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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 18.1883

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Zur Museenfrage
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https://doi.org/10.11588/diglit.5806#0223

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Nr. 26.

s8. Iahrganz.

25eitrcige

sind an j?rof. Dr. L. von
Lützow (Wien, Tsiere-
sianumgasie 25) oder an
die verlagshandlung in

s2. 2lpril

Inserate

d 25 für die drei
Mal gesxaltene j^etit-
zeile werden von jeder

s885.

Veiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst.


Znhalt: Zur Museenfrage. — Ltoehr, ^D^uts^es Künstler-Iahrbuch für (882 und (88Z. — ^lara v. wille f. —^7eue^,5linde i n^l t b e n.

Zur Museenfrage.

Mißverstanden zu werden, ist beinahe ein Privi-
legium der Hochstehendcn. Von ihrer nächsten Uni-
gebung nehmen nach und nach weitere Kreise die
Gewohnheit an, halbe Worte zu ergänzen und zu dcuten;
und wenn, wie man sagt, selbst die Vertrauten manch-
mal mit ihrer Auslegnng höherer Willensmeinnng auf
ganz falsche Fährte geraten, wie viel mehr sind dem
Jrrtum die Dilettanten in solcher diplomatischen Kunst
ausgesetzt! Die Fata einer Äußerung aus hohem
Munde über die Anordnung von Kunstwerken in Museen
haben deshalb nichts Uberraschendes. Allein es erscheint
nicht unzweckmäßig, zu konstatiren, was gesagt worden
ist und gemeint sein konnte, uni die Phantasie dcr
„Aus- und Unterleger" vor weiteren Luftsprüngen zu
bewahrcn.

Ein Kreis von Männern der Kunstwissenschast
veranstaltet zu einem Familienfeste, welches das ganze
Land mit eineni für alles Schöne begeisterten Fürsten-
paare feiert, als sinnige Huldigung eine Ausstellung
von älteren Gemäldcn, die sür gewöhnlich im Privat-
besitz zerstrcnt sind. Die geistreiche Fnrstin ergreift den
Anlaß, um den Veranstaltern gegennber die Wahr-
nehmungen auszusprechen, welche sich ihr bei dem Be-
suche von Kunst-, insbesondere Gemälde-Samnilungen
aufgedrängt haben. Sie hebt in durchaus treffender
Weise hervor, wie sehr die Aufhänfung von Kunst-
werken in einein Naume den Genuß beeinträchtigt,
und auch die Kollision, in welche die berechtigten An-
forderungen der Wissenschaft einerseits und des knnst-

srenndlichen Pnblikums andererseits geraten, wenn es
sich um die Art der Anordnung handclt. Daran knüpft
sie Anregungcn und Fingerzeige, wie man etwa ver-
suchen könne, beiden Teilen gerecht zu werden.

Dieses Sendschreiben der hohen Frau gelangt in
die Öffentlichkeit, und gleichviel, ob es fnr diese ur-
sprünglich bestimmt gewesen sein möge oder nicht,
mußte der neue Beweis warmen, eingehenden Anteils
an den Geschicken der Kunst allgemein auf das freudigste
berührcn. Daß es kein sertiges Programm sein solle,
das machte jedem, der zn lesen versteht, schon die Form
der Schreibens unzweifelhaft. Allein, es versteht eben
nicht ein jeber zu lesen, mancher will es nicht ver-
stehen. Viel weiter verbreitet ist die Kunst, einzelne
Wörter, Wendnngen, Sätze aus dem Zusammenhange
zu reißen und ohne Rücksicht auf die durch andere
Wörter, Wendungen und Sätze gegebenen Ein-
schränkungen oder Bedingungen sich aus solchen Bruch-
stllcken dasjenige Mosaikbild zusammenzufügen, welches
man brauchen kann. Diese Fertigkeit ist auch wieder
an dem Schreiben der Kronprinzessin von Deutsch-
land fleißig geübt worden. „Mit dem bisherigen System
der öffentlichen Sammlungen soll völlig gebrochen, das
wissenschaftliche Prinzip beim Sammeln nnd beim
Aufstellen der Kunstschätze über Bord geworfen, ein
Arrangement lediglich nach ästhetischen Gesichtspunkten
durchgesührt werden!" hört man jubeln. Hat das die
Kronprinzessin gesagt? Keincswegs. Aber bei gutem
Willen und nach der erwähnten Methode läßt es sich
aus ihren Worten herauslesen.

Gehen wir nun einmal selbst an dic Quelle. Das
 
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