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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 18.1883

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Das Raffael-Jubiläum in Urbino
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Die Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5806#0233

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461

Die Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause.

462

die Gräfinnen Castraeani-Ansidei, Ubaldini della Genga,
Viviani de Buzi, Rondini-Gherardi und Vecchiotti —
sich zahlreich eingefunden hatten. Von den nmsikali-
schen Produktionen seien hier nur die meisterhaften
Violinvorträge des Herrn Angelo Ferni, Professors
am Lyceum Rossini zu Pesaro, hervorgehoben. Die
Festrede des Grafen Terenzio Mamiani gelangte
wegen einer Jndisposition des Autors leider nicht zuni
Vortrag, wurde jedoch im Druck den Teilnehmern ein-
gchändigt.

Auch das altehrwürdige Theater von Urbino hatte
seine Räume während der Festwoche geöffnet, uin unter
Mitwirkung tüchtiger auswärtiger Krüftc Gvunods
„Fanst" znr Ausführung zu bringeu. — Heute, als arn
Gedenktage von Raffaels Tode, sollte das Centenariv
seinen Abschluß finden durch eine Feier zu Ehren des
verstorbenen Gründers der Akademie von Urbino,
Pompeo Gherardi. Wir fremden Besucher haben
an dieser Festlichkeit nicht mehr Anteil nehmen können;
unter dem Zusammenströmen der neugewonnenen
Freunde, unserer liebenswürdigen Wirte und Festgenossen
von Urbinv verließen wir am Mittag des 30. die
wundervoll gelegene, an Kunstschätzen und Denkmälcrn
reiche Stadt, unauslöschliche Erinnerungen mitnehmend
in die ferne Heimat. U.

Die Iahresausstellung im N)iener Aünstlerhause.

I.

Wien, Ende März 1883.

Wenn die Wiener Künstler irgendwo gemeinsam
auftreten, zeichnen sie sich stets durch den Geschmack
ihres Arrangements vorteilhaft aus. Etwas von dem
klassischen Ensemble des Burgtheaters, das doch bei all
seiner weitgreifenden Bedentung in erster Linie eine
Wiener Bühne ist, läßt sich auch in unserem Aus-
stellungswesen spüren. Die guten Manieren, der welt-
männische Ton des Drama's machen sich in der bildenden
Kunst als malerischer Sinn geltend, und daß dieser
die stärkste Seite der österreichischen, vornehmlich der
Wiener Kunst ist, darüber herrscht wohl seit lange
kcin Zweifel mehr.

Der Gesamteindruck der diesjährigen Ausstellnng
der Wiener Künstlergenossenschaft bestätigt die Wahr-
nehmung aufs neue. Es ist eine der geschmackvollsten
kleineren Ausstellungen, die wir gesehen haben, außer-
ordentlich lehrreich für denjenigen, der sich von dem
Stande und von den Richtungen der österreichischen
Kunst einen Begrisf machen will. Dazu kommt dieses
Mal noch eine besonders erfreuliche Erscheinung: näm-
lich die auffallend rege Beteiligung des Staates. Eine
ganze Reihe von ausgestellten Kunstwerken tragen im

Katalog die Bezeichnung: „Ausgeführt im Auftrage
des k. k. Ministerinms für Kultus und Unterricht." Auch
aus anderen Anzeichen kann man spüren, daß in den
maßgebenden Kreisen die Notwendigkeit einer energi-
schen Pflege der Kunst durch den Staat klar erkannt
wird. Hoffentlich haben wir endlich auch einmal in
Osterreich von eincm nennenswerten Kunstbudget
und von einer einheitlichen, zielbewußten Verwal-
tung desselben zu berichten! Daß die Kräfte vorhanden
sind, welche nur der eifrigen Pflege warten, um Aus-
gezeichnetes zu schasfen, kann jeder Unbefangene auf
der diesjährigen Wiener Ausstellung lernen.

Als Ausstellungsraum dient das alte Küustler-
haus, vhne den Anbau des vorigen Jahres. Jn einem
der Säle des letzteren übt der Gekreuzigte von Gabriel
M ax noch fvrtdauernd seine Anziehungskraft aus. Das
Gesamturteil über dieses malerisch ohne Zweifel höchst
meisterhafte Bild dllrftc jedoch von dem ihres Bericht-
erstatters wohl wenig abweichen. Man kommt bei
aller Bewunderung zu keinem reinen Genuß. — Wer
diesen vor allem sucht, und das thut am Ende doch
jeder echte Kunstfreund, wird sich in dem ersten Saal
der Genossenschaft viel befriedigter fühlen. Da ist ein
wahres Bouguet von malerischen Blüten zusammen-
gestellt, zu denen Makart, Angeli, Canon, Schindler,
Griepenkerl, Prvbst, Lichtenfels, Rumpler, Schönn,
Felix n a. ihr Bestes beigesteuert haben. Die Mitte
der Wand ninimt wieder, wie so ost schon, der immer
noch unbestrittene Führer der Wiener Schnle, Makart
ein. Sein großes Porträt der Frau Grüfin Duchatel
(Gemahlin des unlängst vonWien geschiedenen französi-
schen Botschafters) zählt zu den bcdeutendsten Werken
der modernen Bildnismalerei und ist jedenfalls eine
der gelungensten Schöpfnngen des Meisters. Aller-
dings nicht als Bildnis, muß gleich hinzugefügt
werden — denn die Dame sieht in Wirklichkeit nicht
sv degagirt aus, wie sie sich hier giebt — abcr als
Bild. Und es wäre vielleicht nicht so übel, wenn die
heutige Porträtmalerei sich öfter in der von Makart
hier mit Glück eingeschlagenen Richtung über die Sphäre
der so zu sagen bürgerlichen Ähnlichkeit hinaus zu rein
knnstlerischcn Jdealen erhöbe. Mit der bloßen Rem-
brandt- oder Rubens-Jmitation allein geht es doch
aus die Dauer nicht. Aber daneben liegt ein weites,
noch unbebautes Feld; Frauenschönheit zu preisen und
zu verherrlichen, ist in jeder Fayon erlaubt, und die
seinige hat uns Makart wieder einmal mit so viel
Farbenkraft nnd Frische vor Augen gcführt, daß wir
uns freuen, die ärgerliche Kritik beiseite lassen und
deni Künstler ein kräftiges Bravo zurufen zu können.
Der Kritiker eines Wienes Lokalblattes hat mit Recht
an jene französischen Renaissance-Schönheiten vom
Schlage der Diana Jean Goujons und Benvenuto
 
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