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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 18.1883

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Die Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause, [1]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5806#0234

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463

Kunstlitteratur.

464

Cellini's Nymphe von Fontainebleau erinnert. Die
überschlanle Gestalt, sehr eng nach der modernen helleni-
sirenden Art in Weiß gekleidet, sitzt umgeben von
Prachtteppichen und Blumen im Freien auf einer Art
Estrade, welche rückwärts in landschaftliche Ferne blicken
läßt. Der Körper ist nach rechts vom Beschauer hin-
gestreckt, während sich das anmutige, zierlich frisirte
jngendfrische Köpfchen nach links wendet, mit einem
Anflug von Schwärmerei emporblickend. Es ist, wie
gesagt, nicht die Ähnlichkeit dieses Kopfes oder sonst
ein für die Dargestellte besonders charakteristischer Zug,
sondern das eigen Poetische, im Makartschen Sinn
malerisch Jdeale der Aufsassung und Behandlung des
Ganzen, was den Wert des Bildes ausmacht. Die am
besten ausgeführte Partie ist der Kopf, vie übrigen
unbekleideten Teile der Gestalt, namentlich die Hände,
lassen viel zu wünschen übrig. Als ganzer Virtuos
bewährt sich der Künstler wieder in Kostümstücken,
Schmucksachen, Blumen u. dergl., wo er ohne viel
realistische Rücksicht seinen dekorativen Geschmack und
die Bravour seines Pinsels frei walten lassen konnte. —
Manche Leser wird es interessiren zu vernehmen, daß
Prof. W. llnger noch vor der Ausstellung des Bildes
im Künstlerhause nach demselben eine große Radirung
angefertigt hat.

Noch drei andere hervorragende Mitglieder des
Professorenkollegiums der Akademie, Angeli, Eisen-
menger und Griepenkerl, haben Porträts ausgestellt,
welche auf deni Gebiete der einfachen Bildnismalerei
zu dem Tüchtigsten gehören, was unsere Ausstellungen in
der letzten Zeit geboten haben. Von Professor Griepen-
kerl ist namentlich ein kleineres weibliches Porträt
(Nr. 51) von ungemein zartem koloristischen Reiz. Angeli
bietet uns in dem Bildnis der jugendlichen Gräsin
Czernin, geb. Prinzessin Schönburg, ein neues Beispiel
jener edlen Auffassung und Darstellung vornehmer
Frauenschönheit, durch welche dieser Künstler zu einem
der beliebtesten Porträtmaler der Hofwelt und Aristo-
kratie der Gegenwart geworden ist.

Eine schwierige, doch gerade deshalb für den
geistvollen und ernsten Künstler besonders anziehende
Aufgabe war Canon gestellt, in dem auf Grundlage
kleiner Photographien und Erinnerungen Dritter aus-
geführten Bildnis des unglücklichen, von den Zulu's
erschlagenen Prinzen Louis Napoleon, gemalt im Auf-
trage der Kaiserin Engenie. Dem Vernehmen nach
sollen sich die schwergeprüfte Mutter und das Gefolge
des Prinzen über Canons Lösung der Aufgabe sehr be-
sriedigt ausgesprochen haben. Der Prinz steht unbe-
deckten Hauptes vor uns, bekleidet mit der Kampagne-
Unisorm des englischen Artillerie-Regiments, in welcher
er den verhängnisvollen Feldzug mitmachte. Die Uni-
form (dunkler, mit schwarzen Schnüren besetzter Rock

und hohe Lederstiefeln) ist wenig kleidsam; auch svnst
bietet das Beiwerk, ein an einen Baum befestigtes Zelt-
tuch im Hintergrunde, ein Sessel mit der Karte des
Zululandes, Fernglas nnd Feldmütze, nur geringen
malerischen Reiz. Aber sehr pikant, wenn auch nicht
bedeutend, wirkt der hagere Kopf mit der aristokratisch
feinen, blassen Gesichtsfarbe, den wassergrauen, an dcn
Vater erinnernden Augen, dem ernsten, von früher
schwerer Prüfnng zeugeuden Ausdruck. Das Bildnis
hat einen geschichtlichen Zug; die Persönlichkeit des so
grausam in der Jugendblüte dahingerafften Prinzen
dürfte in dieser Gestalt auf die Nachwelt kommen. —
Canon hat außerdem noch vier Brustbilder von Heiligen
ausgestellt, welche für die innere Ausschmückung eines
Saales der neuen Wiener Universität bestimmt sind:
groß angelegte, in den Details bisweilen etwas derb
behandelte Figuren, welche jedoch mit ihren edlen durch-
geistigten Köpfen und ihrer an Rubens gemahnenden
Leuchtkraft der Farbe sich für den angegebenen Zweck
trefflich eigenen werden. Sie wurde im Auftrage des
k. k. Unterrichtsministeriums ausgeführt. U. ll'.

Aunstlitteratur.

Die ehemalige Benediktiner-Abteikirche zum h. vitus
in Sllwangen, von Or. Fr. I. Schwarz. Mit
22 artistischenBlättern in Lichtdruck, 8 Holzschnitten
und einem Farbendruck. Stuttgart. Ad. Bonz L
Comp. 1882. 56 S. gr. 4°.

Der um die Erforschung und Verbreitung der
Kenntnis mittelalterlicher Kunst als Verfasser einer
„Formenlehre des romanischen und gotischen Baustilö",
der „Studien über die Geschichte des christlichen AltarS",
der „Beiträge zur Wiederbelebung der monumentaleu
Malerei" und als langjähriger Herausgeber der Zeit-
schrift: „DerKirchenschmuck, Archiv für kirchlicheKunst-
schöpfungen und christliche Altertumskunde" (Stuttgart,
1857—1870) vielsach verdiente Verfasser, gegenwärtig
Stadtpfarrer zu Ellwangen, giebt uns in vorstehendem
Werke eine durch vollständige Kenntnis der Quellen,
sowie große Umsicht und Klarheit der Darstellung aus-
gezeichnete Baugeschichte und Beschreibung des nach
Ursprung, Geschichte, Stileigentümlichkeit und Größe
bedeutsamsten Denkmals der romanischen Epoche in
Württemberg: der Stiftskirche zu Ellwangen, die der-
selbe mit Recht zugleich als den einzigen aus einem Gnß
entstandenen romanischen Gewölbebau seiner schwäbi-
schen Heimat bezeichnet. — Unter sorgfältiger Benützung
der noch vorhandenen Urkunden und Ler sonstigen ein-
schlägigen Nachrichten, kommt der Verfasser bezüglich
der Gründung des Klosters zu dem Ergebnis, dieselbe
sei im Jahre 764 durch Hariolf, Sohn des Grafen
von EllwangenHfolgt, der in Burgund, wahrscheinlich
 
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