, daß es stch hier um eine
Novität handelt, die schon am Tage ihres Erscheinens anti-
quirt ist. Der absolute Mangel an Jllustrationen entwertet
das Buch vollends. Ohne dem Publikum und der Kritik jen-
seits des Kanals den Geschmack verderben zu wollen, möchten
wir nur intra mnros den Wunsch aussprechen, daß man uns
mit einer deutschen Aufwärmung des englischen Kohls dies-
mal verschonen möge! Auf einige erwähnenswerte Details
zurllckzukommen, bleibe der Zeitschrift vorbehalten.

Nekrologe.

O Der Histvrien- und Porträtmaler Otto Knigge ist am
ü. März in Berlin gestorben. Er war im Jahre 1835 ge-
boren und studirte anfangs die Kupferstecherkunst bei Lüderitz,
dann die Malerei unter Couture in Paris und K. Begas in
Berlin. Außer zahlreichen Bildnissen hat er mehrere Altar-
bilder (u. a. für die Petrikirche und die Kapelle des Elisabeth-
krankenhauses in Berlin) gemalt.

6. v. I?. A.J. Huot ch. Am 20. Februar ist zu Cannes im
Alter von 42 Jahren der französische Kupferstecher Huot, einer
der hervorragendsten Schüler Henriquel-Duponts, einem Kehl-
kopfleiden erlegen. Von ihm rühren unter andern die von
iranzösischen Gesellschaft für Kupferstich herausgegebenen
Blatter nach Luini's „Heil. Katharina, von Engeln durch die
Lüfte getragen", Cabanels „Florentinischem Dichter", Hsberts
„Madonna", Lefebvre's „Cigale" und Gvrards „Mädchen-
bildnis". Bei der Weltausstellung des Jahres 1878 hatte
Huot — neben dem polnischen Stecher Redlich als der
einzige — die Ehrenmedaille davongetragen.

Aunsthistorisches.

^ Ein sensationeller archäologischer Fund in der asiatischen
Türkei bildet den Gegenstand einer wissenschaftlichen Mit-
teilung, welche die Sitzungsberichte der Berliner Akademie
vom II.Januar enthalten/ Es handelt sich um ein in jedem

Sinne ungewöhnliches, reich mit Kunstwerken geschmücktes
griechisches Grabmal, welches merkwürdigerweise der Aufmerk-
samkeit aller bisherigen Reisenden entgangen ist. Ein im
Orient lebender deutscher Jngenieur, C. Sester, hatte zuerst
davon Kunde erhalten und eine Notiz an Conze nach Berlin
eingesendet, welcher sofort eine nähere fachmännische Unter-
suchung veranlaßte, die ein junger deutscher Gelehrter,
l>r. Otto Puchstein, im vorigen Sommer mit großer psrsön-
licher Energie erfolgreich durchführte. Das Monument stndet
sich 250 Kilometer nordöstlich von Alexandrette, am rechten
Ufer des Euphrat und steht auf einem 6500 Fuß hohen
Berggipfel, dem Nemrüd-Dagh, welcher tagereisenweit die
mesopotamische Ebene beherrscht. Es ist ein kegelförmiger
Tumulus, der in großartigster Gestalt die imponirende Berg-
pyramide abschließt, aus Steinschutt aufgeführt bis zu einer
Höhe von 45 Meter und an der Basis 150 Meter im Durch-
messer breit, an seinem östlichen und westlichen Fuße mit
großen, dem gewachsensn Felsen abgewonnenen Plattformen,
welche den künstlerischen Schmuck der Grabstätte tragen. Der-
selbe besteht aus zahlreichen Reliefs und Kolossalstatuen,
welche auf beiden Seiten des Tumulus identisch angeordnet
und genau wiederholt sind, so daß das Monument nach Ost
und West den nämlichen Anblick gewährt, und zeigt den
Stifter und Jnhaber der Grabstätte, den König Äntiochos
von Kommagene (69—34 v. Chr.), von den Stammgöttern
seines Hauses und der Schar seiner Ahnen umgeben. Die
Ahnen sind in Relief, die Götter mit Äntiochos statuarisch
dargestellt. Jede der beiden Plattformen ist mit niedrigen
Mauern flankirt und nach dem Tumulus zu mit einer breiten
aufsteigenden Felstreppe abgeschlossen. Über dieser Treppe
präsentirt sich eine Front von fünf nebeneinander thronenden
Kalksteinkolossen, welche eine Höhe von mehr als 7 Meter be-
sitzen. Die mittelste Figur ist Zeus Oromazdes, ihm zur
Seite thronen Antiochos und die Landesgöttin Kommagene,
weiterhin die beiden synkretistischen Gottheiten Artagnes-
Herakles-Ares und Apollon-Mithras-Helios-Hermes; Löwen
und Adler stehen nach Norden und Süden an den Enden
der Reihe. Auf der dem Tumulus zugewendeten Rückseite
der fünf Thronfessel, welche im ganzen eine Fläche von 40
Quadratmeter darbieten, läuft eine große monumentale Jn-
schrift hin, welche über die Stiftung des Monumentes, die
Anstellung eigener Priester und die Einrichtung jährlicher
Feste an dem Geburts- und Krönungstage des Königs Auf-
schluß giebt. Die Darstellung der Ähnen wird durch zwei
lange Galerien von Reliesplatten gebildet, welche auf den
Einsaffungsmauern der Plattformen einbezapft waren und
auf den Rückseiten den Namen und die Titulaturen des Dar-
gestellten aufgeschrieben tragen. Wie es scheint, waren alle
Ähnen, von Darius Hystaspis an, stehend, nach den thronen-
den Göttern hingewendet und aus einer Schale libirend dar-
gestellt; jedes Ahnenbild hatte seinen eigenen Altar, auf dem
ihm geopfert werden konnte. Nicht alle Reliefs sind erhalten;
durch die Hand von Zerstörern, welche auch einen sreilich
vergeblichen Versuch machten, in das Jnnere des großen
Grabhügels einzudringen, sind viele von ihrem Standorte
herabgestürzt worden und liegen unter Schutt begraben.
vr. Puchstein, der für seine Untersuchung nur einige Kurden
als Diener zur Stelle hatte, mit denen er 14 Tage lang in
einer Höhle unter dem Berggipfel zusammenlebte, ohne Mög-
lichkeit einer sprachlicheu Verständigung, im Juli an Frost
leidend und mit der kümmerlichsten Nahrung sich hinfristend,
sah sich unter diesen Verhältnissen außer stande, Ausgrabungen
vorzunehmen, und mußte sich vorderhand damit begnügen,
die Jnschriften zu kopiren und die zu Tage liegenden Kunst-
werke zu beschreiben. Nach seinem Berichte, der in liebens-
würdiger Schlichtheit den großartigen Eindruck des Ganzen
nur um so vollsr zur Geltung bringt, scheint indeffen trotz
aller Zerstörung nichts Wesentliches zu fehlen, und einer
neuen Expedition, welche die Direktion des Berliner Museums
ohne Zweifel bald zu gründlicher Aufnahme des Monumentes
entsenden wird, dürfte eine bedeutende Ausbeute zufallen.
Es ist alle Aussicht vorhanden, daß man die im Jnnern des
Tumulus vorauszusetzende Grabkammer mit der Leiche des
Königs unversehrt antreffen wird. Ob eine Rettung der
Kunstwerke von ihrem hohen, weitabliegenden Standorte auch
nur teilweise möglich sein wird, steht dahin; um so gesicherter
ist der historische und kunstwissenschaftliche Gewinn der neuen
Unternehmung. Die monumentale Galerie der Ahnen niit
 
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